Mitten im schwelenden Konflikt um die Ukraine und der Kriegsangst wurde Bundeskanzler Scholz am Dienstag von Russlands Präsident Putin empfangen. Beide Politiker zeigten sich danach dialogbereit – zudem verkündete Russland heute einen ersten Teilabzug seines Militärs aus der russisch-ukrainischen Grenzregion. Verhaltene Zuversicht gibt es auch in der Pandemie-Entwicklung, was den Ruf nach spürbaren Lockerungen immer lauter werden lässt. Die LZ fasst zusammen, was am Dienstag, dem 15. Februar 2022, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Keine Liebesgrüße: Scholz’ heikler Trip nach Moskau

Liebesgrüße aus Moskau – nein, so kann man es wohl nicht nennen, aber zumindest Impulse der Entspannung und Gesprächsbereitschaft waren es, die das gemeinsame Band beim Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz (63, SPD) am Dienstag in Moskau bildeten. Vier Stunden lang sprach der deutsche Regierungschef mit Russlands Staatsoberhaupt Wladimir Putin (69) inmitten des sich gefährlich zuspitzenden Streits um die Ukraine über eine mögliche Konfliktlösung.

Hintergrund: Seit Wochen zieht Russland auf seinem Territorium unweit der ukrainischen Grenze immer mehr Truppen zusammen, geschätzt 130.000 Soldaten sollen sich inzwischen in der Region aufhalten. Der Westen befürchtet einen nahenden Einmarsch des russischen Militärs in sein Nachbarland – zuletzt schürten US-Geheimdienste gar die Furcht, bereits Mitte dieser Woche könnte es so weit sein. Die USA und weitere NATO-Staaten hatten ihr Truppenkontingent in Europa zuletzt massiv verstärkt.

Moskau streitet dagegen alle Invasionsgerüchte ab, fordert aber nachdrücklich Sicherheitsgarantien vom Westen ein, zentral unter anderem eine Nichtaufnahme der Ukraine in die NATO. Man fühle sich vom westlichen Verteidigungsbündnis bedroht.

Kanzler: Diplomatie „bei weitem nicht ausgeschöpft“

Auf einer anschließenden Pressekonferenz am Dienstag traten dann auch die Differenzen zwischen Scholz und Putin deutlich zutage – dennoch bekundeten beide Seiten ihre Bereitschaft zur weiteren Kooperation und bekräftigten, es solle keinen Krieg in Europa geben. Sicherheitsfragen müssten durch Dialog geklärt werden, die diplomatischen Optionen seien „bei weitem nicht ausgeschöpft“, gab sich Scholz optimistisch.

Auch die strittigen Äußerungen von Putin-Freund und Altbundeskanzler Gerhard Schröder (77, SPD) über den Ukraine-Konflikt, das Sendeverbot für die Deutsche Welle, die Inhaftierung des russischen Regimekritikers Alexej Nawalny und die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 waren weitere Themen des vierstündigen Treffens.

Russland verkündet Teilabzug des Militärs – NATO dementiert

Als vorsichtiges Signal der Entspannung wurde heute indes die Ankündigung Russlands gedeutet, dass ein Teil seines Militärs aus der Grenzregion abgezogen werde. Demnach gingen die umstrittenen Manöver innerhalb des Landes sowie im verbündeten Belarus auf ihr Ende zu, so das offizielle Narrativ Moskaus.

Wie viele Soldaten genau in ihre Stützpunkte demnach zurückkehren werden, blieb zunächst ungeklärt.

Die NATO hat die Mitteilungen aus dem Kreml in einer ersten Reaktion dementiert: Eine reduzierte Präsenz von Streitkräften im russisch-ukrainischen Grenzgebiet sei bislang nicht erkennbar, sagte der frühere norwegische Ministerpräsident und heutige NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg (62) am Dienstag in Brüssel.

Allerdings werde die Lage weiterhin beobachtet. Die Zusage Russlands für einen weiteren Dialog wertete Stoltenberg als vorsichtiges Zeichen der Entspannung.

Putin spricht von angeblichem Genozid

Auch die Ukraine selbst hält eine Invasion zumindest vorerst für abgewendet: „Es ist uns und unseren Verbündeten gelungen, Russland von einer weiteren Eskalation abzuhalten“, sagte Außenminister Dmytro Kuleba in Kiew.

Besorgnis und Irritation lösten jedoch Äußerungen Putins aus, der von einem Genozid und „ethnischen Säuberungen“ in ostukrainischen Seperatisten-Gebieten spricht. Expertinnen und Experten sehen in derlei Behauptungen den möglichen Versuch Russlands, sich vielleicht doch ein schlagkräftiges Argument für eine Invasion zu verschaffen.

Wie auch immer man es dreht und wendet: Noch scheint im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine, der damit zugleich den Westen betrifft, nichts gesichert.

Lauterbach sieht Omikron-Höhepunkt überschritten: Mit Volldampf in die Normalität zurück?

Und damit wieder nach Deutschland und Sachsen zurück – genauer gesagt, zur seit nunmehr fast zwei Jahre grassierenden Pandemie. Auch hier könnte sich eine leichte Entspannung abzeichnen: Selbst der als eher mahnend und vorsichtig bekannte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (58, SPD) sieht pünktlich zur Monatsmitte den Zenit der Omikron-Infektionswelle überschritten und daher Spielraum für Lockerungsschritte.

Das Robert-Koch-Institut konnte für Dienstag zum wiederholten Male einen bundesweiten Rückgang der Ansteckungszahlen und der Inzidenz vermelden, auch in Sachsen ist letzterer Wert leicht gesunken.

Obgleich die Aussagekraft der Zahlen begrenzt ist, steigt der Druck für Lockerungen von Corona-Beschränkungen an. Nachdem Bayern bereits weitreichende Maßnahmen in diese Richtung ab Donnerstag angekündigt hat, zeichnen sich nun stufenweise Schritte bis zum Frühlingsanfang am 20. März auch im Rest der Republik ab.

Wie genau die aussehen könnten, darüber gibt eine Beschlussvorlage für den morgigen Bund-Länder-Gipfel schon jetzt eine grobe Auskunft.

15 Jahre im Gefängnis, viel Stadtrat und ein bisschen Gold

Worüber die LZ heute berichtet hat: 15 Jahre lang verbrachte eine wegen Mordes verurteilte Frau hinter Gittern – der LZ hat sie exklusiv ihre Haftgeschichte erzählt. Teil 2 können Sie hier nachlesen.

Außerdem liefern wir wieder mehrere Berichte aus dem Stadtrat und der Lokalpolitik: Themen sind autofreie Straßen, die Mär angeblich „friedlicher Spaziergänger“ bei den Anti-Corona-Protesten, die sich nebenbei auch gern das Erbe der 89er-Revolution anmaßen, die Chancen für eine Landesgartenschau, die Impfquote beim Pflegepersonal und die Baumschutzsatzung.

Und wir geben einen kleinen Überblick über die Rolle von Gold in der Wirtschaft.

Empörung nach Aufmärschen, ein Zettel der Weltgeschichte beschäftigt die Richter und Ärger für Jörg Meuthen

Was heute sonst noch wichtig war: Nach den Aufmärschen an den Privathäusern von Politikern durch Gegner und Kritiker der Corona-Maßnahmen ist die Empörung groß. Betroffen war neben dem grünen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg Winfried Kretschmann (73) auch der Halberstädter OBM Daniel Szarata (39, CDU).

Ein Zettel, der Weltgeschichte schrieb: Das Stück Papier, das SED-Funktionär Günter Schabowski (1929–2015) am 9. November 1989 bei der berühmten Pressekonferenz zur Öffnung der Berliner Mauer bei sich trug, wurde später an ein Museum verkauft. Nun entschied ein Gericht, dass der Name des bisher anonymen Verkäufers offengelegt werden müsse.

Dem Ex-AfD-Politiker Jörg Meuthen droht inzwischen Ungemach wegen einer Spendenaffäre: Das EU-Parlament hob die Immunität des 60-Jährigen mit großer Mehrheit auf.

Was morgen wichtig wird: Vom Bund-Länder-Gipfel zum Fortgang der Corona-Maßnahmen werden klare Signale der Lockerung (siehe oben) erwartet.

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