„Best friends“ war mal – jetzt gab der CDU-Bundestagsabgeordnete Marko Wanderwitz unter Verweis auf sein Missfallen über Ministerpräsident Michael Kretschmer bekannt, nicht länger Kreischef seiner Partei sein zu wollen. In Frankfurt am Main durchsuchte die Staatsanwaltschaft die Räume der Deutschen Bank, offenbar wegen der berüchtigten Cum-Ex-Geschäfte. Und: Der Präsident des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik, Arne Schönbohm, muss endgültig seinen Hut nehmen – dies hat wohl auch mit Russland zu tun. Die LZ fasst zusammen, was am Dienstag, dem 18. Oktober 2022, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Clinch in Sachsen-CDU: „Nicht mehr unter Kretschmer dienen“

Dass es zuletzt keine Harmonie mehr gab, ist ein offenes Geheimnis – doch nun legte Marko Wanderwitz noch einmal nach: In einem Brief gab der 47-jährige CDU-Politiker bekannt, nicht mehr für den Vorsitz seines Heimat-Kreisverbandes Zwickau zu kandidieren. Die Ablehnung verband er mit erneuter Kritik an seinem Parteifreund Michael Kretschmer (47), Sachsens Ministerpräsident. Er wolle „nicht mehr unter Kretschmer dienen“, zitierte ihn die Sächsische Zeitung, die zuerst berichtet hatte.

Dem Zeitungsbericht nach soll Wanderwitz dem Regierungschef in dem Schriftstück unter anderem die Suche nach Sündenböcken vorwerfen. Auch habe er von anderen CDUlern keine Unterstützung für seinen Kurs erhalten, monierte Wanderwitz, der bis 2021 Ostbeauftragter der Bundesregierung war und unter anderem mit Äußerungen, wonach die Ostdeutschen durch die DDR „diktatursozialisiert“ seien, für Wirbel sorgte.

Wanderwitz hatte sein Direktmandat für Berlin bei der Bundestagswahl 2021 gegen den AfD-Mitbewerber verloren, doch gelang ihm über die Landesliste wieder der Einzug in den Bundestag, dem er seit 2002 zugehörig ist.

Zuletzt hatte der bekennende AfD-Kritiker Ministerpräsident Kretschmer, mit dem er 2021 noch gemeinsam auf Wahlkampftour war, wegen seines Plädoyers für Verhandlungen mit der russischen Regierung angesichts des Krieges massiv attackiert: Kretschmer agiere „wie ein Geisterfahrer, der aber glaubt, nicht er, sondern alle anderen würden in die falsche Richtung fahren.“

Ein CDU-Austritt kommt für Wanderwitz dem Vernehmen nach jedoch nicht in Betracht. Im Laufe des Abends veröffentlichte der Journalist Matthias Meisner den Brief Wanderwitz bei Twitter.

Fahnder stürmen Deutsche Bank in Frankfurt am Main: Cum-Ex-Deals im Fokus

Mehr als hundert Polizisten und Beamte der Steuerfahndung stürmten am heutigen Vormittag die Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt am Main. Dabei soll es um die Suche nach Beweismitteln im Cum-Ex-Steuerskandal gehen. Auch weitere Konzerngesellschaften und Privatwohnungen stehen offenbar im Visier der Fahnder. Die Kölner Staatsanwaltschaft bestätigte gegenüber Medien den Vollzug von Durchsuchungsbeschlüssen, wollte aber zunächst keine weiteren Details nennen.

Bei den Cum-Ex-Geschäften geht es im Kern um den wohl größten Steuerskandal der Nachkriegszeit. Dabei ließen sich die Beteiligten durch ein geschicktes Verwirrspiel, bei dem Aktienpakete gezielt hin- und hergeschoben wurden, Kapitalertragssteuern mehrfach zurückerstatten, die de facto nie gezahlt worden waren (hier detaillierter erklärt). Dem Fiskus entstand so ein Schaden im Milliardenbereich.

Im Sommer 2021 hatte der Bundesgerichtshof (BGH) in einem wegweisenden Urteil entschieden, dass es sich bei derlei Manövern schlicht um Steuerhinterziehung handelt – und damit eine Straftat. In dem Zusammenhang wird bereits seit Jahren gegen aktive und frühere Mitarbeiter der Deutschen Bank ermittelt.

Auch die Hamburger Warburg Bank war in die fragwürdigen Deals involviert – und das bringt bis heute noch einen bekannten Mann womöglich in Bedrängnis: den ehemaligen Ersten Bürgermeister von Hamburg und heutigen Bundeskanzler Olaf Scholz (64, SPD).

Faeser verärgert: BSI-Chef Schönbohm muss seinen Stuhl räumen

Der Druck wurde zuletzt immer größer: Nun hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (52, SPD) den Präsidenten des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik, Arne Schönbohm, von seinem Amt freigestellt. Das wurde am heutigen Dienstag bekannt.

Der seit 2016 amtierende Schönbohm, Sohn des CDU-Politikers und brandenburgischen Innenministers Jörg Schönbohm (1937–2019), war wegen des Vorwurfs einer Nähe zu russischen Geheimdiensten in die Kritik geraten. Ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin für den 53-Jährigen steht noch nicht fest.

Zum umstrittenen Verein „Cyber-Sicherheitsrat Deutschland“, dessen Mitbegründer er einst war, soll der nun Geschasste weiterhin Kontakt gepflegt haben, obwohl diesem eine Verbindung zum russischen Geheimdienst nachgesagt wird. Zudem stand, wie auch Jan Böhmermann in der ZDF-Sendung „ZDF Magazin Royale“ thematisiert hatte, eine Berliner Firma im Fokus, die bis vor kurzem Mitglied im Cyber-Sicherheitsrat war und die der Verein erst kürzlich ausschloss.

Bundesinnenministerin Faeser soll über Schönbohms mangelnde Distanz verärgert gewesen sein und zog jetzt offenbar die Notbremse. Das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Unparteilichkeit der Amtsführung des BSI sei beschädigt, hieß es offiziell zur Begründung – erst recht brisant angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine sowie der „hybriden Kriegsführung“ des Kreml.

Die Vorwürfe gegen Schönbohm würden gleichwohl neutral und gründlich geprüft, es gelte die Unschuldsvermutung für den nunmehrigen Ex-Präsidenten des BSI. Die unter diesem Namen 1991 gegründete Behörde ist beim Innenministerium angesiedelt und für Fragen der IT-Sicherheit zuständig.

Kein Public Viewing in Leipzig, Abstiegsängste der Mittelschicht und ein unfriedlicher Demo-Abend

Worüber die LZ heute berichtet hat: Aus für Fahnenmeer und „Schland“-Rufe: Leipzig plant während der kommenden Fußball-WM der Männer in Katar kein sogenanntes Public Viewing. Am 2. November wird in der Messestadt ein Kongress zum Thema grüner Wasserstoff stattfinden – wir haben nebenher geschaut, wo die Möglichkeiten und Grenzen dieses hoffnungsvollen Energieträgers liegen. Warum bessere Luft mehr Erderwärmung bedeutet, hat Kollege Marko Hofmann erfragt.

Außerdem befassen wir uns mit der Abstiegsangst der Mittelschicht in der Krise und einer Brücke am Hauptbahnhof, welche nach einer Feministin und Eisenbahnerin benannt werden soll.

Obendrein gibt es unsere Eindrücke vom gestrigen, rechten Aufzug beim Leipziger Demo-Montag, wo es nicht friedlich blieb.

Angriff auf ver.di-Funktionär bei Leipziger Demo, mögliche Auslieferung von Corona-Leugner und wieder Luftangriffe auf die Ukraine

Was sonst noch wichtig war: Womit wir gleich beim nächsten Thema wären – denn gestern Abend gab es auch, zunächst offenbar unbemerkt, einen körperlichen Angriff auf einen Sekretär der Gewerkschaft ver.di aus dem rechten Teilnehmerspektrum heraus.

Sebastian Viecenz (Geschäftsführer ver.di Leipzig / Nordsachsen), Irena Rudolph-Kokot (Leipzig nimmt Platz) und Tobias Baumann (Vorsitzender ver.di Leipzig / Nordsachsen) verurteilten die Gewalt gegen den Gewerkschafter in einer gemeinsamen Pressemitteilung, forderten Schutz von Polizei und Versammlungsbehörden und stellten klar, dass wir entgegen der Wahnvorstellungen rechtsoffener bis rechtsradikaler Demoteilnehmer in keiner Diktatur leben.

Ein Bild, welches auch der vegane Promi-Koch Attila Hildmann gern verbreitet hat. Der mit Haftbefehl gesuchte Corona-Leugner und Rechtsaußen-Aktivist, der sich offenbar in der Türkei einem Zugriff deutscher Behörden entzieht, könnte nun in die Bundesrepublik ausgeliefert werden. Denn entgegen mancher Annahmen besitzt der 41-Jährige wohl keine türkische Staatsbürgerschaft, die ihn davor bewahren könnte.

Bei einem Messerangriff in Ludwigshafen wurden zwei Menschen getötet und ein weiterer verletzt – die Hintergründe sind bisher unklar.

Und: Ein Ende des Ukraine-Kriegs scheint nicht in Sicht. Nach den für den Kreml peinlichen Erfolgen der ukrainischen Streitkräfte gegen die Besatzer geht Moskau jetzt offenbar mit der perfiden Strategie vor, kurz vor Beginn des Winters die Energieversorgung des Landes zu zerstören.

Ministerpräsidentenkonferenz in Hannover

Was morgen wichtig wird: In Hannover diskutiert die Ministerpräsidentenkonferenz unter Vorsitz von Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (63, SPD) unter anderem über die wirtschaftliche Situation und Energiesicherheit.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar