Eigentlich bringt es nichts, über AfD-Anträge im Leipziger Stadtrat zu berichten. Nicht, weil sie in der Regel von der Mehrheit abgelehnt werden. Sondern weil sie exemplarisch zeigen, wie lokale Stadtratsarbeit gerade nicht funktioniert. So auch am 15. Januar zu erleben mit dem AfD-Antrag „Aufstellung eines Verkehrsspiegels an der Kreuzung ‚Althener Straße/Kirchweg/Hirschfelder Straße‘“. Ein Antrag, über den insbesondere die Fraktionsvorsitzende der SPD-Fraktion Anja Feichtinger berechtigterweise ziemlich sauer war.
Ursprünglich hätte nämlich ein Antrag aus dem Ortschaftsrat Engelsdorf auf dem Tisch liegen sollen. Denn die Verkehrssituation in Althen (das zum Gebiet des Ortschaftsrats Engelsdorf gehört) ist seit Jahren Thema im Ortschaftsrat. Gerade am Althener Kreisel wird das deutlich, wo die Situation nicht nur für Autofahrer stellenweise unübersichtlich ist, sondern auch für Fußgänger. Aber das liegt nicht nur an einem fehlenden Spiegel. Hier muss mehr getan werden.
Und so stellte es der Ortschaftsrat Engelsdorf auch in seiner Sitzung am am 4. November 2024 fest: „Gemäß Beschluss der Sitzung vom 21.10.2024 legt ORin Seidel eine Neufassung vor, die die Prüfung eines Gesamtkonzeptes zur sicheren Verkehrsführung zum Inhalt hat. Darin aufgenommen werden sowohl frühere Vorschläge zu alternativen Fuß- und Radwegen als auch Maßnahmen wie Zebrastreifen, Verkehrsspiegel u. ä., da auch viele Schulkinder diesen Weg nutzen.
Die Ortschaftsräte befinden, dass im Vorfeld der weiteren Beratung des Antrages eine Vor-Ort-Besichtigung angeraten sei. Vorgeschlagen wird: 14.01.2025, möglichst 15:30 Uhr, mit Vertretern des Ordnungs- und des Mobilitäts- und Tiefbauamtes.“
Ein Verkehrsspiegel ist nicht die Lösung
Anja Feichtinger ist für die SPD Mitglied im Ortschaftsrat Engelsdorf, Marius Beyer für die AfD. Und statt sich an den einstimmigen Beschluss des Ortschaftsrates zu halten, schrieb Marius Beyer dann seinen eigenen Antrag allein zu einem Verkehrsspiegel und verkündete ihn am 15. Januar in der Ratsversammlung, als wäre er allein derjenige, der sich in irgendeiner Weise für die Verkehrssicherheit in Althen ins Zeug lege.
Was die SPD-Stadträtin Anja Feichtinger gleich zweimal dazu brachte, sich zu Wort zu melden, weil Beyers Antrag eindeutig dem einstimmigen Votum des Ortschaftsrats zuwiderlief, eine Gesamtlösung für die Verkehrssicherheit – zusammen mit dem Mobilitäts- und Tiefbauamt – zu finden.
Und zwar nicht nur für die Autofahrer, die hier gern mit überhöhter Geschwindigkeit durch den Ort rollen, sondern auch und gerade für die schwächeren Verkehrsteilnehmer, insbesondere Kinder auf ihrem Schulweg. Da hilft ein Verkehrsspiegel allein gar nicht.
In seiner Stellungnahme stellte das Mobilitäts- und Tiefbauamt (MTA) übrigens fest, dass man zweimal geprüft hat, ob ein Verkehrsspiegel hier Sinn ergibt – 2021 und 2024. Und beide Male kam das Amt zu dem Schluss, dass eine Aufstellung nichts bringt.
Aber Beyer blieb stur, ignorierte auch das Gesprächsergebnis vom 14. Januar, wo die Mitarbeiter des Mobilitäts- und Tiefbauamtes mit dem Ortschaftsrat vor Ort waren. Gleichzeitig orakelte er eine Unfallhäufung herbei, welche die Stadt schlicht nicht bestätigen konnte: „Der Antrag wird abgelehnt, da die Einmündung im Unfallgeschehen unauffällig ist, sich in den Sichtverhältnissen nicht von anderen Einmündungen unterscheidet und Verkehrsspiegel auch zu Fehleinschätzungen führen können“, so das MTA.
Keine auffällige Unfallhäufung
Das Mobilitäts- und Tiefbauamt stellte in seiner Stellungnahme fest: „An der Kreuzung Althener Straße/Kirchweg/Hirschfelder Straße ereigneten sich im Zeitraum von 01.01.2021 bis 31.07.2024 insgesamt zwei Unfälle durch Nichtbeachten der Vorfahrt. Einer davon aus Richtung Hirschfelder Straße mit der Absicht links in die Althener Straße abzubiegen (beinhaltet nicht den o.g. Einmündungsbereich). Aufgrund dessen ist davon auszugehen, dass der Einmündungsbereich Althener Straße/Kirchweg unauffällig ist.“
Aber Beyers Vorgehen zeigte einmal mehr, wie die AfD-Fraktion zu einigen Anträgen kommt: Man schleppt Themen, die in einem Ortschaftsrat beschlossen oder auch vertagt wurden, einfach als eigenen Antrag in den Stadtrat und tut so, als kümmere man sich besonders um die Ortschaften am Stadtrand. In diesem Fall wurde auch gleich noch der gemeinsame Beschluss im Ortschaftsrat Engelsdorf negiert.
Das ist nicht nur eine Ohrfeige für alle anderen Ortschaftsratsmitglieder, die aus guten Gründen zu sachgerechten Beschlüssen kommen. Es zeigt auch, dass es der AfD-Fraktion überhaupt nicht um Lösungen geht. Um sinnvolle und fachlich abgestimmte Lösungen schon gar nicht. Nicht einmal die CDU-Fraktion, die sich auch gern für die Ortschaften im Osten engagiert, fühlte sich geneigt, dem Antrag von Marius Beyer zuzustimmen. Der wurde mit einer deutlichen Mehrheit von 14 : 48 Stimmen abgelehnt.
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Es gibt 2 Kommentare
Lustig, war mir gar nicht so bewusst.
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Aber warum man nicht einfach diesen doofen Spiegel hinbauen kann, wenn er sich gewünscht wird, verstehe ich auch nicht. Woanders werden zweifelhafte Ampeln für 300.000 € aufgebaut, und dort soll es am Spiegel scheitern. Schadet er denn jemandem?
Ach die arme Anja Feichtinger könnte einem leidtun, wenn sie den selben Dickmove nicht im vergangenen Jahr selbst durchgezogen hätte.
Da musste der Stadtrat ganz dringend im September über ihren Schaufensterantrag im Zuge der Kommunalwahl 2024 zu einem Parkhaus in Anger-Crottendorf (VII-A-09860-NF-02) abstimmen. Feichtinger wusste aber auch als Mitglied im FA Stadtentwicklung und Bau, dass die Stadtverwaltung in dieser Sache schon wesentlich weiter ist. Aber sie zog ihren Antrag eben nicht zurück, dass was sie auch Beyer am vergangenen Mittwoch vorwarf. Und so kam es wie es kommen musste. Der Verwaltungsstandpunkt wurde abgestimmt und bekam auch eine Mehrheit.
Die LZ hatte auch über den Vorgang berichtet: “Der Stadtrat tagte: Die Stadt baut garantiert keine Quartiersgarage in Anger-Crottendorf”.