Genau so funktioniert konservative Geldpolitik. Erst senkt man die Steuern. Dann schreibt man ein Neuverschuldungsverbot in die Verfassung. Und dann werden die Gelder, die für das dringend Notwendige gebraucht werden, gekürzt. So weit gekürzt, dass die am Ende von den Finanzströmen abhängigen Kommunen ihre Investitionen eindampfen sowie Personal einsparen müssen und trotzdem finanziell immer am Abgrund vorbeischrammen. Auch Leipzig, dessen Haushalt gerade mit Ermahnungen genehmigt wurde.

Die Stadt solle ihre Investitionen priorisieren, also weniger investieren, und weniger Kredite aufnehmen. Das klang in der Auflage der Landesdirektion Sachsen so: „So hat die Stadt Leipzig eine Priorisierung ihrer Investitionsvorhaben vorzunehmen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die eine Konsolidierung des Haushaltes ermöglichen und die zukünftige Zahlungsfähigkeit sicherstellen.“

Konsolidieren aber heißt: Streichen. Und das geht nur bei sogenannten freiwilligen Aufgaben.

Und das in einer Haushaltssituation, in der sich die Sparauflagen der vergangenen 18 Jahre immer stärker als tatsächlicher Verschleiß an vielen Stellen bemerkbar machen. Längst fehlt es nach den vielen Sparrunden in so ziemlich allen Dezernaten an dringend benötigtem Personal.

Strukturell unterfinanziert

Und es geht nicht nur Leipzig so. In ganz Sachsen erleben Kommunen dasselbe Dilemma, wie der kommunalpolitische Sprecher der Linksfraktion im Sächsischen Landtag, Mirko Schultze, feststellt.

„Sachsens Landkreise und Gemeinden sind strukturell unterfinanziert – darunter leiden selbst die Großstädte, wie wir nach Dresden nun auch in Leipzig beobachten müssen. Die CDU-geführte Koalition mutet es den Bürgerinnen und Bürgern zu, dass Kommunen Leistungen streichen oder Gebühren erhöhen müssen. Sie bleibt auf dem Irrweg, den Landeshaushalt auf Kosten der Kommunen zu sanieren“, sagte er am Dienstag, dem 1. August.

„Sie zwingt die Städte und Gemeinden dazu, bei freiwilligen Aufgaben zu kürzen – die sind aber entscheidend für die Lebensqualität und die Akzeptanz der Demokratie und des Gemeinwesens. Sport- und Freizeitangebote, Jugendhilfe, öffentlicher Nahverkehr, Schwimmbäder, Dorfleben und Stadtteilarbeit sind unverzichtbar!“

Nur um das noch deutlicher zu sagen: Kommunen sind die Orte, an denen die Bürger das Funktionieren von Demokratie erleben. Wo aber Leistungen, die das Leben genau dort ermöglichen und erträglich machen, immerfort gekürzt werden, sinkt die Zustimmung zur Demokratie. Zu beobachten in ganz Ostdeutschland gerade in jenen Regionen, in denen in den vergangenen dreißig Jahren Infrastrukturen zurückgebaut wurden.

Doch Sachsen setzt diese verhängnisvolle Politik nahtlos fort, wie Schultze feststellt: „Das Finanzausgleichsgesetz, das die Finanzströme zwischen Land und Kommunen regelt, dient nur noch der Symptombekämpfung, um die kommunalen Spitzenverbände zu beruhigen. Es muss grundsätzlich überarbeitet werden! Tatsächliche kommunale Selbstverwaltung, bei der Gemeinden und Landkreise frei über Investitionen entscheiden können, ist schon lange nicht mehr möglich.

Da hilft auch das jüngst geschnürte Rettungspaket wenig. Wir bleiben bei unserer Forderung, den Finanzausgleich zu überarbeiten, damit die kommunale Selbstverwaltung gesichert wird und das Geld für Pflichtaufgaben wie für freiwillige Aufgaben reicht. Die Fördermittelpraxis muss geändert werden, damit mehr Verantwortung und frei verfügbares Geld vor Ort landen – die Kommunen wissen schließlich selbst am besten, was gebraucht wird (Drucksachen 7/13159 und 7/13156).“

Sparschwein für Beamte, Sparen bei Kommunen

Aber so handhabt der sächsische Finanzminister Hartmut Vorjohann (CDU) die Gelder aus dem Landeshaushalt nicht. Er setzt lieber die Umverteilung von erheblichen Beträgen jedes Jahr in den sogenannten Generationenfonds fort, mit dem die künftigen Altersbezüge der sächsischen Beamten abgesichert werden sollen.

Und die Mehraufwendungen aus den Corona-Jahren will er auch schnellstmöglich aus dem laufenden Budget tilgen. Mirko Schultze: „Weil die CDU jedoch die Corona-Darlehen unnötig schnell tilgen will, entzieht sie dem Landeshaushalt in den kommenden Jahren jeweils bis zu 464 Millionen Euro. Mit geringeren Tilgungsraten ließe sich nicht nur die Lage der Kommunen dauerhaft entspannen. Eine verantwortungsvolle Finanzpolitik ist allerdings mit der CDU nicht machbar.“

Sparen im Sozialbereich?

Die Mahnung der Landesdirektion Sachsen zum Sparen war dann auch gleich mal eine Steilvorlage für Leipzigs Finanzbürgermeister Torsten Bonew via LVZ am 31. Juli, für die wachsende Schere zwischen Ausgaben und Einnahmen den wachsenden Personalapparat im sozialen Bereich verantwortlich zu machen. Dabei hat Leipzig beim Personal seit 18 Jahren immer wieder gestrichen – und damit Millionenbeträge an nicht gezahlten Lohnkosten eingespart.

„Diese einseitige Schuldzuweisung weisen wir entschieden zurück. Der Finanzbürgermeister sollte wissen, dass es in der Stadtverwaltung an allen Ecken und Ende an gut ausgebildetem Personal mangelt. Darüber hinaus erhalten gerade Beschäftige im Sozialbereich nicht eben die üppigsten Löhne“, sagt Marianne Küng-Vildebrand, Sprecherin für Wirtschaft und Beschäftigung der Fraktion Die Linke im Leipziger Stadtrat.

„Der Jahresabschluss 2020, der im Juli dieses Jahres in der Ratsversammlung vorgestellt wurde, zeigt Minderausgaben von 59,9 Millionen Euro, davon alleine 28,8 Millionen Euro beim Personal. 742 Vollzeit-Personalstellen waren 2020 nicht besetzt. Somit lag der tatsächliche Personalaufwand sogar unter dem Haushaltsplan. Dieser Personalnot muss dringend gegengesteuert werden. Die Leipzigerinnen fordern zu recht eine funktionierende Stadtverwaltung!“

Dass Bonew ausgerechnet im Sozialbereich zu viele Personalausgaben sieht, findet Dr. Volker Külow, Sprecher für Gesundheit, Soziales und Senior/-innen der Fraktion, ziemlich seltsam: „Auch, dass die Stadt und damit ebenso die soziale Infrastruktur wächst, ist keine Neuigkeit. Hier Spekulationen auf künftige Kürzungen in dem Bereich zu betreiben, ist ein fatales Signal. Sicher müssen Einnahmen und Ausgaben durch die Stadt immer genauestens abgewogen werden. Einsparungen dürfen jedoch nicht bei der sozialen Lebensqualität der Menschen vorgenommen werden.“

Die Steuerkürzungen erfolgen zwar immer wieder auf Bundesebene, wie zuletzt durch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Aber sie schlagen natürlich auf die Landesebene durch und sorgen dort wieder für Finanzierungslöcher, die dann wieder auf Kosten der Kommunen gestopft werden.

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