Wenn jemand die Gelegenheit bekommt in Leipzig Kommunalpolitik mitzugestalten, sollte er die Chance immer ergreifen, obwohl sie oder er desillusioniert werden wird. Was einer Stadtgesellschaft wie Leipzig heute im Vergleich zu vor über 30 Jahren fehlt, sind kluge und weitsichtige Kommunalpolitiker, die in ihrem jeweiligen Hauptberuf arbeiten, die Stadtgesellschaft und ihre Nöte und Wünsche wahrnehmen und sich ausschließlich dem Gemeinwohl und nicht Partikular- und Parteiinteressen verpflichtet fühlen.

2003 kam ich in diese Stadt, die ich kennen und lieben lernte und trotzdem werde ich als Wessi nie vollständig akzeptiert werden. Das trat und tritt im Berufsalltag immer wieder durch Diskriminierung und Verhinderung von beruflichem Aufstieg zutage. Die Wunden, die die Wendezeit gerissen hat, werden uns, so meine Prognose, noch ca. 30 Jahre ab heute begleiten.

Von 2020 bis 2024 hatte ich dann neben meinem hauptsächlich ausgeübten Beruf als Krankenpfleger sogar die Möglichkeit als Stadtrat die Geschicke der Stadt mitzugestalten und es war mir eine Ehre. Ich wünsche mir somit mehr Toleranz gegenüber jeglicher Biografie eines Menschen.

Nun wird wahrscheinlich am 21.02.2027 ein neues Stadtoberhaupt gewählt werden. Auch hier bringen 2026 sich allmählich die Parteien der Stadt in Stellung und suchen Kandidaten aus ihren Reihen. So ist es zwar demokratische Gepflogenheiten, aber die Bürgerinnen und Bürger werden am wenigsten gefragt. Vor kurzem haben Wahlen in Brandenburg gezeigt, dass Bürgerinnen und Bürger sich häufig parteilose Kandidaten wünschen und sie zu Stadtoberhäuptern machen.

Und genau hierein zählt mein größter Wunsch. Leipzig braucht nach der Amtszeit Jungs eine Frau im Amt, die politische Strömungen von links bis zur breiten Mitte vereint, die weiß auch konservative Kräfte für progressive Ziele dieser Stadt mit ins Boot zu holen und die es versteht die Verwaltung durch schwierige Zeiten wie Digitalisierung und Fachkräftemangel zielgenau zu lenken. Alles andere jenseits dieses politischen Spektrums wird nur Stillstand und keine Veränderungen bringen. Genau das wünsche ich mir für Leipzig nicht.

Menschen fürchten sich vor Veränderungen, sie wählen häufig das, was wenig Veränderung bringt. Aber genau das wäre für Leipzig das genau falsche. Diese einzigartige Stadt der Friedlichen Revolution von 1989 erzwang friedlich Veränderungen und profitierte stets vom Wandel und das muss auch nach der Zeit von Burkhard Jung weitergehen, ob mit Sanierungen nach der Wende, ob mit dem City-Tunnel, ob mit dem Tourismusmagneten Zoo, ob mit einem neuen Naturkundemuseum, ob mit Ausbau des Radwegenetzes, und, und, und….,

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