Überraschung im sogenannten Fahrradgate-Prozess vor dem Leipziger Landgericht: Wie am heutigen Dienstag bekannt wurde, hat der Anwalt der unter anderem wegen Bestechlichkeit angeklagten Polizeibeamtin Anke S. sein Mandat niedergelegt. Damit ist für den Moment offen, wie es mit dem am 19. März begonnenen Prozess weitergeht.

Landgerichts-Sprecher Johann Jagenlauf bestätigte am Dienstag auf Anfrage entsprechende Berichte von dpa sowie des Portals TAG24. Demnach habe Rechtsanwalt Thomas Morguet seine Niederlegung des Mandats mit Interessen-Kollisionen begründet, da er auch andere Beteiligte des Verfahrens als Anwalt beraten oder vertreten haben soll. Seiner Kanzlei liegt eine Anfrage der Leipziger Zeitung vor.

Vorwürfe gegen suspendierte Polizistin

Im Prozess muss sich die suspendierte Polizeihauptmeisterin Anke S. vor dem Leipziger Landgericht verantworten, weil sie in ihrer Funktion als Leiterin der polizeilichen Asservatenkammer zwischen August 2014 und November 2018 mehr als 260 Fahrräder aus polizeilicher Verwahrung illegal gegen „Spenden“ unter anderem an Kollegen herausgegeben haben soll, ohne die gesetzlichen Bestimmungen zu beachten.

Sie selbst hatte die Vorwürfe von Bestechlichkeit, Verwahrungsbruch, Urkundenfälschung und Diebstahl aus der umfassenden Anklageschrift zurückgewiesen.

Ist der Prozess jetzt geplatzt?

Der Fortgang des Prozesses vor dem Leipziger Landgericht ist damit für den Moment ungeklärt. Ein für heute geplanter Termin zur Verhandlung war überraschend ausgefallen, ohne dass die mutmaßlichen Hintergründe zunächst klar waren.

Laut dem Gerichtssprecher ist denkbar, dass das Verfahren zeitnah weitergeht, jedoch müsste sich dafür ein Anwalt finden, der das Mandat übernimmt und wohl genügend Zeit bräuchte, sich in den umfassenden Stoff der Anklage einzuarbeiten. Die Verlesung der 155 Tatkomplexe zum Prozessauftakt durch die Generalstaatsanwaltschaft hatte am 19. März mehr als vier Stunden gedauert. Nach aktuellem Stand sollte ab 16. April weiter verhandelt werden.

Möglich scheint auch, dass der Prozess ausgesetzt wird und zu einem unbekannten Zeitpunkt in der Zukunft noch einmal völlig neu startet. Wegen der hohen Auslastung der Gerichte und dem Umfang der Anklage wäre in diesem Szenario dann allerdings kaum zu erwarten, dass der Neubeginn zeitnah erfolgt. „Die Sache ist ziemlich am Laufen, es ist noch nichts spruchreif“, so Gerichtssprecher Jagenlauf.

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