Der Überraschungsangriff der islamistischen Hamas auf Israel vom letzten Wochenende schockiert noch immer die Welt. In Leipzig fanden heute zeitgleich Kundgebungen verschiedener Lager statt. Auf Bundesebene gab der Kanzler indessen eine pro-israelische Regierungserklärung ab, in der er auch den Empfang eines besonders heiklen Gastes aus Katar ausdrücklich verteidigte. Die LZ fasst zusammen, was am Donnerstag, dem 12. Oktober 2023, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Israel, Terror und Kampf um die Deutungshoheit: brisante Demo-Situation in Leipzig

Der Schock sitzt noch immer tief nach dem verheerenden, terroristischen Hamas-Angriff auf Israel am vergangenen Samstagmorgen. Hunderte Menschen sind tot, Tausende verletzt. Die Lage im Nahen Osten ist derzeit dynamisch, heute wurden unter anderem Luftangriffe Israels auf Ziele in Syrien gemeldet. Die Angst vor einer Eskalation ist gewaltig und möglicherweise steht eine Bodenoffensive des israelischen Militärs bevor.

Inmitten dieser Gemengelage kam es in Leipzig am heutigen Nachmittag zu zwei Demonstrationen verschiedener Lager. Geschätzte 150 Personen trafen sich zu einer pro-palästinensischen Kundgebung auf dem kleinen Willy-Brandt-Platz unweit vom Hauptbahnhof. Das Gelände war vorsorglich umzäunt. Unter dem Motto „Der Kampf um Befreiung ist international“ wurde Kritik an der Politik Israels geübt.

Redebeiträge ließen auch eine Distanzierung von den Massakern der Hamas gegen israelische Zivilisten erkennen. Zugleich hieß es, Israels Führung habe durch ihr Handeln eine Organisation wie die Hamas erst groß werden lassen, sodass progressive Gruppen keine Chance gehabt hätten.

Ein stilles Gedenken mit Kerzen lieferte eine Kundgebung namens „Solidarität mit Israel“, die auf dem kleinen Willy-Brandt-Platz stattfand. Anwesend waren unter anderem Leipzigs Kulturbürgermeisterin Skadi Jennicke (46, Linke) und der Beauftragte für jüdisches Leben in Sachsen, Thomas Feist (58, CDU). Geschätzt 300 Personen waren hier vor Ort.

Verbalen Austausch gab es wohl, größere Konfrontationen blieben laut Beobachtern zumindest bislang aus, vielleicht auch angesichts massiver Polizeipräsenz in der Innenstadt. Allerdings begannen die Einsatzkräfte bei der Palästina-Demo nach Beobachtung unseres Kollegen bereits früh mit dem Filmen und warnten vor der Nutzung womöglich strafbarer Parolen. Mindestens ein Mensch wurde hier nach einer Rede offenbar polizeilichen Maßnahmen unterzogen.

Die LZ behält die Situation weiterhin im Auge.

Update: In einer Mitteilung hat die Polizeidirektion Leipzig eine erste Bilanz gezogen. Hier heißt es: „Beide Versammlungen verliefen weitestgehend störungsfrei. In mehreren Fällen wurde auf dem Willy-Brandt-Platz gegen die Auflagen verstoßen. Auch einzelne Straftaten wurden dort registriert und unterliegen nunmehr der rechtlichen Würdigung durch die Staatsanwaltschaft“, so das vorläufige Resümee der Einsatzkräfte am Abend.

Scholz bekennt sich zu Israel und verteidigt Emir-Empfang

Das Thema Israel bestimmt dieser Tage auch die höchsten Ebenen der Politik, was selbst den seit Februar 2022 andauernden Ukraine-Krieg in der täglichen Wahrnehmung etwas ins Hintertreffen geraten lässt. An Solidaritätsbekundungen für Israel fehlt es dieser Tage nicht, doch ist klar, dass auf Dauer mehr als das erwartet wird.

In einer Regierungserklärung im Bundestag am Morgen verurteilte Kanzler Olaf Scholz (65, SPD) die brutalen Massaker der Hamas: „Wir verdammen die Gewalt der Terroristen in aller Schärfe“, so der Regierungschef auch mit Blick auf den anwesenden Botschafter Israels in Deutschland, Ron Prosor (65). Israel habe das völkerrechtlich verbriefte Recht, sich und seine Bürgerinnen und Bürger zu verteidigen. Scholz kündigte zudem ein Betätigungsverbot für die Hamas in Deutschland an. Auch das palästinensische Netzwerk Samidoun solle verboten werden.

Das Vereinsrecht sei ein scharfes Schwert des Rechtsstaats, so Scholz. Oppositionsführer Friedrich Merz (67, CDU) schlug in eine ähnliche Kerbe. Dass der Kanzler am Mittag den Emir aus Katar empfing – ein Land, das als eines der größten Hamas-Unterstützer gilt – mag man als Zynismus oder Realpolitik bezeichnen. In letzterem Sinne jedenfalls argumentierte Scholz, der das Treffen mit Tamim bin Hamad Al Thani (43) rechtfertigte: In der aktuellen, dramatischen Lage mit vielen Geiseln sei es unverantwortlich, nicht alle verfügbaren Kontakte zu nutzen. Mit anderen Worten: Es wird auf eine Vermittlerrolle Katars gehofft.

Evakuierungsflüge gen Deutschland laufen an, doch es gibt viel Kritik

Währenddessen sind auch von deutscher Seite Evakuierungsflüge für Staatsbürgerinnen und -bürger in Israel angelaufen. Die ersten Deutschen konnten Israel heute mit einer Sondermaschine der Lufthansa verlassen. Am Flughafen in Tel Aviv gab es lange Schlangen, vielfach waren Unmut und Zorn spürbar: Die Hotline, um an einen Flug zu kommen, sei völlig überlastet gewesen, oft habe man stundenlang in der Warteschleife gehangen und sei dennoch nicht oder erst nach Stunden überhaupt durchgedrungen, so der Vorwurf. Weitere Rückholflüge aus Israel Richtung Bundesrepublik sind für die kommenden zwei Tage geplant.

Worüber die LZ heute berichtet hat:

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Was sonst noch wichtig war:

Im Bereich Prager-, Ecke Parkstraße im Südosten Leipzigs kam es am Nachmittag zu einem Unfall. Wie Polizeisprecherin Josephin Heilmann auf LZ-Anfrage am späten Abend mitteilte, hatte eine 32-jährige Autofahrerin offenbar eine Radlerin (21) beim Abbiegen von der Höltystraße auf die Prager Straße übersehen und erfasst. Die 21-Jährige wurde demnach schwer verletzt und stationär ins Uniklinikum gebracht. Der Verkehrsunfalldienst hat die Ermittlungen aufgenommen.

Unfall im Bereich Prager Straße. Foto: Sabine Eicker

Brandenburg geht neue Wege zur Behebung des Lehrermangels auf dem Land.

Beim Treffen der NATO-Verteidigungsminister in Brüssel wurde die Solidarität für Israel bekräftigt.

Was morgen wichtig wird:

Kanzler Scholz und Oppositionsführer Merz wollen Freitagabend zur Beratung zusammenkommen. Bei dem Spitzentreffen der Politgrößen dürfte vor allem die Migrations- und Asylpolitik Deutschlands im Fokus stehen.

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