Es war schon im August 2022 skurril, als gerade einmal sechs Tage nach einem Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Keine Energiesparmaßnahmen auf Kosten von Bildung und Sport!“ der AfD-Kreisverband eine Petition einreichte mit dem Titel „Keine Energiesparmaßnahmen auf Kosten von Bildung und Sport!“. Nicht nur der Titel war gleich, auch der Inhalt. Und skurril war nicht nur diese Doppelung.

Denn Petitionen sind ein Weg, der es gewöhnlichen Bürgern ermöglicht, ihr Anliegen den gewählten Mandatsträgern ans Herz zu legen.

Garantiert durch Artikel 17 des Grundgesetzes: „Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.“

Dafür bilden gewählten Parlamente dann Ausschüsse, so wie auch die Leipziger Ratsversammlung den Petitionsausschuss. Der fordert dann von der Verwaltung eine Stellungnahme ab und bildet sich dann ein Urteil. Das kann auch heißen, dass der Verwaltungsstandpunkt nicht akzeptiert wird und der Petitionsausschuss einen eigenen Beschlussvorschlag formuliert, der dann zur Abstimmung in die Ratsversammlung geht.

Dreimal derselbe Inhalt

Aber diesmal war Beate Ehms (Die Linke) als Vorsitzende des Petitionsausschusses mehr als nur irritiert. Sie fühlte das Instrument der Petition in diesem Fall regelrecht missbraucht. Und nicht nur ein Mal, sondern zweimal. Denn der gleichlautende Antrag der AfD-Fraktion durchlief ja ebenfalls die diversen Ausschüsse des Stadtrates, bekam eine Stellungnahme der Verwaltung und wurde dann in der Ratsversammlung im Dezember mit 11 : 42 Stimmen abgelehnt.

Denn dass die Stadt ihre Energieeinsparungen aufgrund der Gasknappheit und der rasant gestiegenen Energiepreise nicht knallhart auch an den Schülerinnen und Schülern durchexerziert, war vorher schon klar. Der Antrag war also überflüssig.

Aber die Petition lief weiter und wurde nun am 18. Januar in der Ratsversammlung aufgerufen. Gleicher Titel, gleicher Inhalt. Und diesmal auch noch ergänzt durch einen Änderungsantrag der AfD-Fraktion – mit gleichem Titel und gleichem Inhalt. Also einem weiteren Versuch, das Anliegen noch einmal zur Abstimmung zu bekommen.

Logisch, dass Beate Ehms das als einen „Missbrauch des Petitionsrechts“ betrachtet.

Wir haben doch mit denen nichts zu tun …

Auch wenn AfD-Stadtrat und Landtagsabgeordneter Tobias Keller nach der geharnischten Rede von Beate Ehms versuchte, die Sache anders darzustellen und der Ratsversammlung gar einzureden versuchte, der AfD-Kreisverband habe mit der AfD-Fraktion im Stadtrat nichts zu tun und Siegbert Droese, der ebenfalls im Stadtrat sitzt, die Petition des Kreisverbandes als dessen Vorsitzender nur unterschrieben, weil er dessen Vorsitzender sei. Kam er also zu seiner Unterschrift wie die Mutter zum Kinde?

Schon dieses Konstrukt ist seltsam. Erst recht, wenn die AfD-Fraktion ihren im Dezember abgelehnten Antrag noch einmal als Änderungsantrag an die Petition hängt, sodass die Ratsversammlung noch einmal über den gleichen Sachverhalt abstimmen musste, den sie im Dezember schon mehrheitlich abgelehnt hatte.

Mit „schlampig“, wie es Beate Ehms vielleicht für möglich hielt, hat das eindeutig nichts zu tun. Denn dass hier eine Hand nicht wusste, was die andere tat und Siegbert Droese als Kreisvorsitzendem nicht klar war, was seine Fraktion tat, wenn er den gleichlautenden Text als Petition unterschrieb, ist nicht glaubwürdig.

Und ein Novum war es erst recht, weil hier eine Partei versuchte, sich volksnah zu geben, indem sie meinte, auch noch eine Petition einreichen zu müssen. Als würde die AfD-Fraktion nicht aus den Schwergewichten des Kreisverbandes bestehen und nicht auf den Kreisverband hören.

Petitionen sind für die Bürger da, nicht für die Parteien

Andere Parteien nutzen das Petitionsinstrument in der Regel nicht, weil die politische Partizipation Parteien ja nun einmal den direkten Zugang in die Parlamente ermöglicht, wo sie ihre Interessen formulieren können. Ausnahmen sind einzelne Parteimitglieder, die sich in ihrem Kreisverband nicht genug Gehör verschaffen können und dann meist als Privatperson ihre Petition verfassen.

Der Petitionsausschuss hat die AfD-Petition logischerweise wieder zur Ablehnung empfohlen und auf die ausgiebige Stellungnahme der Verwaltung hingewiesen.

Denn geändert hat sich ja seit Dezember nichts. Was auch AfD-Stadtrat Marius Beyer wusste, der kurzerhand auf seine im Dezember gehaltene Rede verwies und auf eine Wiederholung dieser Rede lieber verzichtete. Er hätte ja nichts Neues sagen können.

Das Abstimmungsergebnis war folglich auch dasselbe: Die zehn anwesenden AfD-Mitglieder stimmten für ihren Änderungsantrag, die Stadtratsmehrheit stimmte dagegen. Und beim differenzierten Beschlussvorschlag des Petitionsausschusses, der die ausführlichen Erläuterungen der Verwaltung enthält, war es dann umgekehrt.

Der Beschlussvorschlag des Petitionsausschusses.

Auch das wieder ein deutliches Anzeichen dafür, dass es der AfD-Fraktion nur um den Auftritt in der Ratsversammlung ging. Der dritte Akt dieser Art an diesem 18. Januar.

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