Leipzig erwartet einen der größten Drogenprozesse der Nachwende-Ära. Maximilian S. (21) soll aus seinem Gohliser Kinderzimmer über den Webshop "Shiny Flakes" mit über 900 Kilo Rauschgift gehandelt haben. Die Umsätze beliefen sich laut Anklage auf über vier Millionen Euro. Strafverteidiger Stefan Costabel äußert sich im Interview gegenüber L-IZ.de zu Zielen und Strategie seines Mandanten.

Welche Straftaten legt die Staatsanwaltschaft Ihrem Mandanten zur Last?

Mein Mandant soll gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen haben.

Für uns Außenstehende scheint die Beweislast erdrückend zu sein. Existieren an der Schuld Ihres Mandanten irgendwelche berechtigten Zweifel?

Dazu kann ich im Moment noch nicht allzu viel sagen, da ich den Inhalt der kompletten Akten auch erst seit ein paar Tagen kenne. Mir sind von der Staatsanwaltschaft zusammen mit der Anklageschrift drei große Umzugskartons mit Aktenmaterial zur Verfügung gestellt worden. Diese Akten mussten erstmal gescannt werden. Tatsache ist, dass bei meinem Mandanten ca. 300 Kilo an Drogen gefunden wurden.

Rechnen Sie mit einem umfangreichen Prozess?

Ich denke, dass der Prozess – der wohl größte Drogenprozess in der bundesrepublikanischen Geschichte – sehr umfangreich werden wird.

Ihrem Mandanten drohen bei einem Schuldspruch bis zu 15 Jahre Haft. Wie schätzen Sie Ihre Chancen bei Gericht ein?

Die spannende Frage ist, ob Jugendstrafrecht zur Anwendung kommt oder nicht. Das ist die zentrale Frage des Prozesses. Ich muss aller Voraussicht nach auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens bestehen. So einfach wie es sich die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage macht, geht es definitiv nicht.

Was steht dahingehend in der Anklageschrift?

Die Staatsanwaltschaft geht von der Anwendung des Erwachsenenstrafrechts aus, weil mein Mandant organisiert und gut koordiniert gehandelt haben soll.

Bisher hat Ihr Mandant zu den Vorwürfen geschwiegen. Ist bis zum Prozessauftakt noch eine Einlassung geplant?

Nein, definitiv nicht. Auch sicherlich nicht im Prozess.

Warum nicht?

Wir werden uns schweigend verteidigen. Was sollen wir denen erzählen?

Eine geständige Einlassung könnte sich strafmildernd auf das Urteil auswirken, oder nicht?

Was bringt das? Mal schauen, was das Rechtsgespräch ergibt.

Gehen Sie davon aus, dass sich das Gericht auf einen Deal einlassen wird?

Das wird es wohl müssen, wenn es nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag verhandeln will.

Wie sieht Ihr Ziel aus? Eine Jugendstrafe, die unter 8 Jahren liegt?

Das wäre mein Maximalziel. Richtig.

Und Ihr Minimalziel?

Dazu kann ich momentan nichts sagen.

Wie geht Maximilian S. mit der veränderten Lebenssituation um?

Er hat sich inzwischen auf einen längeren Haftaufenthalt eingestellt. Er möchte die Zeit nutzen, um das Abitur nachzuholen.

Die Staatsanwaltschaft lässt Ihren Mandanten forensisch-psychiatrisch begutachten, weil Haarproben auf den Konsum verschiedener Drogen hinweisen. Ist die Unterbringung im Maßregelvollzug eine denkbare Option?

Ich denke, eher nicht. Dazu ist er zu klar. Er hat eigentlich keine Probleme.

Ihr Mandant hat den Drogenshop von seinem Kinderzimmer aus betrieben. Wie konnte es passieren, dass seine Eltern von den kriminellen Aktivitäten nichts mitbekommen haben?

Das waren wirklich zwei Parallelwelten. Die Mutti hat ihm lediglich die Wäsche gewaschen. Nicht einmal für ihn gekocht.

Hat die Mutter nicht gewusst, dass ihr Sohn arbeitslos ist? Da schließt sich doch die Frage an, wovon er eigentlich lebt?

Die Mutter war vollschichtig arbeiten und hat geglaubt, ihr Sohn verdiene Geld mit dem Erstellen von Homepages. Der Stiefvater war ebenfalls berufstätig.

Maximilian S. ist bisher nicht vorbestraft. Er war der Polizei nicht als Drogenkonsument aufgefallen. Können Sie sich vorstellen, welche Umstände ihn dazu getrieben haben, im Alleingang den Drogenversand „Shiny Flakes“ zu gründen und zu betreiben?

Das kann ich mir schon, aber das tut zum einen nichts zur Sache und zum anderen ist es verfrüht, irgendwelche vielleicht vorhandenen Motive der Öffentlichkeit vorzustellen.

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