In Probstheida geht die Unruhe um. Auch hier wird spürbar, dass sich die Stadt verdichtet. An der Ecke Wunderlich-, Crednerstraße plant die LWB ein neues Wohnquartier. Bislang ist da ein großer Parkplatz mit Dutzenden alter Bäume. Und die Anwohner sind in Sorge, dass nun ein wichtiges Stück Grün vor ihrer Haustür verschwindet: „Drei große alte Bäume, die fast 90 Jahre alt sind, weitere Bäume, die 2004 gepflanzt worden sind“. Dazu Blühwiesen und „ein Großteil der Einwohnerparkplätze“.

Dabei wurde das Projekt schon deutlich nachgebessert. Das sehen auch Reinhard und Birgit Zander aus der Wunderlichstraße: „Nach dem ersten Entwurf sollten fast alle alten Bäume gefällt werden, aber nachdem die LWB ihren Entwurf überarbeitet hat, sind es nach Ihrer Auffassung nur noch drei. Immer noch drei zu viel. Aber wir hoffen auf das Amt für Stadtgrün und Gewässer, Abteilung Baumpflege, dass sie dieser Abholzung aller Bäume nicht zustimmt.“

Geplant hat die LWB hier eine Bebauung mit vier Vollgeschossen. In den acht Häusern sind insgesamt 102 Wohnungen geplant (Wohnungsmix 2- bis 5-Raum), davon 38 Wohnungen barrierefrei und 15 Wohnungen barrierearm, so das städtische Wohnungsbauunternehmen zum 2021 veröffentlichten Wettbewerbsergebnis. Und: „Im Untergeschoss sollen 70 Pkw-Stellplätze und 170 Fahrradstellplätze untergebracht werden.“

Was wird mit den Parkplätzen?

„Auch der ersatzlose Wegfall von einem Großteil der Parkplätze (jetzt 78) wird von der LWB hingenommen, Stellplatzverordnung hin oder her – interessiert auch nicht – obwohl im unmittelbaren Umfeld das Berufsschulzentrum angesiedelt ist, mit über 1.600 Berufsschülern + Pädagogen + technisches Personal. Das Berufsschulzentrum hat ungefähr 100 Parkplätze, also wird es in Berufsschulzeiten schon sehr eng auf unseren Straßen“, so Reinhard und Birgit Zander, die ein Problem darin sehen, dass nicht ausreichend informiert wird.

Zu sehen sind hauptsächlich von LWB-Mietern genutzte Parkflächen. Foto: Sabine Eicker
Hauptsächlich von LWB-Mietern genutzte Parkflächen. Foto: Sabine Eicker

Wir haben natürlich bei der LWB nachgefragt. Und so manches Detail hat sich auch seit 2021 weiter verändert, so Samira Sachse, Pressesprecherin der LWB: „Der bestehende Parkplatz mit knapp 90 Stellplätzen wird derzeit vor allem durch die Bewohner der LWB Häuser genutzt.

Fürs Parken waren im ursprünglichen Architektenentwurf für den Neubau in der Tiefgarage etwa 70 Stellplätze geplant. Um den bestehenden Baumbestand zu erhalten und dessen Wurzelbereiche zu schützen, wurde die Tiefgarage auf 34 Stellplätze verkleinert. Im Rahmen des Neubauvorhabens sollen zudem deutlich mehr Fahrradstellplätze entstehen als nach den geltenden Richtlinien vorgesehen. Im Untergeschoss wird es 216 Fahrradstellplätze geben und im Außenbereich weitere 30.“

Was wird mit den Bäumen?

Was die Frage nach dem Baumbestand aufwirft. Was davon wird künftig erhalten? Samira Sachse: „Neuer Wohnraum versus Erhalt der Bäume: Der LWB ist der Zielkonflikt bewusst. Deshalb wurde im Zuge der Planung nach Lösungen gesucht, wie trotz Neubau so viele Bäume wie möglich erhalten werden können. Dafür wurden Wurzelgutachten erstellt und das Gebäude weiter ins Grundstück verrückt. Dadurch können bis auf drei Ausnahmen die großen Bäume erhalten werden sowie die straßenbegleitende Baumallee nicht nur erhalten, sondern ergänzt werden. Aufgrund des Erhalts der Straßenbäume wurde außerdem das Konzept des zweiten Rettungsweges angepasst.

Vor den Häusern entstehen zusätzliche Grünbereiche. Die Hinterhöfe werden begrünt, ebenso die Dächer der Gebäude. Zudem ist eine Fassadenbegrünung geplant.“

Offene Frage: Bürgerbeteiligung

Bleibt trotzdem die Frage nach der Bürgerinformation. Denn in der Pressekonferenz zum Jahresabschluss 2022 der LWB wurde auch die Wunderlichstraße als eines der bald anzupackenden Bauprojekte de LWB erwähnt. Wird also einfach losgebaut, ohne die Anwohner vorher einzubeziehen?

Das aber, so die LWB, sei Aufgabe der Stadt: „Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens obliegt dies dem Bauordnungsamt. Wenn nachbarschaftliche Belange berührt sind, findet stets eine Beteiligung im Rahmen des Verfahrens statt. Darüber hinaus wird es weitere Informationen nach der Befassung des Aufsichtsrates mit dem Projekt geben.“

Blick auf die Wunderlichstraße/Ecke Zweifelstraße. Foto: Sabine Eicker
Wunderlichstraße/Ecke Zweifelstraße. Foto: Sabine Eicker

Immerhin tangiert das nun wieder die Frage, ob die Wunderlichstraße demnächst tatsächlich so gebaut werden kann, wie geplant. IUnd dies mit der Hälfte der Wohnungen als geförderter Wohnraum.

„Der Wettbewerb fand 2021 statt. Ist das Projekt Crednerstraße/Wunderlichstraße bei den aktuellen Bedingungen am Baumarkt überhaupt noch so umsetzbar? Oder muss die LWB solche Bauprojekte jetzt verschieben oder gar anders planen?“, fragten wir die LWB.

Doch ein Stopp für die eigenen Bauprojekte ist aus Sicht der LWB derzeit nicht angeraten. Samira Sachse. „Die Nachfrage nach Wohnraum ist ungebrochen groß. Wir verweisen in diesem Zusammenhang zugleich auf die Eigentümerziele der Stadt Leipzig für die LWB, zum anderen auf die Einwohnerprognosen der Stadtverwaltung. Und ja, die Rahmenbedingungen fürs Bauen haben sich enorm verschlechtert. Dies stellt auch die LWB vor große Herausforderungen, nicht nur beim Neubau von Wohnungen.“

Aber wann will die LWB dann im Block Wunderlichstraße/Crednerstraße losbauen? In der Pressekonferenz im Juli sprach Geschäftsführerin Doreen Bockwitz von einem Projekt „kurz vor Start“, was dann in Probstheida durchaus den Eindruck erweckte, dass losgebaut wird, ohne dass die Anwohner noch einmal einbezogen werden.

Aber das scheint so schnell nicht zu passieren. Eine Bürgerbeteiligung jedenfalls steht noch aus, denn das Projekt betrifft die Anwohnerschaft direkt. Die Wunderlichstraße nämlich wird sich mit der neuen Bebauung auf beiden Seiten der Straße deutlich verändern. Und ein großes Stück der großen Wiese wird es dann tatsächlich so nicht mehr geben.

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Es gibt 11 Kommentare

@Rudi Bauer:
Man kann sich das alles schön rechnen. Fakt ist jedenfalls das die LWB wissend die nutzbaren Parkplätze ihrer eigenen Mieter verringert. Die dann notgedrungen auf den öffentlichen Raum ausweichen müssen.

Klar, die Bäume hatte ich nicht bedacht.
Könnte man höchstens Etagen tiefer bauen, dann wird es aber wieder überproportional teurer, nehme ich an.

Wenn ich als Ablöse für einen nicht gebauten Stellplatz 10.000 € zahlen muss, dann relativieren sich die Kosten doch schon wieder erheblich.
Wenn natürlich andererseits die Stadt die Anzahl der Plätze pro Wohneinheit verringert…

Ich habe im Übrigen einen AfA-Satz von 2% für neu gebaute Tiefgaragen gefunden.
Dann passt das sogar recht gut, oder?

@thomas_2
Wie viel darf denn der Stellplatz in der Tiefgarage kosten? In der Herstellung bist du je Stellplatz mal eben 15.000 – 25.000 Euro los (Kostenstand 2017) Je Stellplatz. Nur die Herstellung. Wenn der Stellplatz über 25 Jahre abgeschrieben wird, müsstest du also mindestens 1.000 Euro/Jahr wieder reinbekommen + die Kosten für den Betrieb. Da bin ich aber mal sehr gespannt, wer in Probstheida mal eben 150 – 250 Euro/Monat für einen PKW-Stellplatz in einer Tiefgarage löhnt und da macht der Betreiber noch nicht mal Gewinn.

@Thomas_2
Steht im Text, dass die Tiefgarage verkleinert wurde um den Baumbestand zu erhalten. Ich denke, wenn Tiefgaragen einfach zu bauen sind, wird dies auch gemacht. Aber mehr Plätze in einer Tiefgarage sind oftmals baulich oder platztechnisch gar nicht möglich.

Warum ist es ein Problem, in der sowieso geplanten Tiefgarage nicht einfach mehr Plätze zu bauen und diese gewinnbringend zu vermieten (also überhaupt bei allen Neubauten)? Es finden sich doch immer Menschen, die gern einen festen Stellplatz haben möchten. Die Autos wären dann von der Straße, selbst bezahlt, wie gern gefordert.
Das wäre doch DIE Lösung.

@fra
Ich bezweifle, dass die 78 Stellplätze aus der Zwischennutzung des zu bebauenden Grundstückes als Parkraum für Bewohner der benachbarten Bestandsgebäude einbezogen werden müssen, da diese Gebäude m.W. als Altbestand nicht unter die Stellplatzverordnung fallen dürften. Die könnten rasch gekündigt werden, ist ja kein Wohnraum. Vielleicht kann ein/e Wissende/r hier Klarheit schaffen. Weiterhin sind 0,5 bis 0,7 (nicht ein) Stellplatz je Wohneinheit zu schaffen, das ganze nochmals um 30 % verringert, weil ÖPNV in der Nähe. Dann noch ein, zwei Carsharing-Plätze und ein Teil der barrierefreien Wohnungen als Seniorenwohnungen deklariert und es werden es noch weniger. Am Ende reichen die 34 Stellplätze der kleinen Tiefgaragenlösung sogar aus.

@Rudi
Ist alles mit berücksichtigt worden. Laut Stellplatzverordnung wären es bei 102 Wohnungen, 102 Stellplätze + 78 Stellplätze der an deren LWB Gebäude die vernichtet werden. Macht 180 Stellplätze. Minus 30% = 126 Stellplätze. CarSharing vielleich 5 Autos macht 101 Stellplätze. Geschaffen in Tiefgarage 34 Stellplätze = 92 Stellplätze. Das heißt im es müssten 92 Fahrzeuge sich einen Platz im öffentlichen Raum suchen. Hört sich an als wenn Leipzig das Parkplatzproblem gerne noch verstärken möchte, da das genehmigt wurde.

@fra
Stellplätze, die nach der Stellplatzsatzung geschaffen werden müssten, aber für die es keinen Platz gibt, werden abgelöst. Heißt: Die LWB zahlt für jeden nicht errichteten Stellplatz einen Betrag von ca. 10.000 Euro an die Stadt.
Wie viele Stellplätze geschaffen werden müssen, ist nicht so leicht zu bestimmen. Das hängt von mehrere Faktoren ab. Positiv für die LWB dürfte sich die Nähe zur Haltestelle Probstheida auswirken. Wegen der guten ÖPNV-Erschließung reduziert sich die Pflichtanzahl um ca. 30%. Zudem könnte es sein, dass mit einem CarSharinganbieter ein Vertrag über Stellplätze geschlossen wird. Hier ist eine weitere Reduktion um 5 Stellplätze je CarSharingfahrzeug möglich.

Wie das mit der Stellplatzverordnung passt verstehe ich auch nicht.
Erste Version 102 Wohnungen + 70 Stellplätze – 78 Stellplätze
Zweite Version 102 Wohnungen + 34 Stellplätze – 78 Stellplätze
Auch die 216 Fahrradstellplätze + Außenbereich weitere 30 passen bei 102 Wohnungen nicht.

Dazu kommt noch:
” Samira Sachse, Pressesprecherin der LWB: „Der bestehende Parkplatz mit knapp 90 Stellplätzen wird derzeit vor allem durch die Bewohner der LWB Häuser genutzt.”
Das heißt den Mietern der LWB wird damit ihr Stellplatz genommen und die dürfen sich auch an die Straße stellen.

Da müssen also wieder die Bäume herhalten, wenn NIMBYS Angst um “ihre” Parkplätze haben.
Man könnte perspektivisch auch noch den Bereich an der Prager zwischen Thiersch- und Wunderlichstraße bebauen. Da ist heute auch nur ein häßlicher Parkplatz.

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