Wenige Monate nach der Verabschiedung des in weiten Teilen heftig kritisierten Flächennutzungsplanes wird der erste Schritt eines jener problematischen Projekte Realität: die Bebauung an der Crostewitzer Straße. Sie steht am Beginn einer dominoartigen Versiegelungswelle der Felder oberhalb des Markkleeberger Sees innerhalb der nächsten Jahrzehnte. Die Veränderungen insgesamt gehen schrittweise vor sich, sodass jedes Projekt für sich genommen kleingeredet wird.

Es sind aber gerade die vielen kleinen Bewegungen im Stadtgrundriss Markkleebergs, die für kurze Zeit mal hier und da die flüchtige Aufmerksamkeit des Betrachters fesseln – sofern sie überhaupt wahrgenommen werden, da doch auffällig viel Bürgerbeteiligung wiederholt auf Ferien- und Feiertagszeiten fällt.

Eben diese benannten kleinen Veränderungen – hier ein Gewerbegebiet, dort eine Rodung, hier ein Parkplatz im Wald – sie summieren sich im Laufe der Zeit und haben bereits in früheren Jahren Markkleeberg den Ruf als eine der am stärksten flächenverzehrenden Gemeinden Deutschlands eingebracht.

Nun ist die Erde rund und deren Flächenmaß endlich; und eingedenk der fortschreitenden Umweltzerstörung, die noch durch die Kriegsorientierung weiteren Auftrieb erhält, ist es gerade vor Ort, an der Basis, also in der Gemeinde, entscheidend, dem scheinbar Unabdingbaren Einhalt zu gebieten. Mitnichten wiegt der kurzfristige finanzielle Obolus den Verlust an humanen Maßstäben in der Stadtlandschaft tatsächlich auf.

Erschlafft nicht vielmehr in entseelten Betonlandschaften, grau gestrichenen Würfelhäusern und Gewerbegebietsquadern jegliche Identität mit der Heimat? Wo gelingt dann die kontemplative Stunde in einer unendlichen und ewigen Natur, die uns selbst noch Kulturlandschaften zu vermitteln imstande sind, ist diese erst entstellt oder – neuerdings durch einhundertfünfzig Meter hohe Betonwälder – verstellt?

Gerade aufgrund der den Bürgern immer wieder bewusst und zielorientiert vermittelten angeblichen Alternativlosigkeit des Laufes der Dinge vor dem Hintergrund sich zuspitzender Daseinsbedrohungen, die nicht alleine die galoppierende Umweltzerstörung betreffen, sondern erst recht die Kriegslüsternheit der wie Pilze aus dem Boden schießenden, mithin neu verpackten Ewiggestrigen, braucht es einen Ausstieg aus dem Strom der Zwänge.

Sagt nein, gab uns Wolfgang Borchert vor vielen Jahrzehnten angesichts der vorerst letzten großen Katastrophe, die unser Land selbstverschuldet heimsuchte, mit auf den Weg. Dringender denn je brauchen wir heutzutage wieder dieses Nein. Nur ein ganz kleines Nein erfordern diejenigen Projekte der Markkleeberger Stadtentwicklung, denen Landschaftszerstörung und Raubbau an der Natur folgen werden.

Hier nein zu sagen, bedarf nicht viel Mut. Ich wünsche mir, dass Stadtverwaltung und Stadträte sich ihrer Verantwortung über ein kurzzeitiges Klimpern des Inflationsgeldes im Stadtsäckel hinaus bewusst werden und Entscheidungen treffen, welche die nicht in Ziffern umrechenbare Schönheit Markkleebergs mit ihrer naturnahen Landschaft und ihrem dörflichen Ambiente auch künftigen Generationen erhalten.

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Es gibt 3 Kommentare

Zur Erläuterung wäre es ja ganz nett gewesen, diesen B-Plan nochmal kurz darzustellen.

Perspektivisch war es doch klar, daß zwischen Wachauer Straße und Ferienpark Auenhain alles zugepflastert werden wird. Wer sich ein Grundstück mit Eigenheim (und NUR für diese Gruppe ist das attraktiv) leisten will, baut dort gerne und ignoriert, daß Landschaft und Erholung für alle Anderen zerstört werden wird.

Wenn ich diesen hässlichen Klotz von “Jugendherberge” dort entstehen sehe, weiss ich, daß es den Verantwortlichen in Markkleeberg alles egal ist, Hautsache der Rubel rollt.

Hauptsache die Weinteichsenke bleibt frei…

So wie bei vielen dieser Probleme, gibt es auch bei diesem mehrere Seiten. Leider wie schon erwähnt werden kaum Mehrfamilienhäuser (nur bei Verdichtung im Kernbereich) gebaut. Damit auch resultierend ein fast schon ungesunder Immobilen Markt (ältere Leute ziehen nicht aus ihren zu großen Wohnungen, weil keine kleineren verfügbar sind)(Fantasiepreise für Einfamilienhäuser, weil kaum Angebote da sind). Also Wohngebiete werden gebraucht, am besten mit Mehrfamilienhäusern. Da ist nur das Problem das die WBG das nicht schultern kann und private Investoren?

Markkleeberg ist ein Paradebeispiel dafür, dass allein die Einwohnerzahl nichts darüber aussagt, ob es sich um ein Dorf oder eine Stadt handelt. Markkleeberg hat null Dichte. Die Konsequenz ist, dass sich trotz der ca. 25.000 Einwohner keine Stadt entwickelt hat, obwohl es sogar eine Mittelstadt sein soll. Auf dem Ortseingangsschild steht sogar “Große Kreisstadt”, aber das steht auch bei Geithain auf dem Ortseingangsschild. Markkleeberg hätte schon längst mal in die Höhe bauen müssen. Mehrfamilienhäuser mit Gewerberäumen im Erdgeschoss. Dann wäre Markkleeberg irgendwann auch als Stadt wahrnehmbar. Im Moment ist es vor allem eine relativ tote Eigenheimsiedlung vor den Toren Leipzigs. Das westdeutsche Pendant dazu ist Elmshorn im Speckgürtel Hamburgs. 51.000 Einwohner und nur mit ganz viel Glück findet man einen Bäcker.

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