Der Ukraine-Krieg hat es endgültig für alle sichtbar gemacht, wohin 16 Jahre Stillstand in der deutschen Energiepolitik geführt haben: Das Land ist extrem abhängig von russischen Gas-, Öl- und Kohlelieferungen. Aber nicht nur der Bundeswirtschaftsminister hat damit ein Problem. Auch Leipzig steckt in der Klemme. Die Grünen machen deshalb Druck: Leipzig braucht jetzt eine Task Force „Energiewende“.

Ein Klimaschutzreferat hat die Stadt ja inzwischen, nachdem die Ratsversammlung 2019 offiziell den Klimanotstand für Leipzig ausgerufen hat. Aber zum Klimanotstand gehört eben auch, dass Leipzig nach wie vor jedes Jahr für Millionen Tonnen CO₂ in der Atmosphäre verantwortlich ist. Was einerseits mit der nicht vollzogenen Mobilitätswende zu tun hat, die nach wie vor für wachsende Zahlen von Kraftfahrzeugen auf Leipzigs Straßen sorgt.

Aber noch dringlicher ist der Ausstieg aus der fossilen Strom- und Wärmeversorgung. Dazu gab es inzwischen mehrere Anträge im Stadtrat, aber ganz unübersehbar fehlt dafür eine strategische Einheit, die den Umbau der Leipziger Energieversorgung konzentriert in die Hand nimmt.

Ukraine-Krieg forciert Handlungsdruck

„Klimaneutrale Wärmeversorgung bis 2038 (eventuell schon bis 2035) und klimaneutrale Stromversorgung bis spätestens 2040 ist als Ziel für Leipzig gesetzt. Hinzu tritt unter dem Eindruck des Überfalls auf die Ukraine ein massiver Handlungsdruck für die Erreichung einer strategischen Souveränität im Energiebereich durch den Ausbau erneuerbarer Energien. Damit die Stadt dieses Ziel erreicht, muss die Umsetzung der Leipziger Energie- und Klimaschutzpläne umgehend forciert werden“, schreibt die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen in ihrem Antrag.

„Mit Einrichtung des Referats Nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz (RNEK) sowie dem Kernteam Klimaschutz wurden wichtige personelle Voraussetzungen für die anstehenden Herausforderungen geschaffen. Da Klimaschutz eine Querschnittsaufgabe ist und einzelne Maßnahmen häufig die Mitwirkung verschiedener Ämter und städtischer Beteiligungsunternehmen erfordern, besteht die Gefahr, dass wichtige Planungs- und Umsetzungsschritte ins Stocken geraten. Um dem entgegenzuwirken, schlagen wir vor – analog zur erfolgreich arbeitenden Task Force ‚Kita- und Schulhausbau‘ – eine ‚Task Force Energiewende‘ einzurichten, die sich vorrangig den zentralen Bausteinen der Leipziger Energie- und Klimapolitik mit großem Treibhausgasreduktionspotential und erhöhtem Abstimmungsbedarf zuwendet”, betonen die Grünen.

„Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs und der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland kommt auch dem Energiesparen eine herausgehobene Bedeutung zu, wie der Aufruf der EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen zum Energiesparen deutlich macht. Parallel zum beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien müssen genauso Energie-Einsparmaßnahmen dringend in den Fokus genommen werden. Dafür bedarf es noch stärker als bisher Aufklärungskampagnen zur Energieverbrauchsreduzierung und der konsequenten Umsetzung von Maßnahmen energetischer Sanierung.“

Klarer Auftrag an OBM Burkhard Jung

Dabei geht es auch um das Vorantreiben einzelner Projekte, die künftig Teil einer völlig neun Leipziger Energielandschaft werden sollen. Die Grünen erwähnen ganz konkret die schon länger geplante Solarthermie-Anlage Lausen: „Als Pilotprojekt einer solchen ‚Task Force Energiewende‘ kann kurzfristig der Bau der Solarthermie-Anlage Lausen dienen, welche ein zentraler Baustein des EU-geförderten Projektes SPARCS ist. Der Bau dieser Anlage hat sich zeitlich aufgrund von zahlreichen Planungs- und Genehmigungsschritten, die ämterübergreifendes Handeln notwendig machen, stark verzögert. Da die Solarthermie-Anlage Lausen als die größte thermische Solaranlage Deutschlands gilt, sollte dieses Projekt auch schnellstmöglich zum Erfolg geführt werden.“

Und da die nötigen Leute eigentlich schon da sind und innerhalb der Verwaltung nur zusammengebunden werden müssen, wünschen sich die Grünen: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, zur Steigerung von Energie-Einsparmaßnahmen sowie zur Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien (EE) im Raum Leipzig bis zum Ende des 3. Quartals 2022 eine ‚Task Force Energiewende‘ unter seiner Leitung zu bilden. – Der Task Force sollen das Referat Nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz, das Kernteam Klimaschutz, die entsprechend involvierten Ämter und Referate sowie Entscheidungsträger/-innen der L-Gruppe sowie ggf. weiterer kommunaler Unternehmen angehören.“

Keine Fortschritte – das sorgt für Frust

Ziel ist, durch einen „gestrafften Planungs- und Genehmigungsprozess (…) eine Zeitersparnis um bis zu 50 Prozent“ bei der Verwirklichung wichtiger Energieprojekte zu erreichen. Außerdem soll die Koordinierungsstelle alle verfügbaren Fördergelder für solche Projekte beim Land, bei Bund und bei der EU einwerben.

Ferner soll „ein transparentes Monitoring-System mit regelmäßiger Berichterstattung im Stadtrat etabliert werden.“ Denn die bislang erfolgte Berichterstattung Leipzigs zur Klimakommune war zuletzt nur noch frustrierend, weil überhaupt keine Fortschritte bei der Senkung der CO₂-Emissionen zu sehen waren. Was freilich nur verständlich ist, wenn man eben nicht parallel ein strukturiertes Umbauprogranm für die Leipziger Energielandschaft laufen hat.

„Ziel der Task Force ist es, eine zügige Umsetzung der Maßnahmen aus dem Sofortmaßnahmenprogramm zum Klimanotstand 2020 sowie dem Energie- und Klimaschutzprogramm 2030 zu gewährleisten. Maßnahmen mit großer Treibhausgaseinsparung und umfangreichem, ämter-/ressortübergreifendem Abstimmungsbedarf sind dabei zu priorisieren“, fordern die Grünen.

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Die Dampfwolken über dem Uni-Gebäude sind übrigens wirklich nur Wasserdampfwolken.
Sie gehören zu den Rückkühlwerken der Uni-Kälteanlage.
Als Energieeinsatz gibt es hier nur Strom und Fernwärme.

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