Von diesem Ort aus ging 1945 ein Foto um die Welt, das den brutalen Kriegstod des US-Soldaten Raymond J. Bowman dokumentierte: Im Capa-Haus an der Jahnallee steht der volle Terminkalender in diesem Jahr ganz im Zeichen des Gedenkens ans Ende des Zweiten Weltkriegs, das sich dieses Frühjahr zum 80. Mal jährt. Es sind mehrere Ausstellungen und Veranstaltungsformate geplant. Hier die Hintergründe.
Ein kurzes und lange marginalisiertes Kapitel der Stadtgeschichte
Im Mai 1945 endete in Europa der durch das NS-Regime begonnene Zweite Weltkrieg, der millionenfaches Leid und Tod über die Menschheit gebracht hatte. Wie kaum ein anderer Ort steht das Capa-Haus, jener markante Eckbau, um dessen Erhalt seit 2011 eine Bürgerinitiative öffentlich kämpfte, für das Kriegsende in Leipzig und die Befreiung vom Nazi-Regime.
Die im September 2023 wiedereröffnete und nun komplett überholte, erweiterte Ausstellung unter dem bewährten Motto „War is Over“ wurde am Dienstag durch das Stadtgeschichtliche Museum, die Capa Culture gGmbH sowie die Bürgerinitiative Capa-Haus vorgestellt.
Sie lädt dazu ein, sich mit dem Ende der NS-Herrschaft vor Ort zu befassen – gerade mit einem vor allem zu DDR-Zeiten eher an den Rand gedrängten Thema der Leipziger Stadtgeschichte, nämlich der kurzzeitigen US-Besatzung, ehe die Stadt im Sommer 1945 an die Sowjets übergeben wurde.
Truppen der 2. und 69. US-Infanteriedivision hatten Leipzig am 17. April 1945 angegriffen, erst am 20. April endeten die letzten Gefechte am Völkerschlachtdenkmal. Es war Hitlers 56. und letzter Geburtstag, zehn Tage später beging der Diktator im Berliner „Führerbunker“ vor dem Eintreffen der Roten Armee Suizid.
Robert Capa und Gerda Taro: Erinnerung an Pioniere der Kriegsfotografie
In Leipzig hatte das 23. US-Infanterieregiment bereits am 18. April das heutige Capa-Haus erreicht, den Ort besetzt und auf dem Balkon im 2. Stock eine Maschinengewehrstellung aufgebaut. Robert Capa, eigentlich Endre Ernö Friedmann (1913–1954), kam in Budapest zur Welt, galt als Vorreiter der Kriegsfotografie. Ebenso seine Partnerin und Kollegin Gerda Taro, wie Capa jüdischer Abstammung, geboren in Stuttgart als Gerta Porohylle (1910–1937), die er 1934 in Paris kennenlernte. Sie hatte mit ihrer Familie ab 1929 in Leipzig gelebt, hier eine Schule besucht.

Dem Fotografen-Paar widmet sich das Capa-Haus in der runderneuerten Ausstellung besonders intensiv. Gerda Taro war längst tot, 1937 von einem Panzer im Spanischen Bürgerkrieg überrollt, als Robert Capa mit der US-Army Leipzig erreichte, an der Angerbrücke letzte Auseinandersetzungen und die Gefangennahme deutscher Soldaten durch GIs auf der Kamera festhielt.
Und Capa, der später ebenso wie seine Freundin tragisch starb – er kam durch eine Landmine in Vietnam ums Leben – wurde in Leipzig Zeuge, wie den jungen US-Soldat Raymond J. Bowman (21) aus einem Hinterhalt eine tödliche Kugel traf. Die Bilderserie „Last Man to Die“ von Robert Capa ging seinerzeit um die Welt, wurde vom „Life Magazine“ veröffentlicht.
Vorrücken der US-Armee: Geschichte aus Perspektive der Alliierten
Ein Ausstellungs-Höhepunkt des Capa-Hauses in diesem Jahr soll entsprechend den Titel „Wege der Befreiung der US-Armee durch Mitteldeutschland 1945“ tragen. Dabei wird nachvollzogen und visualisiert, wie US-Divisionen seit 1944 von der Normandie bis an die Elbe vorgerückt waren. „Wir erzählen die Geschichte sehr konsequent aus der Perspektive der Alliierten“, so Dr. Nora Pester vom ansässigen Verlag Hentrich & Hentrich sowie der Capa Culture gGmbH. Geplanter Zeitraum der Ausstellung: 16. April bis 31. Juli 2025.
Bis es so weit ist, kann in der jetzigen Ausstellung eine Vielzahl von Bildern und Exponaten bestaunt werden, darunter eine Ausgehuniform der 2. US-Infanteriedivision, die Leipzig befreit hatte, oder eine Fliegerhaube der Wehrmacht.
Dazu liefern Texttafeln Hintergrundwissen, wobei gerade das Kapitel zur jung verstorbenen Fotografin Gerda Taro neu ist, gleichermaßen elementare Problematiken des Genres Kriegsfotografie: „Die Zensur von Fotos und die grundsätzliche Frage nach Inszenierung in der Kriegsfotografie sind ebenso Themen der neuen Ausstellung“, so der beteiligte Kurator Tim Rood vom Stadtgeschichtlichen Museum.
„Eine Medienstation sowie eine kleine Präsenzbibliothek geben zusätzlich vertiefende Informationen. Die originalen Möbel aus der Wohnung im 2. OG des Capa-Hauses sind selbstverständlich weiterhin zu bestaunen.“
Einige Termine des Jahres 2025 im Capa-Haus
Zu den Terminen im Capa-Haus 2025 zählen unter anderem: Leipziger Palmengarten. Ein Leuchtturm der Stadt (Ausstellung noch bis 28.02.); Gerda Taro (1910–1937). Fotopionierin – Naziflüchtling – Shooting Star (Ausstellung, 04.03.-10.04); Wege der Befreiung der US-Armee durch Mitteldeutschland (Ausstellung, 16.04.-31.07.); Colditz im Capa. Die Fotosammlung des Kriegsgefangenenlagers Oflag IV C Schloss Colditz (Ausstellung, 01.08.-28.11.); Chanukka-Ausstellung im Rahmen von „Tacheles 2026. Jahr der jüdischen Kultur in Sachsen“ (Ausstellung, ab 02.12.)
Außerdem: Buchsalon im Capa-Haus (ganzjährig); Gedenken an die Befreiung Leipzigs durch die US-Armee am 17. April 1945 (17.04.); Museumsnacht (10.05.); Tag des offenen Denkmals (14.09.)
Capa-Haus, Jahnallee 61, 04177 Leipzig; Informationen und Termine unter www.capa-haus.org
Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag, 11:00 Uhr bis 16:00 Uhr, jeder 3. Sonntag des Monats 11:00 Uhr bis 16:00 Uhr. Eintritt frei.
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