Vor allem für Ronald Pohle (CDU) könnte die Landtagswahl 2019 im Wahlkreis 27 (Anger-Crottendorf, Althen-Kleinpösna, Baalsdorf, Engelsdorf, Heiterblick, Holzhausen, Mölkau, Sellerhausen-Stünz und Stötteritz) zu einer Wiederwahl auf direktem Wege führen. Wenn er die AfD fernhalten kann. Auch für Wolf-Dietrich Rost (CDU) steht im nördlichen Wahlkreis 32 (Eutritzsch, Gohlis, Lindenthal, Möckern und Wahren) die Chance nicht schlecht, wenn auch wesentlich knapper, zum Direktmandat zu kommen. Wenn da nicht die AfD, die Leipziger Stadtentwicklung und der sachsenweite Trend wären. Etwas, das auch Holger Gasse (Wahlkreis 33, entlang der Eisenbahnstraße) besonders umtreiben dürfte.

Während Ronald Pohle noch 2014 mit knapp 9.500 Stimmen die linke Kandidatin mit über 3.500 Stimmen deutlich auf Abstand halten konnte, schlug Wolf-Dietrich Rost im Wahlkreis 32 in Eutritzsch, Gohlis, Lindenthal, Möckern und Wahren die Landtagsabgeordnete Cornelia Falken (Linke) mit genau 8.432 Stimmen zu 6.002. Dicht dahinter mit rund 500 Stimmen Abstand kam schon SPD-Kandidat Holger Mann (MdL), welcher auch 2019 wieder hier antreten wird.

Rost steht, wie alle CDU-Kandidaten und vor allem sein Partei-Kollege Holger Gasse im Wahlkreis 33 vor der schwierigen Aufgabe, eine Stimmenwanderung von ihm zur AfD zu verhindern.

Gasses Puffer ist dabei noch kleiner, er erreichte 2014 u. a. in Mockau, Neustadt-Neuschönefeld, Schönefeld, Thekla, Volksmarsdorf und Wiederitzsch mit 7.172 Erststimmen ein eher schwaches Direktergebnis unter den CDU-Mandaten in Leipzig.

Im Wahlkreis 32 wie auch 33 könnte die AfD der CDU in der Art gefährlich werden, dass sie auf einen Teil der jeweils knapp 1.000 NPD-Wähler, enttäuschte CDU-Anhänger und vielleicht sogar den einen oder anderen vormaligen Linkenwähler hoffen kann. Zudem holte die AfD bei allen zurückliegenden Landtagswahlen in diesem Jahr auch Stimmen von der SPD.

Kein leichter Gang also auch für Holger Mann, der für die Sozialdemokraten in der bisherigen CDU-Hochburg Wahlkreis 32 von Wolf-Dietrich Rost versuchen wird, sein Ergebnis von 5.504 Erststimmen zu steigern. Gelingt ihm dies deutlich, könnte auch er das Direktmandat erreichen. Rund 3.000 Stimmen mehr könnten genügen.

Roland Pohle bei einer Rede auf dem 30. Landesparteitag der CDU. Foto: CDU Leipzig
Roland Pohle bei einer Rede auf dem 30. Landesparteitag der CDU. Foto: CDU Leipzig

Für die AfD ist der Weg zu einem Direktmandat in diesem Wahlkreis sehr weit, nimmt man die Ergebnisse von 2014 als Grundlage. Für einen Erststimmensieg müssten die Blauen ganz gleich in welchem Leipziger Wahlkreis um je mindestens 6.000 bis 8.000 Stimmen im Vergleich zur letzten Landtagswahl zulegen.

Getreu ihrer Oppositionsattitüde dürfte sich der Wahlkampf gegen „die da oben“, also in Sachsen die CDU, gegen „die Linken“ (also SPD, Grüne, Linke) und „das System“ richten. In jedem Fall werden sie auf ehemalige Nichtwähler und CDU-müde Wähler setzen.

Doch schon weniger deutliche Abwanderungen von CDU zu AfD könnten zu einem Effekt führen, dass einige Leipziger Wahlkreise rot, dunkelrot oder grün werden.

Kandidat der SPD im Wahlkreis 32: Holger Mann beim Nominierungsparteitag am 10. November 2018. Foto: L-IZ.de
Kandidat der SPD im Wahlkreis 32: Holger Mann beim Nominierungsparteitag am 10. November 2018. Foto: L-IZ.de

Im Wahlkreis 32 ist dies zwar möglich, wenn auch aufgrund der konstant konservativen Wahlentscheidungen der Gohliser eher unwahrscheinlich. Hier waren es 2014 immerhin schon einmal eben jene 6.000 Stimmen für die Linken-Abgeordnete Cornelia Falken, die bei leichtem Zuwachs von vielleicht 2.000 Wählerstimmen mehr 2019 sogar für das Erststimmenmandat reichen könnten. Allerdings fehlt vor allem in diesem sogenannten gutbürgerlichen Wahlbezirk eine Ahnung über die Stärke der AfD.

Im Wahlkreis 27 hingegen erzielte Ronald Pohle 2014 noch das stärkste Leipziger CDU-Ergebnis mit 9.520 Erststimmen. Er dürfte noch die besten Chancen aller CDU-Kandidaten haben, die nachhaltige Abschwungbewegung der Sachsen-CDU zu verkraften. Und so sein Mandat in den teils fast schon dörflichen Außenbezirken wie Althen-Kleinpösna, Baalsdorf, Engelsdorf, Heiterblick, Holzhausen, Mölkau, Sellerhausen-Stünz und Stötteritz zu verteidigen. Hier sind zudem die Bevölkerungs-Fluktuationen geringer als beispielsweise im Wahlkreis des 2014er Direktmandatsgewinners Holger Gasse (CDU).

Was das dritte und vielleicht größte Problem von Gasse neben dem knappen Sieg 2014 und dem Erstarken der AfD beschreiben dürfte. Gerade sein Wahlkreis 33 hat sich vor allem in Neustadt-Neuschönefeld und in Volkmarsdorf entlang der Eisenbahnstraße seit der letzten Wahl deutlich verjüngt und kulturell verändert. Immer mehr Soziokultur prägt hier den Leipziger Osten, Studenten und neue Veranstaltungshäuser sind hinzugekommen, teils zogen sie aus anderen Stadtvierteln Leipzigs zu, teils aus anderen Städten.

Franz Sodann (MdL, Die Linke) im Demozug auf der Eisenbahnstraße in der Nähe seines Bürgerbüros. Foto: L-IZ.de
Franz Sodann (MdL, Die Linke) im Demozug auf der Eisenbahnstraße in der Nähe seines Bürgerbüros. Foto: L-IZ.de

Vergleichweise preiswerte Mieten und ein über lange Zeit vorhandener Leerstand hat zudem in den letzten Jahren Kneipiers und Kulturmacher in das Gebiet gelockt, das Ostpassage-Theater, Pöge-Haus und die Gastronomiemeile entlang der Eisenbahnstraße haben das Viertel um das Rabet deutlich verändert.

Es könnte also der Landtagsabgeordnete Franz Sodann (Die Linke) sein, der von der schwächelnden CDU partizipiert, wenn er wieder von seiner Partei nominiert wird. Und die jungen Menschen im Viertel auch wählen gehen. Dabei ist der Abstand aus 2014 nicht groß. 5.700 Stimmen und damit nur 1.472 Stimmen hinter Gasse erreichte Sodann bereits bei der letzten Landtagswahl.

In einer Zeit, wo man im Leipziger Osten eher Gartenidylle und geschlossene Schulen vorfand. Das ist längst vorbei: Das neu zugezogene Milieu könnte eher für den gelernten Schauspieler oder einen anderen linken Kandidaten votieren, während Gasse Stimmen an die AfD verlieren dürfte. Wer vom neu hinzugekommenen migrantischen Milieu bereits das Wahlrecht besitzt, ist ebenfalls eher CDU-fern oder sieht in der AfD weniger einen natürlichen Partner.

Im Wahlkreis 27 muss die SPD noch eine Kandidatin oder einen Kandidaten wählen, neben Roland Pohle ist bislang nur der FDP-Kandidat Michael Gehrhardt offiziell bekannt.

Wolf-Dietrich Rost. Foto: CDU Sachsen
Wolf-Dietrich Rost. Foto: CDU Sachsen

Im Wahlkreis 32 sind derzeit neben den Landtagsabgeordneten Holger Mann (SPD), Wolf-Dietrich Rost (CDU) und Kristin Franke (FDP) noch keine weiteren Kandidaten der anderen Parteien nominiert.

Und im Wahlkreis 33 wartet Holger Gasse (CDU) auf seine Herausforderer aus der AfD, Linken und Grünen. Mit Michael Schmidt (SPD) und Christof Kraus (FDP) dürfte er auch angesichts des schwachen SPD-Abschneidens 2014 (3.062 Erststimmen) in der sich anbahnenden Konstellation das kleinere Problem beim Kampf um das Direktmandat haben. Mit Franz Sodann schon eher, sollte er wieder antreten.

Ironischerweise besteht genau in Ronald Pohles Wahlkreis durchaus eine Chance für die AfD, welche hier jede Menge CDU-Wähler vorfindet, die sie ansprechen könnte. Die ruhigen Zeiten für die CDU sind jedenfalls vorüber und die Frage steht für jeden christdemokratischen Kandidaten im Raum, warum die Wähler gerade ihm 2014 ein Landtagsmandat zugetraut haben.

Die Leipziger Wahlkreise zur Sachsenwahl am 1. September 2019

Wahlkreiseinteilung zur Landtagswahl 2019. Karte: Freistaat Sachsen, Landesamt für Statistik
Wahlkreiseinteilung zur Landtagswahl 2019. Karte: Freistaat Sachsen, Landesamt für Statistik

Wahlkreis 27 (Anger-Crottendorf, Althen-Kleinpösna, Baalsdorf, Engelsdorf, Heiterblick, Holzhausen, Mölkau, Sellerhausen-Stünz und Stötteritz)

Wahlkreis 28 (Probstheida, Connewitz, Dölitz-Dösen, Liebertwolkwitz, Lößnig, Marienbrunn, Meusdorf und Südvorstadt)

Wahlkreis 29 (Großzschocher, Burghausen-Rückmarsdorf, Grünau-Mitte, Grünau-Nord, Grünau-Ost, Grünau-Siedlung, Hartmannsdorf-Knautnaundorf, Kleinzschocher, Knautkleeberg-Knauthain, Lausen-Grünau, Miltitz und Schönau)

Wahlkreis 30 (Altlindenau, Böhlitz-Ehrenberg, Leutzsch, Lindenau, Lützschena-Stahmeln, Neulindenau, Plagwitz und Schleußig)

Wahlkreis 31 (Reudnitz-Thonberg, Zentrum, Zentrum-Nord, Zentrum-Nordwest, Zentrum-Ost, Zentrum-Süd, Zentrum-Südost und Zentrum-West)

Wahlkreis 32 (Eutritzsch, Gohlis-Mitte, Gohlis-Nord, Gohlis-Süd, Lindenthal, Möckern und Wahren)

Wahlkreis 33 (Mockau-Nord, Mockau-Süd, Neustadt-Neuschönefeld, Plaußig-Portitz, Schönefeld-Abtnaundorf, Schönefeld-Ost, Seehausen, Thekla, Volksmarsdorf und Wiederitzsch)

Kandidatenzeit (1): Starke Demokraten in Leipzig gesucht

Kandidatenzeit (1): Starke Demokraten in Leipzig gesucht

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Es gibt 3 Kommentare

“Etwas, das auch Holger Gasse (Wahlkreis 33, entlang der Eisenbahnstraße) besonders umtreiben dürfte.” Er hat zwar seine Pizzeria in am Torgauer Platz in Volkmarsdorf, aber zu seinem Wahlkreis gehört die Eisenbahnstraße und das Umfeld nicht, wenn man mal von den 5 Häusern am Bahnhof Sellerhausen absieht und die 50 Leute wohnten da weitestgehend auch schon 2014.

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