Der sächsische Verfassungsschutz hat seinen Jahresbericht für 2024 präsentiert. Als größte Bedrohung nennt dessen Präsident den „Rechtsextremismus“. Dort werden die Akteure immer jünger. In Leipzig hebt der Verfassungsschutz zwei pro-palästinensische Gruppen hervor.
Die meisten Straftaten hat der Verfassungsschutz im Bereich Rechtsextremismus registriert: Knapp 4.000 waren es im vergangenen Jahr. Ungefähr ein Viertel davon sei „fremdenfeindlich“ motiviert gewesen; der diesbezügliche Höchstwert aus dem Jahr 2015 sei damit deutlich übertroffen worden.
Als besonders markante Ereignisse nennt der Verfassungsschutz den Angriff auf den SPD-Europaabgeordneten Matthias Ecke, die Wahlmanipulationen durch zwei Mitglieder der „Freien Sachsen“ und die Festnahme von mutmaßlichen Mitgliedern der rechtsterroristischen „Sächsischen Separatisten“.
Das „rechtsextremistische Personenpotenzial“ in Sachsen wird auf 6.000 geschätzt. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren waren es noch weniger als 3.000 Personen. Der große Anstieg ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass der Verfassungsschutz rund 1.500 AfD-Mitglieder mittlerweile als „rechtsextremistisch“ einstuft.
Sogenannte Reichsbürger und Selbstverwalter sind laut Verfassungsschutzschutz nur zu einem sehr geringen Anteil dem Rechtsextremismus zuzurechnen. Manche Expert*innen sehen das anders und würden die geschätzt 3.000 Personen dazuzählen.
Weniger als 1.000 Linksextremisten in Sachsen
Im Bereich „Linksextremismus“ sieht der Verfassungsschutz fast unverändert ein Personenpotenzial von etwa 900 Personen, darunter 420 gewaltbereite Autonome und 150 gewaltbereite Anarchist*innen. Die Zahl der Gewalttaten, die „Linksextremisten“ zugerechnet werden, hat deutlich abgenommen: von 191 im Jahr 2023 auf 92 im Jahr darauf.
Schwerpunkt dafür bleibt weiterhin Leipzig. Mehr als die Hälfte der Gewalttaten soll hier geschehen sein. In den beiden Jahren davor waren es sogar jeweils rund drei Viertel. Laut Verfassungsschutz haben Ermittlungsverfahren und Hausdurchsuchungen die Aktivitäten zurückgedrängt. Auch innerhalb der linken Szene wird zunehmend offen diskutiert, dass staatliche Repression Wirkung hinterlässt.
„Besonders besorgt mich die Erkenntnis des Verfassungsschutzes, dass die Extremisten in allen Bereichen immer jünger und gewaltbereiter werden“, sagt Ronny Wähner, innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im sächsischen Landtag. „Die Radikalisierung erfolgt zunehmend über den digitalen Raum, was eine zusätzliche Gefahr darstellt.“
Grüne und Linke fordern Konsequenzen
Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, fordert Konsequenzen aus der Erkenntnis, dass Queerfeindlichkeit und Angriffe auf CSD-Demos zugenommen haben: „Ich erwarte, dass die Sicherheitsbehörden dieses Mal besser aufgestellt sind und die Versammlungen umfassend schützen.“
Juliane Nagel, Sprecherin für antifaschistische Politik in der Linksfraktion, kritisiert, dass nur ein Teil der AfD-Mitglieder als „rechtsextremistisch“ eingestuft wird. Sie stellt sich zudem gegen mögliche Pläne, die Altersgrenze von 14 Jahren für Beobachtungen durch den Verfassungsschutz abzusenken. Wichtiger seien Prävention und politische Bildung. „Doch genau in diesen Bereichen betreibt die Staatsregierung mit ihrem Haushaltsentwurf einen unverantwortlichen Kahlschlag.“
Dirk-Martin Christian, Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz, hebt zwei Gruppen aus Leipzig hervor: „Young Struggle“ und „Handala“. Diese seien durch Posts in den sozialen Medien und Redebeiträgen auf Demonstrationen aufgefallen, in denen „israelfeindliche und antisemitische Propaganda verbreitet und die Verbrechen der Hamas gegen den Staat Israel umgedeutet, verharmlost oder gar legitimiert“ wurden.
Empfohlen auf LZ
So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:















Keine Kommentare bisher