Solche Diskussionen, wie sie am 20. Januar im Stadtrat zum Kita-Neubau Friedrichshafner Straße 147 stattfanden, wird es künftig noch öfter geben. Denn erstmals thematisierte die Linksfraktion mit ihrem Änderungsantrag das Thema Graue Energie. Der wurde zwar am Ende abgelehnt und die alten Herren von der AfD-Fraktion konnten der Diskussion nicht folgen. Aber auch beim Bauen muss Leipzig umdenken. Der Klimawandel erzwingt auch hier Veränderungen.

Vorhergegangen waren schon im Fachausschuss Stadtentwicklung und Bau entsprechende Diskussionen. Darauf wies dessen stellvertretender Vorsitzender Karsten Albrecht (CDU) mit einiger Empörung hin. Aber man begräbt solche Diskussionen nicht einfach damit, dass man im Ausschuss einen Schlussstrich zieht.Wobei wir nicht wissen, wie die Diskussion dort endete. Die Fachausschüsse sind weder öffentlich, noch gibt es Protokolle. Und in den meisten Fällen kommen die Fraktionen dort zu einem abstimmungsfähigen Ergebnis. Manchmal tun sie sich aber auch hinterher zusammen und stellen einen gemeinsamen Änderungsantrag. Manchmal ziehen sie hinterher auch die Reißleine, wie beim Änderungsantrag zum Nahlesteg.

Aber darum ging es in diesem Fall nicht. Jedenfalls nicht ganz. Denn OBM Burkhard Jung wies zwar zu Recht darauf hin, dass ein Ja zum Änderungsantrag der Linken die Verwaltungsvorlage zum Ersatzneubau der Kita Friedrichshafner Straße 147 obsolet gemacht hätte. Und Jugendbürgermeisterin Vicki Felthaus wies ebenso zu Recht darauf hin, dass damit auch 2,7 Millionen Euro Fördermittel vom Freistaat verfallen würden.

Aber im eigentlichen Kern ging der Linke-Antrag schon in die richtige Richtung: Wenn Leipzig Ersatzneubauten für alte Kitas und Schulen plant, muss die Graue Energie zwingend in den Blick genommen werden. Das ist die Energie, die meist schon vor Jahrzehnten in ein Bauwerk investiert wurde – insbesondere auch bei solchen Plattenbauten.

Der verwendete Beton ist mit jeder Menge CO2-Emissionen produziert worden. Die man natürlich nicht noch einmal generiert, wenn man die alte Bausubstanz weiterverwendet. Was, wie Vicki Felthaus betonte, auch über Recycling geschehen kann.

Es ging also nicht um die Schönheit der Platte, sondern um das Weiterverwenden schon verbauten Betons.

Was freilich geprüft worden sei, so Vicki Felthaus. Aber man hätte die geplante neue Kita in den alten Raumstrukturen nicht unterbringen können. Es ging auch um Flächeneffizienz. Und in Abwägung der Varianten war ein Neubau aus Sicht der Stadt der günstigere Weg.

Aber auch die Grünen sahen das Anliegen des von Franziska Riekewald (Linke) vorgetragenen Änderungsantrags – schrieben aber lieber noch kurz vor der Sitzung einen eigenen Änderungsantrag, der nicht zwingend auf den Erhalt des alten Plattenbaus zielt, sondern den OBM damit beauftragt, eine Weiterverwendung der alten Bausubstanz zu prüfen.

Denn die alte Kita bleibt ja erst einmal als Interim erhalten. Die Kinder können quasi aus dem Altbau zuschauen, wie daneben der Neubau bis 2024 hochgezogen wird. Der Änderungsantrag der Grünen schloss den Neubau nicht aus. Was dann AfD-Stadtrat Christian Kriegel völlig durcheinanderbrachte.

Da war dann nur noch die Frage, welcher Änderungsantrag vielleicht eine Mehrheit finden würde. Aber da OBM Burkhard Jung noch einmal die Konsequenzen für den Linke-Antrag deutlich machte, hatte der dann in der Abstimmung keine Chancen mehr und wurde mit 12:41 Stimmen abgelehnt.

Anders war es mit dem von Tobias Peter (Grüne) vorgestellten Änderungsantrag, der im Grunde ein Ergänzungsantrag war. Aus Verwaltungssicht ein Prüfauftrag:

„Die Verwaltung prüft,

a) ob der vorhandene Gebäudekomplex ggf. teilweise erhalten und modernisiert sowie bedarfsweise durch Anbau/Aufstockung erweitert werden kann,

b) die Nachnutzung eines Wiederverwendungsprojektes einer der zahlreichen bereits sanierten Projekte des Typs Ratio 72 Kiga/Kikri 180/90 Plätze mit insgesamt bis zu 270 Plätzen

und bezieht in die Prüfung die Ergänzung von Gründächern und Photovoltaikanlagen ein.“

Der Kern des Linke-Antrags war also darin enthalten, ohne dass dadurch der sofortige Baubeginn für die neue Kindertagesstätte verhindert worden wäre.

Diesen Weg konnte dann eine Stadtratsmehrheit mitgehen. Der Änderungsantrag der Grünen bekam eine deutliche Mehrheit von 30:19 Stimmen bei fünf Enthaltungen. Was eben auch davon erzählt, dass einer deutlichen Mehrheit in der Ratsversammlung inzwischen bewusst ist, dass man bei jedem einzelnen Bauprojekt der Stadt immer stärker auf die Energie- und Umweltbilanz schauen muss.

Die Vorlage selbst bekam dann 46 Stimmen bei fünf Enthaltungen. Die neue Kita kann für 8,9 Millionen Euro also gebaut werden. Und 2024 können dann 235 Kinder in die neuen Räume einziehen, davon 75 Krippenkinder.

Die Debatte vom 20.01.2022

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