Schlag auf Schlag gegen den „Schelm“: Nachdem gestern ein mutmaßliches Mitglied einer rechtsextremen Vereinigung festgenommen wurde, folgte heute der Ex-Stadtrat Enrico B, der ebenfalls einen Naziversand betrieben haben soll. Außerdem: In Thüringen wurde Anklage gegen einen Familienrichter erhoben, der willkürlich einen Maskenbeschluss für „Querdenker“ gefasst haben soll. Die LZ fasst zusammen, was am Donnerstag, dem 2. Juni 2022, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Bereits im November 2016 hat die Leipziger Zeitung (LZ) über die Aktivitäten des rechtsradikalen Verlages „Der Schelm“ aus einer Wohnung in Leipzig heraus berichtet. 2020 folgte eine Razzia beim ehemaligen Stadtrat Enrico B. und in einer Lagerhalle. Gestern ging die Bundesanwaltschaft erneut gegen den „Schelm“ vor und ließ den Verdächtigen Matthias B. festnehmen. Heute folgte eine weitere Festnahme. Erneut im Visier der Behörden: Enrico B. aus Leipzig.

„Der Beschuldigte ist der Gründung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung dringend verdächtig“, heißt es in der knappen Begründung der Bundesanwaltschaft. Spätestens ab August 2018 soll er via „Schelm“ nationalsozialistische und antisemitische Ideologie verbreitet haben, strafbar als Volksverhetzung.

Enrico B. offenbar mit Schlüsselrolle

Zur konkreten Rolle des ehemaligen Stadtrates heißt es weiter: „Enrico B. war insbesondere für die Lagerung und den Versand der Schriften verantwortlich. Für die Vereinigung mietete er Lagerräume an und hielt dort mehrere tausend im Ausland gedruckter Bücher mit strafrechtlich relevanten Inhalten vorrätig.“

Der Beschuldigte soll morgen dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes vorgeführt werden. Dann entscheidet sich, ob Enrico B. in Untersuchungshaft landet. In der Vergangenheit war er der Haft mehrmals wegen angeblich günstiger Sozialprognosen entgangen. Der andere Festgenommene Matthias B. befindet sich bereits in Untersuchungshaft. Das hat der Ermittlungsrichter heute entschieden.

Eine weitere Justiz-Meldung, die für Aufsehen sorgt, kam heute aus Erfurt. Die dortige Staatsanwaltschaft hat gegen einen Amtsrichter Anklage zum Landgericht erhoben. Der Vorwurf: Querdenken-Nähe statt Staatstreue.

Das Urteil stand schnell fest

Konkret geht es um einen Familienrichter, der im April 2021 „willkürlich einen Beschluss“ gefasst haben soll, der die Aufhebung der Maskenpflicht an einzelnen Schulen in Thüringen zur Folge gehabt hätte. Die detaillierten Vorwürfe sind gravierend: Er sei für Entscheidungen dieser Art nicht zuständig gewesen, hätte betroffene Eltern im Vorfeld zu einer Klage geraten und hätte sichergestellt, dass die Gutachten der „Sachverständigen“ in seinem Sinne ausfallen werden.

Sollte der Amtsrichter wegen Rechtsbeugung verurteilt werden, droht ihm eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren.

Bereits gestern Abend ging in Leipzig die Demonstration von „Fight For Your Future“ über die Bühne, doch für Gesprächsstoff sorgt sie auch heute noch. Das liegt vor allem an der Gruppe selbst, die sich heute über die sozialen Medien mit einer „Klarstellung“ zu Wort meldete.

Konfrontation gewünscht

Darin ist davon die Rede, dass einige Teilnehmer/-innen mit ihren Parolen „antisemitischen Terror abgefeiert“ hätten. Vor Ort habe man nicht schnell genug beziehungsweise nur mit einer Durchsage reagieren können. Korrekt wäre ein „Verweis von der Demo“ gewesen, so die Gruppe. Weiter heißt es: „Wir werden das aufarbeiten, die Konfrontation suchen und in Zukunft auch im Vorfeld deutlicher machen, wo wir uns inhaltlich verorten.“

Worüber die LZ heute berichtet hat: über Verbrechen aus der Sicht der Kriminalpsychologin Lydia Benecke,

über den geplanten Energieberg und einen von der SPD-Fraktion ins Spiel gebrachten Interessensausgleich,

über eine an der HTWK entwickelte Solar-Shell-Fassade und

über die beschlossene 1.000-Meter-Abstandsregel für neue Windkraftanlagen.

Was heute außerdem wichtig war: Der sächsische Landtag hat kontrovers über die beschlossene Mietpreisbremse debattiert, in Dresden wurden die beiden ersten von 20 geplanten E-Bussen präsentiert und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer erhält eine Privataudienz bei Papst Franziskus.

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