Während einige Politiker in Sachsen noch immer der Idee anhängen, das Braunkohlezeitalter konnte noch bis 2038 weitergehen – im mitteldeutschen Revier bis 2035 -, ist der große Kohlekonzern LEAG längst dabei, neue – alternative – Erzeugerkapazitäten aufzubauen. Mit der Mitteldeutschen Netzgesellschaft Gas mbH (MITNETZ GAS) mit Sitz in Kabelsketal hat die LEAG jetzt einen Kooperationsvertrag zum Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur geschlossen.

Beide Unternehmen unterzeichneten am Freitag, 18. Februar, in Dresden im Beisein des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer einen Vertrag, der eine enge Zusammenarbeit bei der Entwicklung von wegweisenden Wasserstofflösungen für das Lausitzer und das Mitteldeutsche Revier vorsieht. In der Lausitz betreibt die LEAG nicht nur die Kraftwerke, sondern auch die zugehörigen Tagebaue.

Im Mitteldeutschen Revier ist die MIBRAG Tagebaubetreiber, die LEAG aber besitzt einen der beiden Kraftwerksblöcke im Kraftwerk Lippendorf.

Der inhaltliche Bogen des Vertrags spannt sich von der Erzeugung über den Transport und die Verteilung bis hin zur Lieferung von grünem Wasserstoff an den industriellen Kunden. Ziel ist es, partnerschaftlich eine vollständige Wasserstoff-Wertschöpfungskette zur Dekarbonisierung der Regionen aufzubauen und so einen wichtigen Beitrag zur angestrebten Klimaneutralität in Deutschland bis 2045 zu leisten.

Kohleverbrennung ist schädlich und obsolet

Einen zusätzlichen Impuls für die Vereinbarung hat auch die erst am 18. Januar vom Regierungskabinett beschlossene Sächsische Wasserstoffstrategie gegeben. Denn Sachsen kann schlicht nicht mehr so tun, als würde es Energieland bleiben können, wenn es weiter auf die Verbrennung der Kohle setzt.

„Ob Sachsen Energieland bleibt, hängt auch vom Aufbau einer sächsischen Wasserstoffwirtschaft ab“, sagte Sachsens grüner Energieminister und stellvertretender Ministerpräsident Wolfram Günther bei der Gelegenheit.

„Zudem leistet der Aufbau einer sächsischen Wasserstoffwirtschaft große Beiträge für einen gelingenden Strukturwandel. Wir sind in der Pflicht, die Pariser Klimaziele einzuhalten. Wir müssen Kohle, Öl und perspektivisch auch Erdgas als Energieträger ersetzen. Dafür müssen wir Wasserstoff in allen Sektoren anwenden, jedoch aus Effizienz- und Kostengründen nur dort, wo direkte Elektrifizierung nicht möglich ist. Wasserstoff ist ein Baustein für eine nachhaltige und klimafreundliche Industrie, Mobilität, Wärme- und Energieversorgung. Um kostengünstigen grünen Wasserstoff in Sachsen verfügbar zu machen, muss jedoch die sächsische Energiewende endlich in Schwung kommen.“

Pilotprojekt am Kraftwerk Lippendorf

Der Verteilnetzbetreiber MITNETZ und der Bergbau- und Kraftwerksbetreiber LEAG haben sich auf eine Aufgabenverteilung verständigt. Die LEAG zeichnet für die Erzeugung des grünen Wasserstoffs verantwortlich. Die MITNETZ GAS ist für den Transport, die Verteilung und die Lieferung an den Kunden zuständig. Beide Unternehmen planen außerdem den Aufbau von gemeinsamen Aktivitäten im Bereich der regionalen Wasserstoffbereitstellung für Mobilitätslösungen.

Ein Pilotprojekt soll im Raum Lippendorf im Landkreis Leipzig entstehen. Weitere Projekte im Landkreis Leipzig befinden sich in der Prüfung, teilt die LEAG mit.

Testanlage in Sachsen-Anhalt

Die MITNETZ GAS betreibt in Teilen der Bundesländer Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ein rund 7.000 Kilometer langes Gasnetz, das schrittweise mit Wasserstoffbeimischungen befüllt und perspektivisch zu einem Wasserstoffnetz entwickelt werden soll. Das Unternehmen hat im Industriepark Bitterfeld-Wolfen in Sachsen-Anhalt schon eine Wasserstoff-Testanlage errichtet. Hier werden Transport, Verteilung, Anwendung und Nutzung von Wasserstoff durch Verbraucher untersucht.

Die LEAG hat im „H2-Regionenprojekt Lausitz“ in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsregion Lausitz GmbH und der Cottbusverkehr GmbH ein Modellprojekt in Cottbus zum Aufbau einer ersten dezentralen Wasserstofferzeugung inklusive Wasserstofftankstelle in der Lausitz vorangetrieben, das Modellcharakter für den Aufbau eines regionalen Wasserstoffmobilitäts-Netzwerkes haben soll.

Wasserstoff als Beitrag zum Klimaschutz

„Wir wollen eine schnelle Versorgung unserer Kunden im Netzgebiet mit klimafreundlichem Wasserstoff ermöglichen. Dies geht nicht im Alleingang. Wir brauchen dazu starke regionale Partner, die mit uns gemeinsam grüne Gase salonfähig und so Ostdeutschland als Standort noch attraktiver machen. Wir freuen uns sehr, mit der LEAG ein namhaftes Unternehmen für den Aufbau einer tragfähigen Wasserstoff-Wertschöpfungskette gewonnen zu haben und sind uns sicher, dass wir viele erfolgreiche Projekte umsetzen werden“, betont Dirk Sattur, technischer Geschäftsführer der MITNETZ GAS.

Ähnlich äußert sich Thorsten Kramer, Vorstandsvorsitzender der LEAG: „Intelligente und nachhaltige Wasserstoff-Energie-Lösungen sind ein wichtiges Standbein für eine erfolgreiche Energiewende in Deutschland und können ein Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele sein. Darum hat für die LEAG die Entwicklung sowie die wirtschaftliche Anwendung der Wasserstofftechnologie als Teil ihres Umbaus zu einem modernen, breit aufgestellten Energie-, Infrastruktur- und Service-Unternehmen einen besonderen Stellenwert. Wir freuen uns darauf, gerade hier im expandierenden Wirtschaftsraum Leipzig gemeinsam mit einem erfahrenen Partner wie der MITNETZ GAS am Aufbau eines grünen Wasserstoff-Verbundsystems der Zukunft arbeiten zu können.“

Kretschmers Sinneswandel

Die LEAG hatte schon im November gemahnt, die Transformation in der Energiegewinnung in Sachsen endlich zu forcieren.

Da stimmte Sachsens Politikspitze noch ein Lamento über die früheren Kohleausstiegspläne der neu gewählten Regierung an.

Aber augenscheinlich hat auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer seine Position mittlerweile überdacht: „Unser Ziel ist es, im Freistaat eine sächsische Wasserstoffwirtschaft über die gesamte Wertschöpfungskette zu etablieren. Die Kooperation von LEAG und MITNETZ GAS mit dem Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur von der Erzeugung über den Transport bis zur Lieferung an die Kunden ist dafür ein bedeutender Schritt. Mit ihrem gemeinsamen Engagement leisten LEAG und MITNETZ GAS einen wichtigen Beitrag für einen erfolgreichen Strukturwandel in den ostdeutschen Braunkohlerevieren. Das Lausitzer und das Mitteldeutsche Revier haben großes Potenzial, Schrittmacher und Impulsgeber bei erfolgversprechenden Zukunftstechnologien zu sein.“

Hinweis der Redaktion in eigener Sache

Seit der „Coronakrise“ haben wir unser Archiv für alle Leser geöffnet. Es gibt also seither auch für Nichtabonnenten alle Artikel der letzten Jahre auf L-IZ.de zu entdecken. Über die tagesaktuellen Berichte hinaus ganz ohne Paywall.

Unterstützen Sie lokalen/regionalen Journalismus und so unsere tägliche Arbeit vor Ort in Leipzig. Mit dem Abschluss eines Freikäufer-Abonnements (zur Abonnentenseite) sichern Sie den täglichen, frei verfügbaren Zugang zu wichtigen Informationen in Leipzig und unsere Arbeit für Sie.

Vielen Dank dafür.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Es gibt 2 Kommentare

…und eine Lokalzeitung für Leipzig hat damit WAS zu tun?
Das Globale oder Überregionale ins Lokale zu transferieren ist in dem Fall nicht so einfach. Vor allem frage ich mich, welche neuen Infos Sie dann hier erhoffen, die es nicht in den überregionalen Medien gibt.

die L-IZ kann über Demos berichten, und das tut sie doch. Siehe “Melder”. Wird ja nicht der letzte Artikel dazu sein.

https://www.l-iz.de/melder/wortmelder/2022/02/heute-mahnwache-12-00-uhr-und-kundgebung-demo-18-00-uhr-auf-dem-marktplatz-leipzig-435280

Schreiben Sie einen Kommentar