Am Mittwoch, dem 8. Mai, fand im Kunstkraftwerk Leipzig die „Gemeinsam machen, was wirkt – Gestaltung neuer Entwicklungspfade im Strukturwandel in Sachsen (GENESIS)“ des Fraunhofer-Zentrum für Internationales Management und Wissensökonomie (IMW) statt. GENESIS ist ein ambitionierter Name für das Projekt, schließlich erzählt das biblische Buch Genesis (Mose 1) die Schöpfungsgeschichte, das aber nur zum Einstieg.

Das Projekt GENESIS des IMW leitet den Namen allerdings aus „Gestaltung neuer Entwicklungspfade im Strukturwandel in Sachsen“ ab und ist die wissenschaftliche Begleitung des Strukturwandels durch die „Erschaffung“ eines datenbasierten Zwillings der Braunkohlereviere. Anhand dieses Zwillings sollen evidenzbasierte Lösungsansätze für den Kohleausstieg entwickelt werden.

Das klingt nach trockenem Stoff, ist aber ein Novum. Bisher wurden große Transformationen, wie der Übergang der Planwirtschaft der DDR zur Marktwirtschaft, erst im Nachgang von Historikern wissenschaftlich untersucht und beschrieben.

Die Veranstaltungs-Reden

Die wissenschaftliche Veranstaltung des IMW musste selbstverständlich durch hochrangige Vertreter der Politik, hier des Sächsischen Staatsministers für Regionalentwicklung Thomas Schmidt und des sächsischen Ministerpräsidenten a.d. Stanislaw Tillich, der aber eher als Aufsichtsratsvorsitzender der MIBRAG lobbyierte, „aufgewertet“ werden.

Trotz dieser politischen Beteiligung, kam das mit Einschränkungen politisch wichtigste Statement von Dr. Friedrich Dornbusch, dem Projektleiter von GENESIS.

„Wenn wir auf gesellschaftliche Prozesse schauen, dann stellen wir fest, dass Regionen, die im politischen Entscheidungsbildungs- und Willensbildungsprozess sich nicht berücksichtigt fühlen, dazu tendieren, sich abgehängt zu fühlen. In der Literatur heißt es dann ‚Revenge of the places that don’t matter‘, also Rache der Regionen, die nicht berücksichtigt wurden, die dann letztendlich auch dazu neigen, zumindest in Teilen, sich aus dem gesellschaftlichen Diskussions- und Resonanzraum zu verabschieden.“

Sowohl Minister Schmidt als auch Aufsichtsratsvorsitzender Tillich sprachen über die Herausforderungen des Strukturwandels, die Problematiken der Transformation und besonders betont wurde in beiden Impulsvorträgen die Problematik der Gewinnung von Arbeitskräften. Dazu kommt die Verhinderung der weiteren Bevölkerungsabwanderung, besonders aus dem Lausitzer Revier.

Der sächsische Regionalminister Thomas Schmidt während seiner Rede. Foto: Thomas Köhler
Der sächsische Regionalminister Thomas Schmidt bei seiner Rede. Foto: Thomas Köhler

Minister Schmidt betonte hier, dass große Leuchtturmprojekte wichtig sind für die Region, aber es nicht wieder eine wirtschaftliche Monokultur, wie Kohleabbau und Kohleverstromung, geben darf – das Schlüsselwort war immer Diversifizierung.

Genau diese Wort brachte Stanislaw Tillich (Freud lässt grüßen) in seinem Beitrag nicht einmal fehlerfrei über die Lippen. Er stellte, nach kurzer historischer Betrachtung, die Pläne der MIBRAG vor. Diese sind durchaus ambitioniert, lassen aber befürchten, dass die MIBRAG der alleinige Platzhirsch im Revier bleiben will.

Besonders bei der Arbeitskräftesituation fällt auf, dass der Kohleausstieg 2035 nicht in Frage gestellt werden soll, die gesamten Arbeitskräfte werden weiter bei Abbau und Verstromung benötigt. Gleichzeitig soll aber die MIBRAG, wahrscheinlich mit zusätzlichen Arbeitskräften, zum „Energie- und Industriedienstleister auf EE- und H2-Basis“ aufgebaut werden.

MIBRAG-Aufsichtsratsvorsitzender Stanislaw Tillich während seiner Rede. Foto: Thomas Köhler
MIBRAG-Aufsichtsratsvorsitzender Stanislaw Tillich bei seiner Rede. Foto: Thomas Köhler

Das Projekt

Dr. Friedrich Dornbusch und Dr. Benjamin Klement vom IMW stellten anschließend das Projekt GENESIS vor.

Die Projektbeschreibung würde den Rahmen des Artikels sprengen, aber einige Punkte warum es dieses Projekt geben soll, warum es den Beteiligten wichtig ist. Die Schwerpunkte, die (diesmal im Voraus) betrachtet worden sind:

– Demografischer Wandel und Fachkräfteentwicklung
– Industrielle Transformation und Diversifikation
– Infrastruktur und Umweltsanierung
– Geografie des Unmuts

Zu sehen sind Dr. Benjamin Klement und Dr. Friedrich Dornbusch. Foto: Thomas Köhler
Dr. Benjamin Klement und Dr. Friedrich Dornbusch. Foto: Thomas Köhler

Das kann mit Fug und Recht als ein wissenschaftliches Gesamtpaket zur Begleitung des Strukturwandels bezeichnet werden. Wenn die Wissenschaft ihre Arbeit gut macht, bleibt zu hoffen, dass Politik und Wirtschaft auch nach diesen Empfehlungen handeln. Wir haben mit Dr. Dornbusch ein Gespräch zu einem späteren Zeitpunkt vereinbart, in dem wir noch auf Details eingehen wollen.

Vorstellung CTC

Die Vorstellung des „Center for the Transformation of Chemistry“ (CTC) durch Dr. Manuel Häußler schloss sich nach einer kurzen Diskussionsrunde an. Die Vorstellung passte hervorragend zum Thema der Transformation, denn an den fossilen Brennstoffen hängt auch die chemische Industrie.

Dr. Häußler stellte vor, wie die Entwicklung neuer Kunststoffe, durch neue Recyclingformen, ohne Einsatz von Erdöl und Erdgas gelingen soll. Das ist eine stark vereinfachte Darstellung, aber solche Projekte sind Zukunftsprojekte.

Fazit: Hochinteressante tolle Projekte, den Beteiligten kann man nur viel Erfolg wünschen.

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