Bestätigt sich, was derzeit im Raum steht, könnte man den Brand der vergangenen Nacht durchaus als die erste extremistische Tat gegen einen Staatsbetrieb in Leipzig nennen, der vielleicht mit dem Thema Umwelt und Ökologie in Zusammenhang steht. Dies zumindest legt das Ziel selbst nahe. Auf dem Gelände des Sachsenforst-Betriebshofes an der Heilemannstraße 1 sind in der Nacht auf den heutigen 16. Februar 2023 vier Pkw vollständig ausgebrannt und nicht nur das ermittelnde LKA Sachsen geht von Brandstiftung aus.

Die Spekulationen über mögliche Zusammenhänge jedenfalls schießen schon seit dem heutigen Mittag ins Kraut. Mancher konstruiert mal flott einen Zusammenhang mit der aktuell stattfindenden Räumung im Heidebogen „Heibo“ bei Dresden, für andere ist längst klar, es können nur klimapolitisch radikalisierte Linksextremisten gewesen sein.

Möglich scheint dies jedoch, da es laut LKA-Sprecher Tom Bernhardt vor einigen Tagen, wenn auch wenige, so doch der Polizei vorliegende Hinweise im Netz gab, dass es auf die Räumung des Waldes für einen späteren Kiesabbau radikale Reaktionen geben könnte.

Wie immer in solchen Fällen erinnern sich manche aber auch an eine Leipziger Brandserie bei Pkws, welche von einem apolitisch motivierten und später verurteilten Einzeltäter verübt wurden. Andere Brandstiftungen unter offenbar erheblichem Einfluss von Drogen an Pkws gestand erst im Oktober 2022 ein bekannter Boulevard-TV-Protagonist vor dem Leipziger Landgericht.

Die Situation auf dem Sachsenforst-Betriebsgelände am Morgen des 16. Februar 2023. Foto: LZ
Die Situation auf dem Sachsenforst-Betriebsgelände am Morgen des 16. Februar 2023. Foto: LZ

Der Zweifel jedenfalls bleibt. Dass es jedoch Brandstiftung war, bestätigten nach LZ-Recherchen erste Augenzeugen, welche in den frühen Morgenstunden dunkle Gestalten im Innenhof des Betriebsgeländes gesehen haben. Dabei ist immer von mehreren Tätern die Rede, auch in der aktuellen Meldung der Leipziger Staatsanwaltschaft zum Fall.

Hier heißt es: „Durch unbekannte Täter wurden auf dem Gelände des Staatsbetriebes Sachsenforst Forstbezirk Leipzig mehrere Fahrzeuge in Brand gesetzt. Der Schaden wird aktuell auf mindestens 100.000 Euro geschätzt“. Dabei handelt es sich um zwei Transporter und zwei Pkw der kommunalen Forstverwaltung.

Im Konflikt mit radikalem Naturschutz steht die Behörde vor allem in den Fragen der „Waldbewirtschaftung“ gegenüber einer natürlichen Vegetation unter anderem im Leipziger Auwald. Nimmt man diesen Umstand jedoch aus der Rechnung heraus, könnte sich die Brandstiftung auch schlicht gegen einen Teil der städtischen Verwaltung als Repräsentation des Staates richten.

Ein etwaiges Bekennerschreiben an üblichen Stellen im Netz fehlt jedoch zur Stunde. Zuletzt hatten sich im Januar 2023 angebliche Linksradikale anonym zu brennenden Postfahrzeugen im Zusammenhang mit den Razzien in Connewitz bekannt. Auf LZ-Nachfrage geht auch LKA-Sprecher Bernhardt aktuell von „einer Gruppe von Tätern“ aus, wobei man noch kein Bekennerschreiben oder ähnliches im Netz gefunden habe.

Da also auch die Ermittler des LKA „eine politische Motivation für die Tat“ nicht ausschließen können, habe nunmehr „das PTAZ* des Landeskriminalamtes Sachsen die weiteren Ermittlungen übernommen“.

In einem ersten Zeugenaufruf heißt es: „Wer hat in den Morgenstunden des 16. Februar 2023 bzw. in der Zeit vor und nach der Brandlegung im Bereich der Heilmannstraße Straße in Leipzig und der näheren Umgebung Feststellungen gemacht, welche bei der Aufklärung der Straftat und der Ermittlung der Täter helfen können?“

Auch Hinweise aus dem Netz seien von Bedeutung. Melden könne man sich mit sachdienlichen Hinweisen bei der Kriminalpolizei, Dimitroffstraße 1 in 04107 Leipzig, Tel. (0341) 966 4 6666 oder jeder anderen Polizeidienststelle.

*PTAZ: Polizeiliches Terrorismus- und Extremismus- Abwehrzentrum

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Es gibt 9 Kommentare

@fra
Ja, bei der LVZ bin ich darauf gestoßen, dass jetzt ein Bekennerschreiben veröffentlicht wurde. Ob der lange Text jemand davon überzeugen kann, die Aktion gutzuheißen, möchte ich in Abrede stellen. Es ist viel von “Zerstörung” im Text die Rede. Natürlich zu Recht, da die Natur systematisch zerstört wird, doch dies dann als Rechtfertigung für folgenden Satz heranzuziehen, halte ich persönlich für falsch:
Zitat:
” Wir leisten damit unseren Beitrag zu den Kämpfen weltweit, die sich gegen die Zerstörung stellen. ”

Um es klarer auszudrücken: “Wir zerstören, um gegen Zerstörung zu kämpfen”.
Alles sehr alttestamentarisch gedacht – Motto: “Auge um Auge, Zahn um Zahn”. Aber das Alte Testament hat ja nicht ohne Grund den Zusatz “Alt” verpasst bekommen, weil diese Ideen schon damals nicht mehr zeitgemäß waren.
Und dass im Grunde genommen wirklich bei jedwedem Thema demonstrativ Autos angezündet werden, ist für mich eh nicht tragbar. Da kann ich nicht anders. Das sind eben meine Werte.

@Der Michel
“wird wohl bald etwas bei indymedia erscheinen. ”
Ist schon erfolgt.
@Michael Freitag
War schon ganz schön erstaunt, das Sie auch so schreiben können. Daumen hoch.

@gerd stefan: Sie wissen genau, welchen Vorwurf Sie versucht haben, in den Raum zu stellen. Und dagegen verwahre ich mich (nochmals) ausdrücklich. Das nachgeschobene Lob nehme ich als Entschuldigung an.

Es ist nun mal nicht jeder Journalist so schnell und aktuell. Mein Beitrag war eher anerkennend. Will ich nicht missverstanden haben.

@Der Michel: Die Aktion wird wahrscheinlich keinen Quadratmeter Waldboden im Heidebogen retten – da ist man sich mit etwas realistischer Betrachtung der Situation schnell einig – ist aber immerhin Ausdruck dessen, daß noch nicht alle gleichgültig zu Aktionen stehen, die diesen Planeten Stück für Stück kaputt machen.

Wenn’s aus der Connewitzer Szene kommt, wird wohl bald etwas bei indymedia erscheinen. Bin mal gespannt.
Eine Bewertung der politisch-gesellschaftlichen Sinnhaftigkeit solcher Aktionen erspare ich mir bis dahin.

@gerd stefan: Es reicht mir jetzt wirklich mit Ihrer Dummheit. Sie unterstellen demnach, wir oder ich hätten etwas mit der Brandstiftung oder den Tätern zu tun, weil wir als hochvernetzte Lokalzeitung schnell an Bilder gekommen sind? Gut, dann so viel dazu: das lasse ich persönlich mir nicht mehr bieten und erwarte eine Entschuldigung.

Sehr bald.

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