Kein Ende des Streits in Sicht: Nach dem gestrigen Beschluss der Gesundheitsminister, auch jungen Menschen zwischen 12 und 17 Jahren ein Impfangebot gegen COVID-19 zu unterbreiten, regt sich Kritik von einigen Medizinern und der Ständigen Impfkommission. Während die Regeln zum Infektionsschutz in Leipzig indes wieder verschärft wurden, musste Sachsen mangels Nachfrage zehntausende Impfdosen beim Bund abbestellen. Außerdem: Private Seenotrettungsorganisationen, die geflüchtete Menschen im Mittelmeer aufnehmen, erheben nicht zum ersten Mal massive Anschuldigungen gegen die EU und auch konkret Deutschland. Die LZ fasst zusammen, was am Dienstag, dem 3. August 2021, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Impfkampagne: Politik versus Wissenschaft?

Nach dem Beschluss einer Konferenz der Gesundheitsministerinnen und -minister von Bund und Ländern, wonach sich auch Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren impfen lassen können, scheiden sich die Geister an der Empfehlung. Damit, so sagen Kritiker, ist die Politik wieder einmal vorgeprescht. Die Ständige Impfkommission (Stiko), ein Gremium von Fachleuten unter Koordination des Robert-Koch-Instituts, übt sich dagegen weiterhin in Zurückhaltung: Es lägen noch zu wenig Daten über die Wirkung bei Teenagern vor.

Die Stiko hat bisher keine pauschale Impf-Empfehlung für alle Menschen zwischen 12 und 17 abgegeben (auch wenn die Immunisierung in dieser Altersgruppe mit Einverständnis Erziehungsberechtigter schon jetzt möglich ist) und war deswegen wiederholt kritisiert worden. Trotz wachsenden Drucks hält das Komitee jedoch an seiner abwartenden Position fest und verweist dazu auf unklare Risiken und Nebenwirkungen der Vakzine.

„Halten wir den sachlich begründeten Dissens nicht mehr aus?“, fragt ein kritischer Kommentator dazu spitz im Deutschlandfunk. Fakt sein dürfte zumindest: Die Politik hat die Freiheit, einen allgemeinen Beschluss im Sinne des Gesundheitsschutzes zu fassen, der immerhin staatliche Hoheitsaufgabe ist. Doch wissenschaftlich fundierte Einschätzungen dazu müssen an anderer Stelle kommen – und es bleibt nur zu hoffen, dass dies bald geschieht.

Comeback der Einkaufsmaske: Schutzmaßnahmen in Leipzig verschärft

In Leipzig liegt die COVID-19-Inzidenz den fünften Tag in Folge über dem Wert von 10, sie betrug mit Stand Dienstagmittag 12,1 und befindet sich damit deutlich über dem sächsischen Gesamtwert von 6,5.

Die Konsequenz: Seit heute gelten für die Stadt Leipzig verschärfte Schutzmaßnahmen gegen die Pandemie. So ist unter anderem die kurzzeitig ausgesetzte Maskenpflicht beim Einkauf wieder in Kraft, bei Innengastronomie, Bädern und Saunen müssen Kontaktdaten erfasst werden, auch auf Märkten, in Kulturstätten, Hotels und auf Kongressen gilt die Pflicht zum Tragen einer medizinischen Mund-Nasen-Bedeckung. Private Treffen sind auf maximal 10 Personen unabhängig von den Hausständen beschränkt, wobei Geimpfte und Genesene nicht mitzählen.

Impfquote und Ketchup-Effekt

Unterdessen dümpelt der Freistaat mit einer Quote 47,7 % vollständig geimpfter Personen noch immer klar unter dem Wert des Bundes, der mittlerweile die 50 %-Marke gerissen hat (52,6 % haben hier aktuell eine zweite Dosis empfangen). Die Immunisierungs-Kampagne ist nach holprigem Start Ende 2020 und Verteilungs-Schwierigkeiten inzwischen am umgekehrten Punkt. Wie bei einer Ketchup-Flasche, so wurde es mal bildlich verglichen, tut sich beim anfänglichen Schütteln erst gar nichts, ehe sich ihr begehrter Inhalt mit einem Schlag auf den Teller ergießt.

Man mag die Metapher für treffend halten oder nicht – Fakt aber ist, dass wir tatsächlich längst genug Impfstoff haben, für den die Nachfrage jedoch immer mehr erlahmt. Etwa 58.500 Impfdosen von Biontech hat Sachsen daher beim Bund wieder abbestellt. Zur Begründung wurde auf die noch gut gefüllten Bestände verwiesen.

Auch die Lieferung eines für diese Woche georderten Pakets ist bereits gestoppt. Die offensive Werbung des sächsischen Sozialministeriums in sozialen Medien für eine Impfung lässt sich durchaus als Eingeständnis lesen, dass noch viel Luft nach oben bleibt – und auch die Tatsache, dass die Bundesländer ihre Impfsubstanzen ab Monatsmitte nur noch auf Anforderung erhalten. Zuvor hatte der Bund seine Lieferungen noch je nach Bevölkerungsanteil kalkuliert.

Vorwürfe an EU und Deutschland: Seenotrettung im Mittelmeer aktiv behindert

Auf dem Mittelmeer warten derzeit insgesamt über 800 Menschen auf den privaten Seenotrettungsschiffen „Ocean Viking“ und „Sea Watch 3“ in quälender Hitze und Beengtheit, wie es für sie weitergeht. Die Migranten waren am Wochenende bei mehreren Einsätzen aus völlig überfüllten Booten aufgenommen worden, die von Afrika Richtung Europa übersetzen wollten.

Seitdem die staatliche Seenotrettung im Mittelmeer faktisch eingestellt ist, haben private Organisationen diese Funktion übernommen. Über ihre Rolle wird zum Teil kontrovers diskutiert, weil sie unter anderem angeblich einen zusätzlichen Migrationsanreiz schaffen würden. Diese Position wird von den Akteuren und ihren Unterstützern auch mit Verweis auf Studien abgelehnt. Die bisherige Forschung ist mehrheitlich ebenso skeptisch, was den Einfluss der Rettungsschiffe auf die Menge der Überfahrten angeht.

Axel Steier, Mitbegründer und Sprecher der Dresdener NGO „Mission Lifeline“, äußerte gegenüber dem MDR, dass auch die EU immer wieder Schikanen unterstütze, mit welchen die privaten Schiffe am Auslaufen gehindert würden. So habe etwa eine deutsche Verordnung zur Sicherheit von Schiffen dazu geführt, dass die kleinen Schiffe wie Berufsschiffe ausgestattet sein und daher hunderttausende Euro zusätzlich aufbringen müssten.

Zudem kritisieren auch Politikerinnen und Politiker schon lange Europas Kooperation mit Libyens Küstenwache, die teils aus brutalen Milizen besteht und abgefangene Migranten in libysche Lager zurückbringt, wo ihnen Folter und Tod drohten.

Linksextremismus, Statement eines Kurzzeit-Landesvaters und der grüne Klimaschutz

Worüber die LZ heute berichtet hat: Sportreporter Jan Kaefer schreibt über den SV Lindenau 1848. Unser Redakteur Ralf Julke setzt sich in einem Kommentar kritisch mit Äußerungen des Leipziger CDU-Stadtrats Michael Weickert auseinander und nimmt die Pandemie-Auswirkungen bei den Sterbezahlen unter die Lupe. Außerdem gibt er eine Vorschau auf das Klimacamp und nimmt uns auf einen literarischen Spaziergang durch Leipzig-Leutzsch mit.

René Loch, Tobias Möritz und Michael Freitag blicken auf den gestrigen Abend zurück, wo die verschwörungsideologische „Bewegung Leipzig“ wieder einmal ihre großen Visionen verkündete.

Was heute sonst noch wichtig war: Sachsens LKA befürchtet eine Zunahme von Enthemmung und Gewalt durch Linksextreme.

Thüringens Kurzzeit-Ministerpräsident Thomas Kemmerich (56, FDP) hat sich offen für eine Zusammenarbeit mit Rot-Rot-Grün gezeigt.

Die Grünen haben ein Sofortprogramm für den Klimaschutz vorgelegt.

Was morgen wichtig wird: Die katastrophale Explosion im Hafen der libanesischen Hauptstadt Beirut mit etwa 200 Todesopfern und tausenden Verletzten jährt sich erstmalig. Unverändert kämpft der Libanon neben der Pandemie auch ein Jahr danach mit einer schweren Wirtschaftskrise, Korruption und Armut.

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