Die Sächsische Rechtsanwaltskammer hat ein berufsrechtliches Verfahren gegen den Chemnitzer Rechtsanwalt Martin Kohlmann eingeleitet. Der Pro-Chemnitz-Politiker hatte in seinem Plädoyer im Prozess gegen Mitglieder der „Gruppe Freital“ versucht, die Richter verbal einzuschüchtern. Weiterhin beschäftigt sich die Kammer mit Äußerungen des Juristen während der Neonazi-Kundgebung am 27. August vor dem Karl-Marx-Monument in Chemnitz.

Wie Journalisten des SWR-Magazins „Report Mainz“ kürzlich recherchierten, steht Kohlmann seit Längerem unter Beobachtung des Landesamts für Verfassungsschutz. Grund sind seine Verbindungen in die sächsische Neonazi-Szene. Am 27. August war der Jurist einer der Hauptredner und stellvertretender Versammlungsleiter bei der Chemnitzer Demonstration. Während der Veranstaltung zeigten mehrere Teilnehmer den Hitlergruß. Es flogen Flaschen in Richtung von Gegendemonstranten.

Die Hetzjagd, die Neonazis am Vortag gegen Migranten in der Chemnitzer Innenstadt verübt hatten, billigte der Strafverteidiger: „Wenn aber wie gestern Nachmittag ein paar Asyltouristen die Beine in die Hand nehmen müssen, dann ist das dann die Möglichkeit für die gesamt[e] Politik zu hyperventilieren. Das, was gestern Nachmittag hier passiert ist, das war keine Selbstjustiz. Das war Selbstverteidigung. Und diese Selbstverteidigung, die ist erlaubt, richtig und notwendig.”, so zitiert der Landtagsabgeordnete Klaus Bartl (Die Linke) in seiner parlamenarischen Anfrage an das sächsische Justizministerium aus einer entsprechenden DPA-Meldung.

Die Generalstaatsanwaltschaft prüft derzeit noch die strafrechtliche Relevanz dieser Äußerungen. Die Rechtsanwaltskammer hat auf Bitte des Justizministeriums ihrerseits ein Prüfverfahren eingeleitet, wie aus der seit dem 8. Oktober vorliegenden Antwort des Ministeriums hervorgeht.

Im Fall von Kohlmanns Äußerungen im Freital-Prozess ist das Verfahren weiter vorangeschritten. Dort erklärte der Chemnitzer Ende Januar, er hoffe, seine Ausführungen würden sich „… nach einem Systemwechsel einmal strafverschärfend in einem Prozess gegen das Gericht wegen Freiheitsberaubung und Rechtsbeugung auswirken.“ Nachdem das Oberlandesgericht die Anwaltskammer über diese Äußerungen unterrichtet hatte, leitete die Aufsichtsbehörde ein berufsrechtliches Disziplinarverfahren gegen Kohlmann ein.

Mögliche Sanktionen sind ein Verweis, die Verhängung einer Geldbuße und der Ausschluss aus der Rechtsanwaltschaft. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Zur parlamenarischen Anfrage von Klaus Bartl (Linke) im Netz

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