„Träume sind Schäume!“, lautet ein bekannter Spruch. Tatsächlich? Für Freud sind sie Ausdruck des Unbewussten, bei Schopenhauer sind sie genauso Realität wie das Erleben im Wachzustand. Also hat das Träumen auf alle Fälle mit uns zu tun: als Notwendigkeit, um Erlebtes zu verarbeiten, unbewusste Wünsche sichtbar zu machen, auf Gefahren hinzuweisen oder an etwas zu erinnern.
Sicher haben Träume auch noch andere Funktionen. An die meisten Träume können wir uns nicht erinnern. Jeder Mensch träumt.
Wenn ich träume, sind das manchmal Albträume. Ich kann sie im Schlaf weder steuern noch beenden. Sie verarbeiten, was ich erlebt und erdacht habe zu dem, was ich gerade erlebe: Angst. Als Kind hatte ich Angst vor Wasser. Vielleicht, weil ich mit ungefähr drei Jahren in einen Brunnen gesprungen bin. Genaugenommen nicht in einen wirklichen Brunnen, sondern in ein kreisrundes Betonsegment, das einen Meter hoch war und einen Durchmesser von knapp einem Meter hatte.
Der Sprung in den Brunnen war Ergebnis eines Wunschtraumes. Ich wollte zu Frau Holle. Zum Glück hat mich meine Mutter entdeckt, als ich mich gerade noch am Rand des Beckens festhalten konnte. Noch heute kostet es mich Überwindung, einen See zu durchschwimmen. Aber zu Frau Holle will ich eigentlich noch immer.
„Träume nicht!“ Diesen Satz hören manchmal Kinder, wenn sie scheinbar unaufmerksam sind. Dabei wissen wir nicht, ob sie nicht gerade einer interessanten Idee nachsinnen, eine Entdeckung machen oder etwas wahrnehmen, was uns schon lange nicht mehr auffällt.
Wovon träumen Menschen? Was wünschen sie sich wirklich? Was freut sie, was quält sie?
Am Volkstheater Wien soll im nächsten Jahr ein Stück aufgeführt werden, in dem Träume, Wünsche, Ängste der Wiener ihren Platz haben werden. Dazu ist von der Hausregisseurin Rieke Süsskow die Idee des Volksohres entwickelt worden. Dieses wandelt, für jeden sichtbar und mannsgroß, zum „Lauschangriff“ durch Wien und sammelt Erträumtes, Erlebtes, Erhofftes der Bürger und Gäste der Stadt.
Ergebnis wird eine bestimmt sehenswerte Traumcollage sein. Ich bin gespannt und erträume mir, bei der Uraufführung des Theaterstückes dabei sein zu dürfen. Wien ist eine Traumstadt. Hans-Eckardt Wenzel singt von Lissabon und Paris in seiner Lebensreise. Aber sterben will er in Wien. Ein schöner Traum, wenn man das weiß.
„Herz aus Eis“ ist eine deutsch-französische Filmproduktion. Die Adaption des Märchens „Die Schneekönigin“ von Hans Christian Andersen soll ein Märchen für Erwachsene sein, wie es in der „Kulturzeit“ vom 9. Dezember heißt. Für Kinder nicht geeignet! Sicher wegen zu befürchtender Albträume, jagt einem doch schon der Trickfilm Schauer über den Rücken.
Aber Erwachsene sind aufgefordert, sich dieses offensichtliche Schauermärchen, das noch im Dezember in die Kinos kommen soll, anzusehen. Ja, auch Erwachsene brauchen Märchen: Märchen, in denen gekämpft, geliebt, geweint wird. Wir brauchen sie, um unsere Mitmenschlichkeit, unser Staunen und unsere Fantasie nicht zu verlieren.
Auch um den Preis einer Albtraumnacht. Im besten Falle wachen wir aus ihr auf und wissen, was zu tun ist: miteinander reden, lachen, träumen. Im schlimmsten Fall auch. Dann sollten wir uns Hilfe holen.
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