2009 überraschte Peter Uhrbach die Goethe-Welt mit der Nachricht, dass Goethes letzte Geliebte, Ulrike von Levetzow, eine geborene Leipzigerin war. „Damals habe ich für mein erstes Buch ‚Goethes Fräulein in Böhmen Ulrike von Levetzow‘ recherchiert. Ulrike ist nicht in Löbnitz (inzwischen von Wikipedia korrigiert), sondern wie Goethes erste Liebe in Leipzig geboren“, so Uhrbach. „Sie ist übrigens 1899, am 13. November, in Böhmen gestorben.“

Der Todestag jährt sich in diesem Jahr zu 120. Mal. Wikipedia muss freilich eine kleine Verrenkung machen, denn: „Ein Ulrike-von-Levetzow-Wanderweg führt von der Kleinstadt Groitzsch zu ihrem vermeintlichen Geburtsort Löbnitz, einem Ortsteil von Groitzsch.“

Warum Löbnitz bis 2009 als Geburtsort galt, hat mit ihrem Vater zu tun: „1796 kaufte Friedrich Johann Leberecht von Brösigke das Rittergut. Diesem kaufte es sein Schwiegersohn, Otto Ulrich von Levetzow ab. Dessen Tochter Ulrike von Levetzow war die letzte große Liebe Goethes“, so Wikipedia. 1821 war das, als sie dem gealterten Dichter als 17-Jährige in Marienbad begegnete.

Aber Peter Uhrbach zeigt, dass es sich immer wieder lohnt, Dinge, die in der Forschung als gegeben angenommen werden, zu überprüfen, die Originalbelege zu suchen. Zum Beispiel auch den zu Goethes letzten Worten.

Wo diese „letzten Worte“ herkommen, kann man bei Wikipedia so lesen: „Carl Vogel veröffentlichte 1833 in Hufelands Zeitschrift ‚Journal der praktischen Heilkunst‘ einen längeren Aufsatz über die Krankengeschichte Goethes, der Hufeland eine persönliche Nachschrift zufügte. Goethes letzte Worte ‚Mehr Licht‘ werden in dieser Veröffentlichung erstmals zitiert, wenn auch Carl Vogel im Augenblick des Todes von Goethe nicht im Sterbezimmer anwesend war.“

Carl Vogel war herzoglicher Leibarzt in Weimar und betreute auch Goethe in dessen letztem Lebensjahr.

Aber auch dieser Überlieferung misstraut Peter Uhrbach.

Und warum, das erzählt er hier selbst.

„Mehr Licht“ – Goethes letzte Worte?

Peter Uhrbach

Am bevorstehenden 28. August jährt sich der Geburtstag von Johann Wolfgang v. Goethe zum 270. Male. Und was seine „letzten“ Worte „Mehr Licht“ betrifft – so erwähnt von Hubert Spiegel in der FAZ v. 27.12.2017, sagt wohl schon, was die Experten bis heute beschäftigt – „Wohl selten zuvor oder danach hat es“, so schreibt der Kulturwissenschaftler Olaf Briese, „ein solches Gerangel gegeben, den letzten sprachlichen Laut eines Sterbenden authentisch zu dokumentieren.“

Als im längst vergangenen deutschen Reich überhaupt erstmalig deutschlandweit ein Goethegeburtstag, und zwar der 150. im Jahre 1899 gefeiert wurde, erschienen auch in der Leipziger Presse davor und danach viele Artikel zum Thema Goethe. Nur eine Kostprobe sei hier dargeboten, eine Notiz, die zum Sachverhalt „Mehr Licht“ in den „Leipziger Neuesten Nachrichten“ am 15. Oktober 1899 zu lesen war:

„Mehr Licht! Einen 1881 abgestatteten Besuch bei Walther von Goethe, dem Enkel des Dichterfürsten, schildert Dr. Gerloff. Der alte Herr führte den Gast im Goethe-Hause umher, das damals noch nicht zugänglich war. In Goethes Arbeitszimmer sprach Walther wenig und leise. Dann führte er Gerloff bis an die Schwelle des Sterbezimmers, das er nicht betrat, und erzählte ausführlich von den letzten Tagen des Großvaters. ‚Sehen Sie‘, sagte er, ‚wie die Sonne scheint und die Decke des Zimmers einen etwas grünlichen Schimmer davon widerstrahlt?

Das wollte der Großvater drei Tage vor seinem Tode gelegentlich einmal sehen, und da das Fenster mit einem Vorhange verdunkelt war, sagte er: ‚Mehr Licht!’ Und da haben die dummen Menschen ein ‚letztes‘ Wort daraus gemacht. Er hat nachher noch viel anderes gesagt.“

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