Im Wahlkreis von Juliane Nagel (Linke) sollte es etwas absehbarer als in anderen Stadtteilen Leipzigs verlaufen. Die linke Landtagsabgeordnete und Stadträtin gilt als basisnah, gut vernetzt und könnte wohl nur sich selbst schlagen. Nagel wird vor allem in Connewitz, Südvorstadt und Lößnig mit dem antretenden Stadtrat Karsten Albrecht (CDU) eher kleinere Probleme haben als noch 2014 mit dem CDU-Kreisvorsitzenden und Landtagsabgeordneten Robert Clemen.

Diesen konnte Juliane Nagel überraschend mit 1.054 Stimmen auf Abstand halten und so ihren Wahlkreis mit vergleichweise hohen 8.922 Stimmen erstmals gewinnen. Robert Clemen versucht es 2019 lieber gleich im Wahlkreis 31 (Leipzig Zentrum und Reudnitz-Thonberg) und tritt im Leipziger Süden nicht noch einmal an.

Nagels Wahlkreis, in welchem für die SPD mit Lars Menzel ein noch weitgehend unbekannter Politiker startet und die FDP den jungen Arzt Rudolf Georg Ascherl ins Rennen schickt, stach 2014 vor allem deshalb hervor, weil hier mit 18.916 Erststimmen der größte Anteil in ganz Leipzig auf die Direktkandidaten von Linke (Nagel), SPD (Maximilian Rinck) und Grüne (Jürgen Kasek) entfielen.

Wo übrigens Jürgen Kasek in der Rechnung der Grünen auftauchen soll, ist noch völlig unklar nach seiner Abwahl als Landesvorstand Anfang 2018, seither bilden Norman Volger und Christine Melcher die neue Doppelspitze. 2014 holte er mit 4.135 Erststimmen das drittbeste Ergebnis der Grünen in Leipzig. Stärker schnitten nur die Landtagsabgeordnete Claudia Maicher (Wahlkreis 30, Plagwitz, Lindenau, 4.379 Stimmen) und Stadträtin Katharina Krefft (Wahlkreis 31, Leipzig Zentrum, 5.322 Stimmen) ab. Die beiden wollen nach L-IZ.de -Informationen in diesen beiden Wahlkreisen 2019 erneut im Kampf um die Erststimmen antreten.

Kaseks Stadtverband wird erst deutlich später als die Mitbewerber, im März 2019, die grünen Landeskandidaten wählen, die Leipziger Linke will ihre Kandidaten am 19. Januar 2019 bestimmen.

Im Wahlkreis 28 scheint es jedenfalls eine breite und nachhaltige links-grüne Basis mit Betonung auf links zu geben, die auch 2019 wohl eher nicht CDU und AfD wählen wird. Denn gleichzeitig war 2014 mit rund 1.500 Stimmen der AfD-Anteil niedriger als in fast allen anderen Wahlkreisen. Es steht zu erwarten, dass dieser wohl nur maßgeblich auf Kosten der CDU und hinzukommende ehemalige Nichtwähler steigen könnte. Die Frage dürfte hier eher sein, ob die Grünen eine starke Kandidatin oder Kandidaten aufstellen werden und so relevant ins Erststimmengeschehen eingreifen können.

Für Stadtrat Karsten Albrecht (CDU) ist der Wahlkreis wohl auch deshalb schwierig, da Robert Clemen (CDU, MdL) 2014 auf ganz Leipzig gespiegelt, gar kein so schlechtes Ergebnis holte. Seine 7.868 Erststimmen hätten, bis auf den Wahlkreis 29 rings um Grünau, in allen anderen Wahlkreisen Leipzigs zum Direkteinzug in den sächsischen Landtag gereicht. Das Mobilisierungspotential Nagels war schlicht zu hoch für ihn. Die FDP ist im Rennen um die Erststimmen wohl chancenlos.

Ob das auch 2019 noch einmal gelingt, liegt wohl allein bei der heutigen Landtagsabgeordneten, wenn auch in leicht verändertem Umfeld. Denn auch Connewitz und der Leipziger Süden – für manchen Law and Order-Politiker seit Jahren die linke Gute-Nacht-Gruselgeschichte schlechthin – haben eine Aufwertung erfahren. Entgegen der Vermutungen von Noch-Landtagsmitglied und Immobilienmakler Uwe Wurlitzer (Ex-AfD) ergab seine Landtagsanfrage Anfang 2017, dass Connewitz da bereits mit 6,18 Euro Kaltmiete je Quadratmeter rund 80 Cent über den Leipziger Durchschnittsmieten lag.

Das scheint jedoch die Wählerklientel nicht dramatisch verändert zu haben, man wählt offenbar weiterhin links. 2017 konnte Nagels Parteikollege Sören Pellmann in seinem Wahlkreis 153 vor allem bei den Connewitzern sagenhafte 39,5 Prozent der Erststimmen einfahren. Die ebenfalls zum Landtagswahlkreis gehörende Südvorstadt wählte ebenfalls mit 30,9 Prozent Pellmann direkt. Diese beiden Viertel könnten auch Juliane Nagel 2019 im Kern wieder auf direktem Wege in den sächsischen Landtag bringen.

Die Leipziger Wahlkreise zur Sachsenwahl am 1. September 2019

Wahlkreiseinteilung zur Landtagswahl 2019. Karte: Freistaat Sachsen, Landesamt für Statistik
Wahlkreiseinteilung zur Landtagswahl 2019. Karte: Freistaat Sachsen, Landesamt für Statistik

Wahlkreis 27 (Anger-Crottendorf, Althen-Kleinpösna, Baalsdorf, Engelsdorf, Heiterblick, Holzhausen, Mölkau, Sellerhausen-Stünz und Stötteritz)

Wahlkreis 28 (Probstheida, Connewitz, Dölitz-Dösen, Liebertwolkwitz, Lößnig, Marienbrunn, Meusdorf und Südvorstadt)

Wahlkreis 29 (Großzschocher, Burghausen-Rückmarsdorf, Grünau-Mitte, Grünau-Nord, Grünau-Ost, Grünau-Siedlung, Hartmannsdorf-Knautnaundorf, Kleinzschocher, Knautkleeberg-Knauthain, Lausen-Grünau, Miltitz und Schönau)

Wahlkreis 30 (Altlindenau, Böhlitz-Ehrenberg, Leutzsch, Lindenau, Lützschena-Stahmeln, Neulindenau, Plagwitz und Schleußig)

Wahlkreis 31 (Reudnitz-Thonberg, Zentrum, Zentrum-Nord, Zentrum-Nordwest, Zentrum-Ost, Zentrum-Süd, Zentrum-Südost und Zentrum-West)

Wahlkreis 32 (Eutritzsch, Gohlis-Mitte, Gohlis-Nord, Gohlis-Süd, Lindenthal, Möckern und Wahren)

Wahlkreis 33 (Mockau-Nord, Mockau-Süd, Neustadt-Neuschönefeld, Plaußig-Portitz, Schönefeld-Abtnaundorf, Schönefeld-Ost, Seehausen, Thekla, Volksmarsdorf und Wiederitzsch)

Kandidatenzeit (2): Die Wahlkreise 27, 32 und 33 – Gibt es einen AfD-Sieg?

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Kandidatenzeit (1): Starke Demokraten in Leipzig gesucht

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