Anfang der Woche waren in mehreren Städten Wahlkampfplakate der Neonazi-Partei „Der 3. Weg“ aufgetaucht, auf denen in großer Schrift „Hängt die Grünen“ gefordert wird. Während etwa die Polizei in München solche Plakate schnell entfernte, wollte die Staatsanwaltschaft Zwickau keine strafrechtliche Relevanz erkennen. Diese Einschätzung sorgte parteiübergreifend für Empörung. Die Stadt Zwickau verfügte unterdessen am Mittwoch, dem 8. September, dass die Plakate abgehängt werden müssen.

Die Stadt begründet diese Anordnung damit, dass die Plakate gegen „die öffentliche Ordnung und gegen den Anstand und die Würde des Menschen“ verstoßen würden. Ordnungsbürgermeister Sebastian Lasch sagte: „Wer solche Machwerke aufhängt, soll sie auch selbst wieder abnehmen. Notfalls werden wir die Plakate jedoch entfernen lassen.“ Der „3. Weg“ hat nun drei Tage Zeit, die Plakate selbst zu entfernen. Anderenfalls werde die Stadt selbst tätig.

Unklar, wer angesprochen wird

Noch am Dienstag hatte eine Sprecherin der Zwickauer Staatsanwaltschaft dem „Tagesspiegel“ gesagt, das unklar sei, „wer konkret angesprochen wird“. Die Plakate könnten sich sowohl auf Grünen-Politiker/-innen als auch Grünen-Wähler/-innen beziehen. Warum eine der beiden Varianten in Ordnung sein sollte, die andere jedoch nicht, blieb unklar. Zudem gebe es keine „konkrete Bedrohungslage“, schrieb der „Tagesspiegel“ mit Verweis auf die Staatsanwaltschaft.

3. Weg Grüne hängen
Foto: privat

Allerdings waren die Plakate teilweise direkt über oder unter Grünen-Plakaten mit Direktkandidat/-innen platziert worden – so auch in Leipzig bei Direktkandidatin Marie Müser. Grünen-Landessprecherin Christin Furtenbacher sagte: „Diese Plakate sind ein weiterer Versuch, unsere Kandidierenden, Mitglieder und Sympathisierenden einzuschüchtern, und ein Angriff auf alle Bürger/-innen, die sich für unsere Demokratie engagieren.“ Man habe deshalb Anzeige erstattet.

Justizministerium ordnete Überprüfung an

Katja Meier, die grüne Justizministerin des Freistaates Sachsen, schrieb auf Twitter, dass „eine Grenze überschritten worden“ sei. „Hier findet kein politischer Diskurs statt. Im Zentrum steht der Aufruf zur Gewalt.“ Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Zwickau habe sie überrascht. Deshalb habe ihr Ministerium angeordnet, dass die Generalstaatsanwaltschaft Dresden diese Entscheidung prüft.

Gegenüber der „Sächsischen Zeitung“ lieferte die Staatsanwaltschaft Zwickau heute noch eine Begründung, die zumindest plausibler wirkt als jene von gestern. Sie argumentiert, dass unter „Hängt die Grünen“ kleingedruckt steht: „Macht unsere nationalrevolutionäre Bewegung durch Plakatwerbung in unseren Parteifarben in Stadt und Land bekannt.“ Diese Farbe ist grün. Es sei somit klar, dass sich „Hängt die Grünen“ auf die Plakate bezieht.

Analyse von Rechtsanwalt Chan-jo Jun: Warum die Entscheidung zu “Grüne aufhängen” nachvollziehbar, aber trotzdem falsch ist.

Hinweis der Redaktion in eigener Sache

Seit der „Coronakrise“ haben wir unser Archiv für alle Leser geöffnet. Es gibt also seither auch für Nichtabonnenten alle Artikel der letzten Jahre auf L-IZ.de zu entdecken. Über die tagesaktuellen Berichte hinaus ganz ohne Paywall.

Unterstützen Sie lokalen/regionalen Journalismus und so unsere tägliche Arbeit vor Ort in Leipzig. Mit dem Abschluss eines Freikäufer-Abonnements (zur Abonnentenseite) sichern Sie den täglichen, frei verfügbaren Zugang zu wichtigen Informationen in Leipzig und unsere Arbeit für Sie.

Vielen Dank dafür.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

René Loch über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Da kann man sich doch glatt fragen, wer bei den Behörden Sympathien für Rechte hat! Das Argument der Staatsanwaltschaft Zwickau ist nicht nachzuvollziehen. Kein Wunder, dass die Rechten mit ihrer Hetze und dem Hass immer mehr die Oberhand gewinnen. Wenn die Behörden doch mal endlich gegen den Rechtsextremismus etwas unternehmen würden! Lieber was konstruieren gegen angebliche Linksextremisten.

Schreiben Sie einen Kommentar