In dem Streit um die Wiederherstellung der paritätischen Nutzung des ehemaligen Kinosaals der Staatssicherheit durch das Schulmuseum und das Bürgerkomitee Leipzig e.V. hat sich jetzt der Vorsitzende der Theodor-Litt-Gesellschaft, der frühere Kanzler der Universität Leipzig, Peter Gutjahr-Löser, zu Wort gemeldet: Mit erheblichem Aufwand und in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft, der Bundeszentrale und der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung sowie dem Schulmuseum der Stadt Leipzig haben wir das seit 1997 alljährlich stattfindende Theodor-Litt-Symposion vorbereitet, bei dem Fachleute aus dem In- und Ausland zentralen Fragen nachgehen, die für die Grundsatzorientierung im Bildungswesen von Bedeutung sind.

Die für den 20./21. Oktober vorbereitete Veranstaltung steht unter dem Thema „Masse und Demokratie – politische Bildung in einer multikulturellen Gesellschaft“. Parallel soll im Tagungsraum – dem ehemaligen Kinosaal der Staatssicherheit – die wichtige Ausstellung „Was glaubst Du denn!? – Muslime in der Bundesrepublik Deutschland“, die von der Bundeszentrale für politische Bildung gestaltet wurde, gezeigt. Bei dem Symposion, das unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Burkhard Jung steht, wird eine Leipziger Erklärung veröffentlicht werden, die auf die aktuellen Notwendigkeiten der politischen Bildung und demokratischen Erziehung eingeht.

Die Veranstalter sind dabei davon ausgegangen, dass der Saal dafür zur Verfügung steht, denn nach den Festlegungen der Stadt Leipzig als Hausherr soll er sowohl von dem Stasi-Museum als auch vom Schulmuseum im Wechsel genutzt werden. Zur Durchführung der Konferenz im Kinosaal wurden seitens der Stadt verbindliche Zusagen gegenüber den Organisatoren des Symposions gemacht. Die bereits in großer Auflage erschienenen Tagungsprogramme geben als Veranstaltungsort deshalb selbstverständlich das Schulmuseum mit dem ehemaligen Kinosaal an. Die Theodor-Litt-Gesellschaft geht davon aus, dass die Stadt Leipzig zu den gemachten Zusagen steht und die gemeinsame Durchführung des Symposions mit der Ausstellung im ehemaligen Kinosaal im Schulmuseum ermöglicht.

Wenn die Vertreter des Bürgerkomitees Leipzig e. V. so tun, als solle jetzt plötzlich die Beschäftigung mit den Praktiken des Staatssicherheitsdienstes beschnitten werden, sprechen sie die Unwahrheit. Selbstverständlich war es verdienstvoll, dass das Bürgerkomitee 1989 einen wichtigen Beitrag zu Herstellung freiheitlicher Zustände geleistet hat. Seit aber – wie glücklicherweise nun bereits geraume Zeit – Gesetze und Vereinbarungen nach rechtsstaatlichen Grundsätzen gelten, kann es nicht hingenommen werden, dass klare Vereinbarungen, wie sie mit dem Schulmuseum der Stadt Leipzig bezüglich des Kinosaales getroffen wurden, durch die Entfachung einer öffentlichen Kampagne einfach über den Haufen geworfen werden. Stadträte, die jetzt versuchen, in dieser Auseinandersetzung die klare Rechtslage auszuhebeln, sollten bedenken, dass die Freiheit in der DDR hat ja nicht nur durch den Staatssicherheitsdienst, sondern auch und vor allem durch den Versuch der politischen Indoktrination im Rahmen der schulischen Erziehung unterdrückt wurde. Wenn also das Schulmuseum der Stadt Leipzig sich heute den Aufgaben der politischen Bildung stellt, dann ist dies keine Missachtung der Aufgaben des Bürgerkomitees – ein Eindruck, den Vertreter des Bürgerkomitees jetzt zu erwecken versuchen – sondern eine notwendige Ergänzung bei der Aufarbeitung der SED-Diktatur und ein unverzichtbarer Beitrag zur Lösung der Erziehungsaufgaben in der freiheitlich-rechtsstaatlichen Demokratie. Sich dabei über Rechtsregeln hinwegzusetzen, gefährdet diesen Auftrag erheblich.

Der Namensgeber der Theodor-Litt-Gesellschaft war von 1920 bis 1947 Professor für Pädagogik und Philosophie an der Universität Leipzig. Im Jahr 1931/32 war er Rektor. Zunächst unter den Nazis und dann unter der SED-Herrschaft wurde seine Tätigkeit erheblich behindert. Er gilt als einer der Begründer der modernen politischen Bildung in einem freiheitlichen Staat.

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