Seit die Deponie Seehausen geschlossen wurde, hat sich auf ihr ein weithin sichtbares Biotop an jungen Bäumen und Büschen entwickelt, das nicht nur vielen Tieren Zuflucht bietet, sondern den Seehausenern, die jahrelang im Schatten der Deponie lebten, auch ans Herz gewachsen ist.

Doch seit beschlossen wurde, die Deponie zum Energieberg zu machen, liegen die Nerven blank. Anlass für die SPD-Fraktion, einen Kompromiss ins Verfahren zu bringen.

Der Antrag, den die SPD-Stadtratsfraktion ins Verfahren gegeben hat, soll den Weg für die energetische Nutzung der früheren Deponie in Seehausen als „Solarberg“ ebnen.

„Wie wichtig es ist, Energie dezentral hier vor Ort zu produzieren, zeigen nicht zuletzt die durch den Krieg in der Ukraine steigenden Energiepreise. Denn nachhaltig selbst produzierte Energie macht uns unabhängiger“, erklärt SPD-Stadtrat Andreas Geisler, der seine Fraktion im Fachausschuss für Umwelt, Klima und Ordnung vertritt.

„Aber auch aus Gründen des Klimaschutzes führt kein Weg an erneuerbaren Energien vorbei. Wir müssen auf Dauer weder Gas noch Kohle verbrennen, um Strom zu erzeugen. Das geht auch hier vor Ort auf saubere Weise, allerdings nur über einen Interessenausgleich mit den Bewohnern der umliegenden Ortschaften.“

Was wird aus den alten Zusagen?

Die Nutzung der Flächen der ehemaligen Deponie in Seehausen für Sonnenkollektoren sorgt vor Ort seit Monaten für Unmut, denn den Menschen, die in den Ortschaften rund um die frühere Deponie leben, wurde über Jahre hinweg die Renaturierung des Areals zugesagt.

Dadurch sollten sich neben der Lebensqualität vor Ort auch die Möglichkeiten der Naherholung im Nordraum verbessern. Doch seit bekannt wurde, dass zumindest die komplette Südseite mit Sonnenkollektoren bestückt werden soll, bestürmen die Einwohner von Seehausen den Stadtrat mit Anfragen, ringen sie – wie in der Mai-Stadtratssitzung 2021 – um ihr Mitspracherecht bei der zukünftigen Gestaltung der Deponie.

Um den Solarpark auf der Deponie zu bewirtschaften, haben die Stadtwerke Leipzig und die Westsächsische Entsorgungs- und Verwertungsgesellschaft mbH (WEV) 2020 extra eine gemeinsame Projektentwicklungsgesellschaft gegründet.

„Mit unseren Vorschlägen wollen wir dem Ausgleich zwischen den Interessen der Anwohner und der Notwendigkeit, erneuerbare Energien auszubauen, Vorschub geben“, erklärt SPD-Stadträtin Christina März, zu deren Wahlkreis Seehausen gehört.

„Wir machen deshalb den Vorschlag, dass Stadt, Stadtwerke und der Abfallzweckverband eine Maßnahmenliste erarbeiten, die binnen der nächsten drei Jahre realisiert werden soll, um die Lebensqualität im Nordraum auch trotz der energetischen Nutzung des Deponiegeländes zu erhalten und zu steigern.“

Möglichst viel Grün erhalten

Und zuallererst geht es um ein ebenso aktuelles Thema der Gegenwart: mehr Grün.

Es geht darum, Ausgleichsmaßnahmen, die durch die Eingriffe in die Natur notwendig werden, zum großen Teil direkt vor Ort zu realisieren. Dazu gehören Grün- oder Baumstreifen an Straßen und Radwegen sowie die Prüfung und gegebenenfalls auch Realisierung eines Grünstreifens an der Autobahn A 14.

Ferner soll so viel Grün wie möglich auf dem Berg erhalten bleiben und sollen Lücken zwischen der PV-Anlage mit geeigneten Pflanzen begrünt sowie alle Wege rund um die Deponie, soweit möglich, saniert, begrünt und nutzbar gemacht werden.

„Da die Gebiete Teil der Frischluftschneisen der Stadt Leipzig sind und im Rahmen des Wasserkonzepts beispielsweise die Nördliche Rietzschke oder der Mühlgraben renaturiert werden sollen, ist es notwendig, hier nachhaltige Lösungen zu finden. Eine wasserführende Rietzschke könnte, verbunden mit der entsprechenden Bepflanzung, die Frischluftgewinnung für die Stadt Leipzig unterstützen“, ergänzt Geisler.

Die Bürger der Seehausener Ortsteile haben sich mit einer Maßnahmenliste an der Diskussion beteiligt. Auf dieser Basis möchte die SPD-Fraktion erreichen, dass darin aufgeführte Gebäude, Flächen und Einrichtungen für eine Vereinsnutzung optimiert werden und gemeinsam mit dem Ortschaftsrat eine Art Arbeitsprogramm erstellt wird, das binnen drei Jahren realisiert werden soll.

„Zur Lebensqualität im Nordraum zählt auch, dass Straßen, Rad- und Fußwege, deren Sanierung zwar vorgesehen ist, die aber bislang eine niedrige Priorität haben, möglichst vorgezogen werden, um auch so zügig einen Ausgleich herzustellen“, so Christina März.

Und hebt hervor: „Uns geht es zudem darum, dass bei der Anbindung der Gewerbegebiete rund um Seehausen eine verbesserte ÖPNV-Anbindung der Ortslagen geprüft werden soll, weil das dazu beitragen kann, den Verkehr zu reduzieren und damit die Luftqualität zu verbessern. Wir versprechen uns von unseren Vorschlägen eine Win-Win-Situation für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort sowie die Stadtgesellschaft.“

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Es gibt 7 Kommentare

Sicher kann man sich dann immer wieder herausreden, was alles nicht geht.
Dann muss man es halt so machen, dass es geht.
Die Zweckverbände kontrollieren sich doch nicht selber. Und bei anderen Themen können und werden Gesetze auch ignoriert und alle Zucken nur mit den Schultern.

Um jeden popeligen Baum in der City wird gekämpft, aber dort dann mal gleich ein paar Hektar plattmachen.

Zu Christian, ja ich finde das Angebot des Freistaates eines Frechheit aber das ist mit hier nicht zu vergleichen.
zu Thoma_2, ja wir würden auch lieber Dächer begrünt und mit Solar bestückt sehen oder wenigstens nur Solar aber leider geben das die wenigsten Lagerhallen und Produktionshallen hier im Nordwesten her denn die Statik ist so auf Kante genäht mit Maximalprofitausrichtung und nachträglich geht wenig. Seit ca 3 Jahren muss Begrünung, Regenrückhaltung und Solar nachgewiesen werden.
zu A&O ja die Seehausener hätten einige Maßnahmen viel früher erhalten müssen aber früher waren es andere Stadträte. Wir haben ja Maßnahmen beschrieben die der Frischluftschneise helfen, die Verbindungswege verbessern und der sozialen Infrastruktur zu Gute kommen und fragen Sie Ihren Ortschaftsrat viele Dinge die in Seehausen oder hier im Norden passiert sind habe ich angestoßen mit der Unterstützung meiner Fraktion, siehe Teiche.
VG Andreas Geisler

Liebe interessierte Bürger, zu robin w. , dieser Berg ist noch mindestens 20-30 Jahre im Abfallrecht und in der Nachbetreuung der Zweckverbände also hält sich die Handlungsfähigkeit der Stadträte in Grenzen und beschränkt sich auf den Abfallzweckverband mit wenigen Stimmen. Wir finden das Abholzen von ca 6 h auch totalen Mist und die Nichtaufforstung des Neuberges erst recht und das den Seehausenern jahrzehntelang der Müll vor die Türe gekippt wurde mit dem Vesprechen dann wird es grün und der grüne Berg jetzt droht zur Solar Schildkröte zu verkommen ärgert uns aber ich war der einzige Stadtrat der bei 2 Debatten dagegen das Wort ergriffen hat. Der Berg bekommt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das ok der Stadträte und mir geht es in dem Wissen darum noch etwas für den Ort zu retten. Im Übrigen diskutieren auch die Ortschaftsräte ähnlich, dagegen sein aber wenn man merkt man verliert den Kampf wenigstens etwas für den Ort bzw die 4 Ortsteile und die Mark mitnehmen. VG Andreas Geisler

Danke an alle Vorkommentierenden, die aus verschiedenen Aspekten genau die richtige Exegese treffen. Dieses Vorhaben ist in seiner Idee abzulehnen. Wir reden hier über die Einhaltung von Grünordnungsplänen, den Erhalt von Frisch- und Kaltluftzonen, von CO²-Speichern und allem voran, den Erhalt dieser jahrzehntelang gewachsenen Biozönose mit seinen umfassenden Artenspektrum! Klima- und Naturschutz darf sich hier nicht gegeneinander ausspielen (lassen), der Hebel gehört dort angesetzt, wo bereits versiegelte Flächen für die Errichtung von PV geeignet ist -> Agrivoltaik und natürlich auch alle geeigneten Dachflächen.

Es ist doch vollends absurd, hier in einen Kuhtausch – ihr gebt uns eure Natur, wir geben euch schöne Infrastruktur – eingehen zu wollen. Das Seehausen wie offenkundig alle anderen Ortsteile nur auf dem Papier dem Leipziger Wohlergehen zuzurechnen sind ist vorrangig ein kommunalpolitisches Problem. Das Leisten von Infrastruktur- und Naherholungsmaßnahmen hätte also per se schon früher erfolgen müssen!

Solange nicht alle möglichen Dächer mit Photovoltaik-Modulen bestückt sind, ist dieses Vorgehen abzulehnen.
Hier in der Stadt darf man auf der besten Dachfläche (5-Geschosser, Südlage) wegen Denkmalschutz kein Modul installieren. Den kleinen Leuten werden zugunsten großer Firmen immer nur Steine in den Weg gelegt. Danach aber dann medial wirksam über die blöden Bürger geschimpft, die sich nicht Klima-/Umwelt- was-weiß-ich-konform verhalten.

…warum fällt mir da der LEJ ein? 40 Mio Euro für Dinge, um die Querulanten zum Schweigen zu bringen. Auf einmal sollen Straßen instandgesetzt und sogar neue Schwimmhallen gebaut werden, was in Leipzig kurz vorher abgelehnt wurde. Ich sage hier auch: Liebe Flughafenanrainer, lasst Euch nicht vom Land Sachsen vergackeiern! Es ist offensichtlich überall die gleiche Leier. Und man kommt damit durch!

Da werden sich die Seehäusener sicherlich freuen. Statt auf dem großen Gelände der ehemaligen Deponie mit den 30-jährigen Waldbereichen (immerhin etwa 20 ha), Gehlzsukzessionsflächen und Wiesen mit einer hohen Artenvielfalt sollen sie sich also in den Baumstreifen entlang von Straßen und wenn sie richtig viel Glück haben direkt im Grünstreifen der A14 erholen und das Mehr an Grün genießen. Vielleicht können sie sogar noch zwischen den 75.000 Solarmodulen ein paar Gehölzchen ausfindig machen, natürlich mit dem Fernglas, denn solche Solarparks sind natürlich immer sicher eingezäunt (mal abgesehen davon, dass solche Solarindustrieflächen auch generell keinerlei Erlebniswert haben). Und ein paar Fuß- oder Radwege sollen saniert werden: Muss zwar sowieso gemacht werden, aber wird dann einfach als Goodwill-Aktion umdefiniert. Ich hoffe doch mal ganz stark, dass die Menschen vor Ort sich nicht derart verkackeiern lassen. Wie heißt nochmal der Spruch zu den Sozialdemokraten „Wer hat uns verraten…“?

Ich sage nur: Liebe Seehäusener, kämpft weiter für Natur auf diesem Hügel. Er gehört Euch!!!

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