Eines hat der Bundestagswahlkampf deutlich gezeigt: Die einzige Konstellation, die den politischen Aufbruch verspricht, den viele Bürger/-innen wünschen und von einer neuen Bundesregierung erwarten, ist eine Koalition aus SPD und Bündnis 90 / Die Grünen.

Die zwei Trielle, aber auch die Einzelauftritte der Kanzler/-innen-Kandidat/-innen haben gezeigt: In den entscheidenden politischen Feldern sind die Übereinstimmungen zwischen diesen beiden Parteien am größten. Klimaschutz, sozialer Zusammenhalt, Mindestlohn, Renten, Bürgerversicherung, Migration, bezahlbarer Wohnraum, Europa, Gesundheitsvorsorge – hier sind Kompromisse zwischen SPD und Grünen möglich, die dennoch die notwendigen Erneuerungen in Gang setzen.

Nach dem Verlauf der Debatten und angesichts der politischen Notwendigkeiten ist eine Koalition zwischen CDU/CSU und Bündnis 90 / Die Grünen kaum vorstellbar. Denn während die SPD ihr sozialdemokratisches Profil in den vergangenen Monaten schärfen konnte, vollziehen CDU/CSU eine rechtskonservative Kehrtwende. Das spüren viele Menschen – und das ist der tiefe Grund für den Absturz der Christdemokraten und das Wiedererstarken der SPD.

Offensichtlich tun sich die Grünen derzeit noch immer schwer damit, von der Option Schwarz-Grün einschließlich Jamaika Abschied zu nehmen und zu erkennen, dass es keine Bundesregierung unter ihrer Führung geben wird.

Darum ist es höchste Zeit, dass SPD und Grüne sich klar gegenüber den weit über 50 % der Wähler/-innen positionieren, die bis jetzt noch nicht ihre Stimme abgegeben haben: Unser Ziel ist eine rot-grüne Bundesregierung – ohne Beteiligung von FDP und der Linken. Die Möglichkeit einer Mehrheit im Deutschen Bundestag für diese rot-grüne Koalition ist gegeben – allein schon deswegen, weil in der Summe ein relativ hoher Stimmenanteil für die Kleinstparteien zu erwarten ist.

Das setzt aber voraus, dass jetzt beide Parteien dieses Bündnis als Wunschkonstellation kommunizieren und damit den Wähler/-innen ein realistisches Angebot für einen neuen Aufbruch machen. Dieser ist nach 16 Jahren Kanzler/-innenschaft von Angela Merkel dringend erforderlich, vor allem im Blick auf den Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit – auch wenn derzeit viele Bürger/-innen noch zurückhaltend sind, zu erkennen zu geben, wie viel Veränderung sie tatsächlich wollen und mittragen werden (so meine Wahrnehmung in den Straßendiskussionen).

Zu spüren ist aber eine große Offenheit für überzeugende Vorschläge und das klare Gefühl, dass diese derzeit nur von SPD und Bündnis 90 / Die Grünen zu erwarten sind. Olaf Scholz steht da für Seriosität und einen klaren Blick für das Machbare, die Grünen werden hoffentlich den nötigen Druck erzeugen. Darum: Niemand möge seine Stimme an die FDP oder Die Linke verschenken.

P.S. Soeben wird bekannt, dass das Verwaltungsgericht Chemnitz beschlossen hat: Die Plakate der rechtsextremistischen Partei „III. Weg“ mit der Aufschrift „Hängt die Grünen“ müssen in Zwickau nicht entfernt werden. Allerdings sei eine räumliche Trennung (100 Meter Abstand) einzuhalten, um eine „losgelöste Wahrnehmung“ der Plakate und deren „kommunikatives Anliegen nicht zu beeinträchtigen“.

Auf solch einen Schwachsinn muss man erst einmal kommen! Sachsens Justiz bleibt sich treu – im Zweifelsfall wird dem Rechtsextremismus der Weg freigeräumt. Eine Schande für den Freistaat! Und gleichzeitig ein Signal für die Bundestagswahl: Keine Stimme für rechtsnationalistische Parteien wie die AfD!

Zum Blog von Christian Wolff: http://wolff-christian.de

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Sehr geehrter Herr Wolf, es wird mittlerweile zur nicht ganz so guten Tradition, Ihren Artikel zu kommentieren.
Ihre Alles-oder-Nichts-Haltung mag durch das Verhältnis zu Ihrem ehemaligen obersten Dienstherrn geprägt sein. Als politische Haltung empfinde ich sie – gerade bei Ihnen – als undemokratisch.
Sowohl die LINKE als auch die FDP – wie auch jede andere zugelassene Partei – vertreten neben übergreifenden Interessen auch die ihrer jeweils spezifischen Klientel. Ihre Empfehlung der SPD als kleinstem gemeinsamen Übel ist einerseits nur plausibel unter der Annahme, dass die Realpolitik nach der Wahl eh wenig Differenzierungsspielraum lassen wird. Zum zweiten weise ich erneut darauf hin, dass die SPD weder auf Bundes – noch auf Landesebene außer in der Brandt-Zeit die Hoffnungen gerechtfertigt hat, die Sie zu erwecken versuchen. Die SPD hatte in den letzten Dekaden die gegebenen Chancen nicht genutzt. Zum dritten wandeln Sie  – das ist Ihnen vielleicht nicht bewusst – ungewollt auf SED-Spuren – one size fits all wird der Komplexität unserer Zeit nicht mehr gerecht.
Mit freundlichen Grüßen Thomas Marx

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