Er hatte bis zuletzt seine Unschuld beteuert – doch das Landgericht Leipzig verurteilte einen 72-jährigen Mann nun wegen Brandstiftung mit Todesfolge zu zwölf Jahren Haft. Er soll im Juni 2020 ein Großfeuer im nordsächsischen Beilrode gelegt haben, welches das gemeinsame Wohnhaus von ihm und seiner Lebensgefährtin zerstörte – und seinen eigenen Stiefsohn das Leben kostete.

Die große Strafkammer des Leipziger Landgerichts sah es nach mehreren Verhandlungstagen als erwiesen an, dass Detlev B. am 21. Juni 2020 vorsätzlich in der angrenzenden Scheune des Beilroder Einfamilienhauses mit Kraftstoff gezündelt und so ein Großfeuer verursacht hatte.

Die Flammen griffen damals rasch auf den Wohnbereich über und kosteten den Bewohner Thomas Z. das Leben – der 47-Jährige starb, bekleidet auf seinem Bett liegend, qualvoll infolge einer Kohlenmonoxid-Vergiftung. Er war leiblicher Sohn der Partnerin des Angeklagten und lebte mit beiden zusammen seit Jahren auf dem Hof.

Staatsanwaltschaft sah Mord aus Habgier

In der Urteilsbegründung hielt der Vorsitzende Richter Hans Jagenlauf dem 72-jährigen Detlev B. vor, dieser habe seine Lebenspartnerin Barbara Z., eine alte Jugendliebe aus Schulzeiten, wohl aus einer problematischen Situation befreien wollen, in der das Haus und die familiäre Situation nur noch zu einer Belastung geworden seien. Einen Beleg für eine vorsätzliche Tötung von Thomas Z. erkannte das Schwurgericht allerdings nicht.

Ganz anders klang es bei der Staatsanwaltschaft: Diese hatte Detlev B. sogar wegen Mordes angeklagt und auch an dieser Sichtweise festgehalten. Der frühere Bauschlosser habe aus Habgier gehandelt, um sich und seiner Partnerin für einen sorglosen Lebensabend rund 215.000 Euro von der Versicherung zu beschaffen. Das Sterben seines gehbehinderten Stiefsohns, den er als nutzlos verachtete, habe er zumindest billigend in Kauf genommen, hieß es in der Anklage.

Angeklagter beteuert Unschuld

Detlev B. hatte die schweren Vorwürfe stets von sich gewiesen: „Ich war es nicht“, beteuerte der Senior bei der Verhandlung im Juni, räumte gleichwohl Spannungen im Verhältnis zum später getöteten Thomas Z. ein.

Das Gericht sah die Täterschaft des Angeklagten jedoch durch verschiedene Indizien hinreichend belegt, unter anderem Spuren der brandbeschleunigenden Flüssigkeit, die unter den Schuhen von Detlev B. nachgewiesen wurden. Auch habe er sich bei seiner Schilderung des Geschehens immer mehr in Widersprüche verstrickt.

Verteidigung und Nebenklage wollten Freispruch

Die Staatsanwaltschaft wollte Detlev B. wegen Mordes lebenslang hinter Gittern sehen, Nebenklage und Verteidigung dagegen auf einen kompletten Freispruch hinaus. Sie verwiesen auf viele Unklarheiten, beispielsweise auf die Möglichkeit, das Brandopfer könnte in suizidaler Absicht selbst gezündelt haben.

Neben seinem Bett fand die Feuerwehr einen halbvollen Benzinkanister. Dr. Carsten Pagels, der Anwalt von Detlev B., hatte schon zum Prozessauftakt zahlreiche Zweifel an den polizeilichen Ermittlungen kundgetan.

Zudem hatte sich der schwer herzkranke Thomas Z. während der letzten Monate seines Lebens offenbar immer mehr isoliert und zurückgezogen, auch Andeutungen gemacht, aus dem Leben scheiden zu wollen, eine ärztliche Behandlung trotz aller Hilfsangebote seiner Mutter verweigert.

Die Kammer hielt eine Selbsttötung für ausgeschlossen, doch reichte es aus ihrer Sicht letzten Endes nur für einen Schuldspruch wegen Brandstiftung mit Todesfolge. Detlev B. gilt laut Gutachter als voll schuldfähig und sitzt auch aktuell weiter in Haft.

Der Ende Mai begonnene Strafprozess gegen den Rentner war im Juli wegen der Erkrankung eines Richters geplatzt und daher seit September noch einmal neu aufgerollt worden. Das aktuelle Urteil ist noch nicht rechtskräftig – Staatsanwaltschaft und Verteidigung bleibt die Möglichkeit einer Revision.

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