Aktivist*innen der Klimaprotestgruppe „Letzte Generation“ haben am Mittwochmorgen gegen 9 Uhr die Jahnallee in Leipzig in Höhe Sportforum blockiert. Der Autoverkehr war sowohl stadteinwärts als auch stadtauswärts lahmgelegt. Seit circa 9:20 Uhr war die Polizei vor Ort und nahm die Personalien der Aktivist*innen auf. Nachdem die Protestierenden von Polizeikräften von der Straße getragen wurden, rollte der Autoverkehr gegen 9:45 Uhr wieder.

Bei ihrem Protest bezieht sich die „Letzte Generation“ auf die Bauernproteste Anfang der Woche: Ein Aktivist sitzt auf einem Spielzeugtraktor, eine weitere Person hält ein Schild mit der Aufschrift „Wir dürfen das! Wir haben einen Traktor“ in den Händen.

In einer Pressemitteilung von Mittwochmorgen bezeichnet die „Letzte Generation“ ihre heutige Aktion als „Straßenprotest mit Traktoren“. Und schreibt: „Letzte Generation setzt auf innovative Strategie, um sich bei der Bundesregierung Gehör zu verschaffen.“

Mit ihrem zynisch angehauchten Protest wollen die Klimaaktivist*innen – zwei Tage, nachdem Landwirtinnen und Landwirte mit ihren Traktor-Konvois bundesweit teils den Verkehr lahmlegten, in Leipzig blockierten sie zum Beispiel Autobahnauffahrten – scheinbar die Öffentlichkeit dazu anregen, zu vergleichen, wie die Bauernproteste und die „Letzte Generation“-Proteste von Politik, Medien und Bevölkerung verhandelt werden.

Das Bild zeigt den Protest der "Letzten Generation" am 10. Januar 2024 in Leipzig nahe Stadion auf der Jahnallee

Proteste der „Letzten Generation“ und der Bäuerinnen und Bauern ähneln sich

Die Protestformen der „Letzten Generation“ und der Landwirtinnen und Landwirte weisen durchaus Parallelen auf: Beide Gruppen richten ihre Forderungen an die Bundesregierung und wollen sie durchsetzen, indem sie die sogenannte öffentliche Ordnung stören beziehungsweise für möglichst viel Aufsehen sorgen.

So blockierte die „Letzte Generation“ in den vergangenen Jahren regelmäßig stark befahrene Straßen in Leipzig, um mehr Klimaschutz, Tempolimits und ein immerwährendes 9-Euro-Ticket zu fordern. Am Montag, 8. Januar 2024, blockierten dann die Bäuerinnen und Bauern Straßen in ganz Deutschland, um unter anderem eine Verlängerung der Dieselsubventionen zu erwirken.

Der Unterschied: Die „Letzte Generation“ meldet ihre Blockade-Aktionen in der Regel nicht als Versammlung an, um einen Überraschungseffekt zu erzeugen und „emotional aufzuwühlen“, wie es Aktivistin Melanie Guttmann gegenüber der LZ im Dezember erklärte. Somit werden ihre Aktionen von der Polizei als Straftaten gewertet, nicht selten folgen Gerichtsverhandlungen wegen des Vorwurfs der Nötigung oder der Sachbeschädigung. Auf diese Art des „zivilen Ungehorsams“ setzen mehrere klimaaktivistische Gruppen, beispielsweise Greenpeace oder auch „Ende Gelände“.

Der Bauernverband und auch der sächsische Verein „Land schafft Verbindung“ – die beiden Hauptakteure der Bauernproteste in Sachsen – hatten ihre Blockade-Aktionen hingegen angemeldet und sie in der Regel genehmigt bekommen.

„Letzte Generation“ sieht Doppelmoral im Umgang der Politik mit Protesten

„Wir fragen uns, warum unsere Regierung den Protesten der Bauern so viel offener gegenübersteht, als denen der Klimagerechtigkeitsbewegung?“, vermeldete die „Letzte Generation“ am Mittwochmorgen. „Für den Fall, dass die Regierung einfach Traktoren lieber mag als Warnwesten, haben wir uns auch Traktoren besorgt.“

Die Bauernproteste würden zeigen, dass man sich durch Straßenblockaden und Demonstrationen mit massiven Verkehrsbeeinträchtigungen ungemein schnell und effektiv Gehör bei der Bundesregierung verschaffen könne, führt die Gruppe weiter aus.

„Nichtsdestotrotz wurden die Bäuerinnen und Bauern von der Politik respektvoll behandelt, anstatt als Terroristen, Verbrecher und Chaoten beschimpft zu werden. Die Website des Bauernverbandes wurde nicht beschlagnahmt, es wurde niemand in Präventivhaft genommen und der Verbandspräsident Joachim Rukwied muss sich vermutlich auch nicht vor einer Hausdurchsuchung fürchten.“

In der Vergangenheit hatte die Polizei nach Aktionen der „Letzten Generation“ bundesweit mehrere Razzien bei Aktivist*innen der Gruppe durchgeführt, auch in Leipzig.

Das Fazit der „Letzten Generation“: „Es ist der Bundesregierung also doch möglich, konstruktiv mit Protesten aus der Bevölkerung umzugehen.“

Ob die Gesellschaft für die Bauernproteste ein anderes Level an Akzeptanz aufbringt als für die Aktionen der „Letzten Generation“, ist pauschal und ohne wissenschaftliche Untersuchungen kaum zu bewerten. Die Reaktionen von einzelnen Politiker*innen sind auf Anhieb deutlich besser zu vergleichen. Die Thematik sorgte bereits in den vergangenen Tagen für Diskussionsstoff.

Zuletzt hatte die Letzte Generation vor genau vier Wochen in Leipzig für Aufsehen gesorgt. Am 13. Dezember besprühten Aktivist*innen den Weihnachtsbaum in der Mädlerpassage mit oranger Farbe, um auf die unzureichende Klimapolitik der Ampelregierung aufmerksam zu machen.

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Es gibt 37 Kommentare

Ralf, Ralf , Ralf, sie vertreten ja diese Woche Zeitung. Und dann solche verbalen Verwerfungen. Wie war das nochmal mit den getroffenen Hunden,die Wölfe sein wollen….

Lieber Gerd,
Ihre Betrachtungen zur Motivation sind nicht mehr als platte Küchenpsychologie. Den Begriff „Aktivismus“ hat entgegen Ihrer Darstellung auch nicht die NSDAP erfunden. Ihr Umgang mit Wissenschaft ist dafür, dass Sie behaupten studiert zu haben, einfach nur peinlich.

Und lassen Sie bitte das geschundene Erzgebirge in Ruhe. Da kommt meine Familie her. Ehrliche Bauern, die sich täglich mit rechten Dumpfbacken wie Ihnen rumschlagen müssen.

Selbst das erstmal scheinbar uneigenützigste Verhalten des Einzelnen, wie zum Beispiel für den lieben Gott ins Kloster zu gehen, hat was mit Projektion und Kompensation eines Befarf szu tun. Ob die Kompensation geeignet ist den Mangel an irgendetwas langfristig zu befriedigen untersteht einer Wertung. So scheinen die meist leeren Gesichter der Straßenkinder der Jahnallee auch auf einen Bedarf an irgendetwas hinzuweisen. Hier könnte es sich um Unverstanden sein, Einsamkeit, mangelndes Grundvertrauen oder kindliche Angst zu handeln. Die Solidarisierung mit Gleichfühlenden und die gemeinsamen Aktionen scheinen zumindest kurzfristig das Gefühl eine Besserung zu beinhalten. Es gibt aber auch andere Möglichkeiten, die sogar Kassenleistung sind.

@Sebastian: “aber ich kann nicht nachvollziehen warum es so negativ gesehen wird, wenn Leute erst mal in ihren eigenem Interesse handeln.” – Meine Kritik galt der These, dass Menschen nur aus Eigennutz handeln.
Wenn meine Theorie (Tag ist, wenn die Sonne schon auf- aber noch nicht untergegangen ist. ) die Definition von “Tag” beschreibt, dann beschreibt ihre Theorie (Menschen tun das, was Belohnung verspricht – was Sie, werter Sebastian, zu dem Umkehrschluß bringt, dass, alles was Menschen tun, auf Belohnung basiert) die Definition von “Motivation”.

Für mich als Leugner nochmal zum mitmeiseln. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind eindeutig. Die Aktivisten (übrigens der Ursprung der Bezeichnung kommt aus frühen Zeiten der NSDAP) tun das für die Rettung der Welt. Das muss ich ja noch wirklich viel dazu lernen und mir einhämmern lassen als einer , der im erzgebirgischen Bergwerksstollen ohne künstliche Erhellung sozialisiert wurde.Ich kühle mein Hirn heute doch mächtig beim Fahrradfahren, da draussen wo der Pizzaservice herkommt.

Und zum Thema Subventionen / Lebensmittelpreise: ich erschrecke immer wieder, wie teuer das im Ausland ist. Nicht nur in der Schweiz, auch in Dänemark oder den USA.
Ich habe tendenziell weniger ein Problem, wenn die Milch über einen Euro kostet oder das Brot nun teilweise schon bei fünf Euro pro Kilo liegt. Aber es gibt genug Leute, denen das nicht egal sein kann, wozu beispielsweise meine Eltern gehören. Ich habe, und die haben erst recht, nichts davon, wenn die Lebensmittelpreise weiter steigen. Agrardiesel ist unser kleinstes Problem, da kommen haufenweise LKW, Flugzeuge, fossile Kraftwerke und von mir aus auch der niedrige Elektrifizierungsgrad der Eisenbahn in Deutschland deutlich eher auf den Prüfstand, als die Kraftmaschinen in Mähdreschern und Traktoren. Aber ich glaube, dieser Punkt aus den Forderungen ist eh schon erledigt.

Hallo Ralf,
“Darum geht es der letzten Generation:
Um die nächste Generation.”
Solange sie sich Mitteln bedienen, die ich scheisse oder unwirksam finde (Denkmal beschmieren, Weihnachtsbaum vollsprühen), und sie sich dabei so zum Affen machen, dass jegliche “Sorge” unglaubwürdig ist (mit Spielzeugtraktor infantil seinen Neid ausdrücken), gibt’s von mir keinen Beifall dafür. Erst recht nicht in dem überhöhten Maße wie in den Beiträgen zwei und drei Beiträgen hier.

Hallo Herr Torsten,
Sie haben lediglich die Definition von “Tag” beschrieben, aber keine Theorie aufgestellt. Und auch die Person, die nicht an Erfolg interessiert sein mag, handelt dann doch nach dem, wozu sie Lust hat. Weil sie es in dem Moment vielleicht mag.
Ich gebe zu, dass die Diskussion tatsächlich schwierig ist, aber ich kann nicht nachvollziehen warum es so negativ gesehen wird, wenn Leute erst mal in ihren eigenem Interesse handeln. Das ist doch einfach nur ehrlich und muss nichts abstoßendes sein. Allerdings nimmt es natürlich auch manchen Dingen ihren Heiligenschein, vielleicht ist ja das das Problem.

@Sebastian: “Und eine Theorie, die Sie nicht angreifen können, ist keine gute Theorie?” – Dann stelle ich mal die Theorie auf, dass es immer dann Tag ist, wenn die Sonne schon auf- aber noch nicht untergegangen ist. Super Theorie.

“Menschen, die den Erfolg ihres Tuns nicht sehen sind doch gerade DER Beweis dafür, dass es um innerste Motive geht.” – Es kann ja genauso gut sein, dass Sie den Erfolg auch nicht “im Innen” sehen. Bzw. schlicht nicht an dem, was Sie Erfolg nennen, interessiert sind. Menschen sind ganz seltsam mitunter.

Ich sag mal so: Die Diskussion ist schwierig. Faktoren wie “Motiv”, “Inneres” oder “Erfolg” lassen sich alle nicht so einfach operationalisieren, messen, etc.

“sie (LG) können unmöglich für alle Menschen auf diesem Planeten handeln.” – Ja, okay, das hatte ich im anfänglichen Überschwang nur überschlagen und dann aufgerundet =)

„Es gibt genug Leute auf der Welt, und es sind beileibe nicht nur eine Hand voll, die so ungefähr das Gegenteil von dem wollen, was die Letzte Generation möchte.“

Sebastian, da haben Sie recht.

Es sind die kommenden Generationen, die uns interessieren müssen.

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind eindeutig. Subventionen auf Diesel gehören abgeschafft. Und Bauern müssen von ihrer Arbeit leben können. Deswegen muss ihnen der Boden gehören, und nicht den von CDU/FDP hofierten Aasgeiern.

Darum geht es der letzten Generation:
Um die nächste Generation.

Hallo Herr Torsten,
“es gib Menschen, die sich für Andere aufopfern, ohne je die Früchte ihres Tuns zu ernten.”
Aber sicher doch. Sehr vielen Spendern (falls das für Sie noch unter den Thema gilt) geht es zum Beispiel so. Die drei Geschenkpakete letzten Dezember für die Ukraine, da werde ich nie sehen wie sich die Kinder gefreut haben (oder auch nicht). Das Dutzend kleine Scheine, was ich letztes Jahr wieder in diverse Kirchensammeldosen gesteckt habe – den Fortschritt an den Orgeln oder Gemäuern werde ich nie sehen. Die Vereinsarbeit, die ich leiste… Da kommt auch keiner groß vorbei und drückt warme Hände. Es läuft und ich freue mich, das ich vermeintlich was bewirken kann. Ihr Beispiel ist absolut keine Ausnahme dieser Theorie, egal von wem sie stammt und wie gesund sein Geist war.
Im Gegenteil – Menschen, die den Erfolg ihres Tuns nicht sehen sind doch gerade DER Beweis dafür, dass es um innerste Motive geht.
Und eine Theorie, die Sie nicht angreifen können, ist keine gute Theorie? Das kann ich wiederum nicht so richtig ernst nehmen. Was soll das denn für ein Argument sein.
Übrigens, hier eine wirkliche Ausnahme der Theorie, dass Menschen nur tun, was ihnen innere oder externe Belohnung verspricht: jemand, der sich derart in einer Tätigkeit verrannt hat, das er dabei selbst Schaden nimmt, aber mangels Kontrolle oder Rücksicht über sich selbst dabei zugrunde geht.

Aber wie schon gesagt: wenn Sie schon unbedingt daran festhalten wollen, dass die Theorie schlecht ist, das die Damen und Herren “Aktivisten” das alles nur tun, weil sie es für richtig und selbstbestätigend halten: sie können unmöglich für alle Menschen auf diesem Planeten handeln. Auch nicht in deren Namen. Es gibt genug Leute auf der Welt, und es sind beileibe nicht nur eine Hand voll, die so ungefähr das Gegenteil von dem wollen, was die Letzte Generation möchte.

“Killfile” musste ich erst mal googeln – super 😀

@ Laszlo: Nicht unbedingt McCarthy aber der Kuba-Krise (oder generell dem kalten Krieg) hatte Nash das große Interesse für seine Ideen zu verdanken. Das amerikanische Militär meinte u.a. mit Nash einen Wissenschaftler gefunden zu haben, der im Rahmen ihrer Nuklearstrategie voraussagen könne, was die Sowjets täten, wenn man selber den roten Knopf drückte: https://youtu.be/fbQcqJh52U8?feature=shared&t=968

Sie meinen, Nashs Theorien hätten nichts mit seiner Krankheit zu tun? Da war Nash anderer Meinung, er hat in den 90ern sinngemäß gesagt, dass er ohne seine finsteren Gedanken, auch nicht solche finsteren Theorien aufgestellt hätte. (Andererseits: kann man jemandem wie Nash trauen, wenn er über sich selbst spricht? =) )

Der Mathematiker John Forbes Nash hat tatsächlich den klassischen Nobelpreis nie erhalten. Aber einen ähnlich klingenden Preis, der wohl uneinheitlich ins deutsche übersetzt wird.
Zitat aus der Wikipedia:

„Da er jährlich zusammen mit den Nobelpreisen verliehen wird und mit der gleichen Preissumme dotiert ist, wird er im allgemeinen Sprachgebrauch als Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften oder Wirtschaftsnobelpreis bezeichnet; eine offizielle deutsche Bezeichnung existiert nicht.“

Persönlich finde ich die Erklärungen des Psychologen und Journalisten Christian Stöcker sehr erhellend. Er hat eine Kolumne bei Spiegel-online und beschreibt in seinem Buch „Die große Beschleunigung“ nachvollziehbar, wieso unser aller menschlicher Verstand bei Themen wie zukunftsfähiger Landwirtschaft einfach hart an seine Grenzen kommt. Stichwort Exponentialfunktion versus Intuition.

Das ist so ungefähr der Punkt an dem nicht nur der Gerd scheitert.

Philipp Torsten,
ich brauche auf Wiki nix zu erklären, da dort alles zum Thema korrekt wiedergegeben ist.
” Sveriges riksbanks pris i ekonomisk vetenskap till Alfred Nobels minne” + “Er [der Preis] ist jedoch in Alfred Nobels Testament nicht erwähnt, dessen Preisgeld finanziert die Schwedische Nationalbank aus eigenen Mitteln.”. Sie verstehen beim Thema Agrar / Natur nicht, dass nicht die (wünschenswerte) Moral zuerst kommt, sondern die Planungssicherheit und Wirtschaftlichkeit der benötigten Akteure. So und jetzt drücke ich aufs Knöpchen 😉

https://www.nobelprize.org/prizes/economic-sciences/1994/nash/facts/
Nash war Mathematiker und hat den Nobelpreis in Ökonomie für seine Forschung an Spieltheorie (Nash Equilibria) bekommen. Verstehe aber trotzdem den Zusammen zu seinem viel späteren und leider durch Krankheit geprägtem Leben nicht. Das er womöglich in den 60er Jahren in die DDR auswandern wollte hat ganz sicher nicht mit Nash-Equlibria sondern eher der McCarthy Ära und seiner Krankheit zu tun. Dies zu vermischen ist schlicht unterkomplex.

@Hearst. Haben Sie auf Wikipedia auch schon erklärt, dass er den Nobelpreis nicht bekommen hat? Falls nicht – dort ist ihr Wissen gefragt!

“Erklären Sie mit Nash die Proteste oder den Agrarmarkt (Faktor Boden), bitte.” – Wow, seh ich aus wie ein Automat, wo man Knöpfchen drückt?

Sebastian, es gib Menschen, die sich für Andere aufopfern, ohne je die Früchte ihres Tuns zu ernten. (Das in sich geschlossene und gegen Kritik immunisierte Konzept der Rational Choice würde hier freilich sagen, dass solche Menschen genau daraus Gewinn ziehen, sich uneigennützig zu verhalten. Da es in dieser Theorie aber keine Möglichkeit gibt, ein Verhalten anders als eigennützig zu deuten – die Theorie ist sozusagen immun gegen Kritik -, ist das m.E. kein gültiges Argument.)
Diese Uneigennützigkeit geht oft sogar über Verwandschaft oder Peers hinaus, z.B. diese Studie: https://www.nature.com/articles/srep44292

Zum Diskredit: Sowohl Nashs Einfluss auf die Politik als auch seine persönliche Geschichte finde ich faszinierend. Seine u.a. in Soziologie und Wirtschaftswissenschaft hineingeratene Spieltheorie wirkt m.E. bis heute gesellschaftsbeschädigend. Und die Episode mit der DDR ist nicht ausgedacht. Es gibt Berichte, nach denen er 1960 in Leipzig bei einer Familie Thurmer oder Thürmer untergekommen war, die Messe besucht hat und sich dem KGB dienstbar machen wollte. (Siehe Silvie Nazar: A Beautiful Mind A Biography Of John Forbes Nash)

Ich habe bisher leider keine Biographie über ihn gefunden, die seinem Leben und seinem Wirken gerecht wird. Allerdings taucht Nash in Adam Curtis’ faszinierender Dokumentar-Serie “The Trap” auf, die sich kritisch mit den Menschenbildern des Liberalismus auseinandersetzt. U.a. aus dieser Serie habe ich auch meine kritische Einstellung zu Rational Choice, Homo oeconomicus und ähnlichem Hokuspokus.

Lieber Philipp Torsten,
Schade, ich dachte sie lesen oder rechnen ein bisschen.
Der Mathematiker Nash hat keinen Nobelpreis, sondern den Preis der schwedischen Reichsbank bekommen. In der Mathematik gibt es auch keine Menschenbilder, ebenso wie es bei Luhmann (der die moderne dt. BWL prägte) keine Menschen gibt. Prägend für die aktuelle Wirtschaftswissenschaft sind eher Samuelson / Friedman. Erklären Sie mit Nash die Proteste oder den Agrarmarkt (Faktor Boden), bitte. Einen Fisch gibt es noch dafür dass Sie den Sebastian aus dem killfile geholt haben. Wobei: streiken die Fischer auch, oder gibt es da kaum noch kleine Betriebe oder vitale Fischbestände? Wenn der doofe Diesel nicht gewollt ist, dann E Trecker / Mähdrescher? Oder gleich mit Biogas? Welche Entwicklung darf es sein? Analyse und Inventionen sind gefragt, Borchert wäre ein möglicher Ansatz gewesen…

Hallo Herr Torsten,
Der Punkt geht an Sie! Die eine Wissenschaft gibt es nicht.
Welchen Aspekt der Psychologie, oder welche Theorie können Sie beisteuern, der eine andere Sichtweise auf die Motivation der Menschen bringt? Oder vielleicht gar ein Beispiel?
“Meine” Theorie, dass Menschen letztlich nur das tun, was sich für sie lohnt und was ihnen gut tut, finde ich zumindest sehr ehrlich und bisher auch immer anwendbar. Auch Mutter Theresa fand Sinn und Bestätigung in ihrem Tun, auch wenn es auf den ersten Blick selbstlos erschien.

Und zum Diskreditieren: da habe ich Sie wohl falsch verstanden. Sie schrieben über Herrn Nash, dass er für die beschriebene Theorie der Motivation stünde, und dass er psychisch krank war und in die DDR siedeln wollte. Der einzige Zusammenhang der da für mich erkennbar ist war, dass Sie “krank” mit “falschem Menschenbild” in Verbindung bringen wollten.
Und solange keine andere Theorie das Thema besser erklärt, würde ich auch erst mal dabei bleiben.

Hallo Sebastian, dass es DIE Psychologie gibt ist mir neu. Es gibt 1.000ende Forschende und 10.000e Erkenntnisse im Bereich der Motivationspsychologie. Ihre verkürzenden und verfälschenden Postulate, Sebastian, werden dieser Vielfalt an Erkenntnissen nicht gerecht.

@Hearst: Vielleicht meinen Sie ja was Anderes, aber der Nash, der unsere Wirtschaft durch seine Forschungen prägte, hat den Nobelpreis 1994 bekommen. Er litt Zeit seines Erwachsenen-Lebens an paranoider Schizophrenie und bekannte in Interviews, dass diese Krankheit sein Menschenbild geprägt hätte. Das hat nichts mit Diskreditieren zu tun.

Die Solidarität und deren unterschiedliche Stärke sind wohl ein Grund für die Darstellung. Schließlich wollen Bauern und DlG letztlich das gleiche – Erhaltung ihrer Existenz- und Lebensgrundlagen. Die Streichung der Steuerminderung hat das Fass nur zum Überlaufen gebracht. Das die Treckerfahrer nur das Landproletariat stellen sollte bekannt sein – Oh Lord. Und, ehe Sie lieber Philipp Torsten, den Nash, der keinen Nobelpreis erhalten hat, dafür aber für die Fields Medaille nominiert wurde. einfach nur falsch und oberflächlich weiter dissen, empfehle ich Ihnen erstmal einen seiner Aufsätze (im Original) zu lesen. Zur Besserung lösen Sie einstweilen 11 Differentialgleichungen, gern simultan per Hand (Kopf?). Vielleicht bekommen Sie (wie Nash) ihre Krankheit dann auch halbwegs in den Griff.

Hallo Herr Torsten,
Ich möchte mich nicht lustig machen oder geistige Krankheiten von Leuten für meine Argumentation nutzen. Ich weiß nur, dass in der Psychologie ganz klar ist, was typische Motivationen für die Handlungen von Menschen sind. Sie tun im Allgemeinen das, was eine Belohnung verspricht oder sie selbst eben aus ihrer Überzeugung heraus wichtig finden.
Und wenn Sie das nicht überzeugt, dann vielleicht ein anderes Argument: Die Demonstranten / Aktivisten wissen ja, dass es Lobby und Individuen gibt, denen die Umwelt oder “der Planet” am Arsch vorbei geht. Und dass sie für diese Teile der Gesellschaft und ihre Interessen ganz bestimmt nicht demonstrieren, den für die sind andere Dinge wichtiger als das Klima. Und mit diesem Wissen ist klar, dass sie unmöglich für “alle Menschen auf dem Planeten” demonstrieren können. Mal ganz abgesehen davon, dass das auch anmaßend wäre…

“Und natürlich demonstrieren Menschen nur für ihre eigenen Interessen. Für das, was sie selbst wichtig finden, in ihrer ureigenen Wahrnehmung.”- Sebastian, dieses Dogma wurde durch Rational-Choice Apologeten geprägt, allen voran von Nobelpreisträger John Nash, der zur Hochzeit seiner Schizophrenie in die DDR flüchten wollte.
Politisch Interessierte Ökonomen wie Gary Becker und Think-Tanks (die u.a. von Stiftungen der Superreichen finanziert werden z.B. Koch family foundations), haben es uns den Quatsch über universitäre BWL-Studiengänge in die Köpfe gemischt. Mit dem Nebeneffekt, dass die oben ausgestellte Tautologie immer wieder dazu dient, uneigennütziges Engagement zu diskreditieren.

Mein Beitrag enthält einen Fehler. Die Mehrheit lehnt die Protestform der Klimakleber (laut Tagesschau 85 Prozent) ab wogegen 81 Prozent das Anliegen der Bauern unterstützen (Stuttgarter Nachrichten). Das hat nichts damit zu tun ob man nun in einem echten Traktor sitzt oder auf einem. So ein Kindergarten sowohl in der Jahnallee als auch hier.

Die Bauernbewegung hat nach aktuellen Umfrageergebnissen eine breite Rückendeckung in Der Bevölkerung, deutlich weniger als die Klimakleberei, auch wenn die Vorfeldorganisation von den Regierungsgrünen und den Grossteil des medialen Komplexes massiv gepfuscht wird. Auch die Teilnahme an Klimademos im Rahmen der Schulpflicht ging ja auch massiv nach hinten los.

Ralf, Sie machen den gleichen Fehler wie die aussen:aktivisten da auf dem Bild: der Unterschied in der Akzeptanz liegt nicht am fehlenden Traktor…
Und natürlich demonstrieren Menschen nur für ihre eigenen Interessen. Für das, was sie selbst wichtig finden, in ihrer ureigenen Wahrnehmung.

Sie sind die personifizierte schwafelnde Schlafzimmercouch, werter Urser.
Kaufen Sie sich einen Traktor und essen Sie mehr Lembas-Brot.

Vorsätzlich immer wieder Menschen “emotional auf(zu)wühlen” soll zu was genau führen? Man träumt von Kettenreaktionen und bringt derweil nahezu alle gegen sich auf. Das ist, welche Ziele auch immer en Detail verfolgt werden, kein Erfolgsrezept. Und ich habe, nebenbei, nicht generell was gegen zivilen Ungehorsam.

Danke für die Aktion, LG! Danke, dass ihr das für mich und alle anderen Menschen auf dem Planeten tut.

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