Auch um die Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH (LWB) machten die rasanten Entwicklungen der Baupreise und die Inflation 2022 keinen Bogen. Trotzdem hat das städtische Wohnungsunternehmen die Investitionen in den Bestand trotz deutlich verschlechterter Rahmenbedingungen auf hohem Niveau gehalten. Immerhin ein bisschen Stolz kann das Unternehmen auf sich sein, denn kontinuierlich baut es seit sechs Jahren wieder neue Wohnungen. Auch 2022 gab es keine Unterbrechung.

Beim Neubau wurde inzwischen die dritte Tranche – sie umfasst mehr als 900 Wohnungen – gestartet. Von 777 neuen LWB-Wohnungen in den vergangenen fünf Jahren wurden drei Viertel gefördert und damit für Menschen mit kleinem Budget „reserviert“. Was aber im Umkehrschluss bedeutet, dass auch die LWB keine mitpreisgebundenen Wohnungen bauen kann, wenn das Land nicht genug Fördermittel bereitstellt. Rund 50 Millionen Euro an Fördermitteln hat die LWB seit 2017 in ihre Neubauten investiert. Von den 424 im Jahr 2022 fertiggestellten Wohnungen waren alle gefördert. Und sie sind auch schon fast komplett vermietet, bestätigte Doreen Bockwitz am Donnerstag, 6. Juli. Sie ist bei der LWB für die Bauvisionen zuständig.

2023 sollen weitere 468 Wohnungen fertigwerden – auch hier gibt es einen geförderten Anteil von 65 Prozent. 2024 wird es wieder unsicher, ob und wie viele Fördergelder die LWB für den sozialen Wohnungsbau bekommt. Geplant sind 443 Wohnungsfertigstellungen.

Neuer Höchstwert bei Sanierungen

Parallel setzt die LWB ein ambitioniertes Sanierungsprogramm um, investiere in Klimaschutz und Quartiersentwicklung. Thomas Dienberg, Aufsichtsratsvorsitzender der LWB: „Unser städtisches Wohnungsunternehmen ist und bleibt mehr als ein Vermieter.“

„2022 war ein weiteres Jahr voller großer Herausforderungen. Dass wir dennoch alles geschafft haben, ist das Werk der gesamten Mannschaft, unserer Auftragnehmer und Partner“, erklärt Doreen Bockwitz. „Wir haben drei weitere Neubauprojekte mit insgesamt 424 geförderten Wohnungen und zwei integrierten Kitas überpünktlich fertiggestellt. Mit der Grundsteinlegung für den Neubau von 123 geförderten Wohnungen in der Gaußstraße wurde die dritte Neubauetappe gestartet.“

LWB-Geschäftsführerin Doreen Bockwitz. Foto: Sabine Eicker
LWB-Geschäftsführerin Doreen Bockwitz. Foto: Sabine Eicker

Aktuell werden die Grundsteinlegungen für Neubauvorhaben in der Mockauer Straße, in der Robert-Schumann-Straße und in der Samuel-Lampel-Straße vorbereitet. Die Tiefbau- und Verbauarbeiten in der Shakespearestraße haben begonnen und die Bodenplatte für das erste Haus ist hergestellt. Zudem laufen die Vorbereitungen für vier weitere Vorhaben in der Johannisallee, in der Meißner Straße, in der Wunderlichstraße und in der Judith-Auer-Straße.

Im Sanierungsbereich hat die LWB im zurückliegenden Jahr insgesamt 675 Plattenbauwohnungen
fertiggestellt, so viele wie noch nie zuvor binnen eines Jahres. 2023 sollen es 711 sein. So befinden sich fast 1.000 Wohnungen in Häusern, die aktuell saniert werden. Es handelt sich mit Ausnahme von 40 Einheiten in der Südvorstadt um Plattenbauquartiere.

Nicht in diesen Zahlen enthalten ist das größte derzeitige Sanierungsprojekt Gerberstraße 14-16 im Zentrum – gleich hinterm Hotel Astoria –, welches nach mehrjährigen Bauarbeiten zum Jahreswechsel Anfang 2024 fertig sein soll. Hier gibt es ab dem kommenden Jahr 274 moderne Appartements zu vermieten.

Energieeffizienz und Fernwärme

Die geplante Investitionssumme für den Sanierungsbereich steigt auch in 2023. Bestandteil der komplexen Sanierungsprojekte sind Maßnahmen für eine Verbesserung der Energieeffizienz und zur Reduzierung der Kohlendioxidemissionen. Ergänzt werden diese Klimamaßnahmen durch die verstärkte Nutzung von regenerativer Energie. Im Ausbau befindet sich die Sonnenenergienutzung auf den Dächern der LWB-Häuser. Aktuell gibt es 84 Photovoltaikanlagen mit 2,96 MWp. Durch die Stromerzeugung mit Sonnenkraft können pro Jahr 1.171 Tonnen Kohlendioxid eingespart werden. Der Ausbau wird fortgesetzt.

„Die LWB ist wichtiger Partner bei der Wärmewende in der Stadt“, betonte am Donnerstag bei der Pressekonferenz der LWB anlässlich der Feststellung des Jahresabschlusses der GmbH durch die Gesellschafterversammlung am 6. Juli 2023 auch Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung. „Neben dem Bau neuer und vor allem bezahlbarer Wohnungen wird die energetische Sanierung und die Umsetzung einer kohlendioxidfreien Wärmeversorgung für die LWB eine der wichtigsten Aufgaben der nächsten Jahrzehnte sein. Leipzig wird im Wärmesektor nur klimaneutral werden können, wenn die LWB mit ihrem großen Wohnungsbestand wichtige Meilensteine setzt.“

OBM Burkhard Jung bei der LWB-Pressekonferenz am 6. Juli. Foto: Sabine Eicker
OBM Burkhard Jung bei der LWB-Pressekonferenz am 6. Juli. Foto: Sabine Eicker

84 Prozent der Wohnungsbestände der LWB sind heute schon ans Fernwärmenetz der Leipziger Stadtwerke angeschlossen. Für die verbleibenden Bestände müsse geprüft werden, ob auch sie an die Fernwärme angebunden werden können oder eine andere Form der nicht-fossilen Wärmeversorgung bekommen können.

Denn auch für die LWB gelte – so Bockwitz – die Herstellung der Klimaneutralität bis 2040.

Auch die LWB fährt jetzt auf Sicht

Aber ohne Förderprogramme und günstige Kredite schrumpft auch der Spielraum der LWB: Man habe zwar – anders als viele private Wohnungsunternehmen – 2022 kein Bauprojekt stoppen müssen, so Kai Tonne, LWB-Geschäftsführer Finanzen und Vermögenssteuerung.

„Für all unsere Engagements ist die wirtschaftliche Stabilität des Unternehmens die Basis“, betonte Doreen Bockwitz, LWB-Geschäftsführerin Wohnungswirtschaft und Bau. Derzeit fahre die LWB bei ihren Investitionsentscheidungen mehr denn je „auf Sicht“. Das werde in Zukunft nicht anders sein. Bockwitz: „Wir beobachten den Markt sehr genau. Hier gibt es viele Einflussfaktoren, darunter die Baupreise, die Entwicklung des Zinsniveaus, Klimaschutzanforderungen und beispielsweise der wachsende Fachkräftemangel.“

Zugleich habe die LWB bezahlbare Mieten sicherzustellen und könne daher nicht um jeden Preis bauen oder sanieren.

„Wir haben mit den gleichen Herausforderungen zu tun wie alle anderen Branchenunternehmen auch“, erklärte Kai Tonne, LWB-Geschäftsführer Finanzen und Vermögenssteuerung. Im Unterschied zu anderen Vermietern habe die LWB aber zugleich im Auftrag der Stadt für vielfältige soziale Themen Verantwortung übernommen. Auch dies sei nicht zum Nulltarif machbar. „Alles, was wir einnehmen, investieren wir in unsere Bestände und Quartiere, in soziale und nachhaltige Projekte, den Klimaschutz und die Modernisierung der Services. Deshalb können wir es uns einfach nicht leisten, unwirtschaftlich zu sein“, so Tonne.

Moderate Mietentwicklung

„Bei der Mietenentwicklung hat die LWB weiterhin sehr zurückhaltend agiert“, so Bockwitz. Die durchschnittliche Nettokaltmiete pro Quadratmeter stieg 2022 im LWB-Kernbestand (ohne Neubau) gegenüber dem Vorjahr um knapp zwei Prozent auf 5,69 Euro. Beim Gesamtbestand betrug das Plus 2,5 Prozent auf 5,73 Euro pro Quadratmeter. Beim Leerstand hat es mit 5,38 Prozent in 2022 gegenüber dem Vorjahreszeitraum eine Seitwärtsbewegung gegeben. Beim Kernbestand ist der Wert auf 4,55 Prozent (4,75 Prozent) gesunken.

Und selbst die nicht geförderten Neubauwohnungen kann die LWB für 8,96 Euro je Quadratmeter vermieten – das ist für Neubauwohnungen in Leipzig ein guter Wert, betont Tonne.

Darüber hinaus hat die LWB am Standort Hafenstraße erste Balkonkraftwerke installiert. „Das Interesse unserer Mieterinnen und Mieter ist riesig. Sie informieren sich schon jetzt über die Möglichkeit, Photovoltaikanlagen auf ihren Balkonen zu installieren“, sagt Kai Tonne.

Mit Blick auf entsprechende Förderungen für solche Anlagen versprach Tonne, dass die LWB ihre Mieterinnen und Mieter bestmöglich bei der Beantragung unterstützen werde. Für die LWB sei dies ein Beitrag zur Erreichung der Klimaneutralität. „Über die Engagements zur Reduzierung der Treibhausgase und darüber hinaus über alle Aktivitäten für eine nachhaltige Unternehmensführung und -entwicklung gibt der LWB Nachhaltigkeitsbericht für das Geschäftsjahr 2022 Auskunft. Enthalten ist zudem ein Überblick über die vielfältigen sozialen Engagements der LWB in Leipzig“, so der Geschäftsführer.

Das Geschäftsjahr 2022 in Zahlen

Im zurückliegenden Jahr lag das Geschäftsergebnis der LWB vor Steuern bei 8,4 Millionen Euro (2021 waren es 10,1 Millionen Euro). Das Jahresergebnis betrug vor allem dank Sondereinflüssen 30,8 Millionen Euro (2021: 32,8 Millionen Euro).

Mit 1,482 Milliarden Euro markiert die Bilanzsumme einen neuen Spitzenwert.

„Zugenommen um 52,5 Millionen Euro hat das Volumen der Verbindlichkeiten“, merkte Kai Tonne freilich auch an. Von 806 auf 859 Millionen Euro. Dieser Wert spiegele zugleich die hohe Investitionsdynamik wider. Andererseits ist Tonne froh, das sich die LWB diesen Spielraum für Investitionen überhaupt erarbeitet hat.

So stiegen laut Geschäftsführerin Doreen Bockwitz die Bauausgaben auf 115,6 Millionen Euro (2021: 113 Millionen Euro). 2023 solle es sogar 142 Millionen Euro werden.

Der Instandhaltungsaufwand pro Quadratmeter habe mit 30 Euro (2021: 24 Euro) pro Quadratmeter einen neuen Rekord markiert. Dank Fertigstellung weiterer geförderter Wohnungen ist die Gesamtzahl der Wohnungen im Bestand der LWB auf 36.536 im Jahresdurchschnitt (36.733 zum Stichtag 31.12.2022) gewachsen.

Teil der Jahresbilanz ist der Vergabebericht. Ein Resultat: Im Jahr 2022 wurde ein Auftragsvolumen in Höhe von fast 216 Millionen Euro vergeben, was einem Plus von 13,3 Prozent gegenüber 2021 entspricht. Davon waren allein 147 Millionen Euro Bau- und Planungsleistungen, mehr als 36 Millionen Euro Liefer- und mehr als 32 Millionen Euro Dienstleistungen.

Hinsichtlich der Gesamtsumme des Auftragsvolumens liegt der Anteil, der an Auftragnehmer in der mitteldeutschen Region ging, bei beachtlichen 89 Prozent. Das heißt konkret, dass die Wertschöpfung weitgehend vor Ort erfolgt ist, viele Arbeitsplätze gesichert, regionale Kreisläufe gestärkt und weite, klimaschädliche Transportwege vermieden werden konnten.

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