Vier Jugendtreffs wurde im Juni dieses Jahres der kommunale Geldhahn zugedreht. Der Grund: Es gab mehr Anträge auf Förderung, als das Budget zuließ. Linke, SPD und Grüne wollen nun retten, was geht und die Sicherung und Ausgestaltung der Einrichtungen künftig verbessern. Nach dem heutigen Beschluss wird die Stadt 80.000 Euro zusätzlich zum Jugendhilfeetat in diesem und im nächsten Jahr investieren. Für die geschlossenen Projekte ist es allerdings schon zu spät.

„Wir halten es für essenziell, Angebote für Kinder und Jugendliche und für gemeinwohlorientierte Nutzung zu erhalten. Gerade in Zeiten von Krisen, Konflikten, steigenden Preisen und sozialen Verwerfungen brauchen wir Räume und Projekte, die Solidarität und Gemeinwohl stärken“, so Juliane Nagel zur Begründung des Antrags.

Denn die Begründung gestaltete sich durchaus schwierig, wurde doch bereits eine einvernehmliche, wenn auch unangenehme Entscheidung im Jugendhilfeausschuss getroffen. Statt nach „Gießkannenprinzip“ (jeder Träger bekommt ein bisschen) sollte offensiver ausgewählt und dadurch die Angebotslandschaft insgesamt verbessert werden. Tatsächlich mussten drei von vier Treffs bereits schließen, nur die Kinder- und Jugendwerkstatt in Connewitz wird noch bis zum 30. September gefördert.

„Es geht ja nicht nach dem Windhund-Prinzip, sondern danach, dass das beste Projekt eine Förderung bekommt“, bekräftigte Michael Schmidt (Grüne) nochmal die Entscheidung des Jugendhilfeausschusses. Es habe strukturelle und organisatorische Gründe für die Entscheidung gegen diese bestimmten Projekte gegeben.

Was wird nun gefördert

Die 80.000 Euro sollen nicht in den Erhalt der bereits geschlossenen Projekte gehen. Stattdessen beschließt der Antrag eine monatliche Förderung von 10.000 Euro bis Ende Juni 2024 für das Mütterzentrum Leipzig e. V. Außerdem wird die Stadtverwaltung beauftragt, ab dem 1. Januar 2024 eine Fördergrundlage für Zero-Waste-Projekte für Jugendliche vorzulegen, sowie eine mögliche Nutzung des ehemaligen Kinder- und Jugendtreffs Böhlitz-Ehrenberg gemeinsam mit dem ansässigen Sportverein zu prüfen.

„Wir haben in den Mittelpunkt des Antrags nicht nur Projekte nach SGB VIII gestellt, sondern auch, zu schauen, wie Wiesen oder Parks offen genutzt werden können“, führte Christina März (SPD) aus. „So tritt man auch nicht in den Konflikt mit Nachbarn, die es nicht so schön finden, wenn es mal laut auf dem Basketballplatz ist. Das wollten wir mitdenken, indem wir schauen, wie es möglich ist, quartiersnah Angebote für junge Menschen zu schaffen.“

Auch Juliane Nagel stimmte diesem kleinen Kurswechsel zu: „Wenn der klassische Jugendtreff nicht mehr das Format ist, das die Jugendlichen heute nutzen, dann muss das angepasst werden, zum Beispiel in den Bereichen Nachhaltigkeit oder Geschlechtervielfalt.“

Steigende Kosten müssen künftig berücksichtigt werden

Die Kosten in der Kinder- und Jugendhilfeplanung steigen. Das liegt an der Inflation, aber auch an einer steigenden Zahl von Kindern und Jugendlichen in Leipzig, sowie steigenden Bedarfen. Dem müsse sich angepasst werden, bekräftigte Juliane Nagel. Genauso dynamisch wie die gesellschaftliche Lage müsse die Planung in der Kinder- und Jugendhilfe sein. Dementsprechend wolle man die integrierte Kinder- und Jugendhilfeplanung nicht unterlaufen, sondern aufstocken.

Teil des Beschlusses ist auch eine langfristige Planung, damit man im nächsten Jahr nicht wieder vor dem Problem steht, unangenehme Entscheidungen treffen zu müssen. Heißt: Das Geld im Jugendhilfeetat muss langfristig erhöht werden.

Kritik von CDU und AfD

Kritik hagelte es vonseiten der CDU und der AfD. Karsten Albrecht bezeichnete einige Punkte im Ausgangsantrag der Linken und SPD gar als möglicherweise rechtswidrig. Er ärgerte sich darüber, dass mit dem Antrag aus seiner Sicht die Arbeit vom Jugendhilfeausschuss „ausgehebelt“ würde.

„Wir haben hier über ein dreiviertel Jahr lang im Jugendhilfeausschuss über diese Thematik gesprochen und jetzt kommen Sie mit so einem Antrag. Das halte ich für fragwürdig“, so Albrecht.

Die AfD hielt sich an den kurzen Verwaltungsstandpunkt, der nur vage und ungenau „infrage kommende Freiflächen zur Nutzung für Jugendliche in der Stadt Leipzig ermittelt und fortlaufend“ prüfen wollte. Dieser fand im Stadtrat keine Mehrheit.

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