Es war zu erwarten, dass es nicht bei einer Bezahlkarte für geflüchtete Menschen bleibt. Schon länger gibt es Bestrebungen, diese auch auf Empfänger von Sozialleistungen auszuweiten. Übrigens kein Thema, welches ausschließlich CDU- und CSU Politiker umtreibt: Auch unter dem rot-grünen Senat hat die Freie und Hansestadt Hamburg diese Intentionen. Die derzeitige Diskussion um Bürokratieabbau und Personaleinsparungen erleichtert dort die Argumentation.
So berichtet der NDR: „Nun arbeitet die Hamburger Finanzbehörde an einer Ausweitung des Einsatzes der Bezahlkarte auf andere Bereiche, wo Sozialleistungen noch bar ausgezahlt werden.“
Das klingt absolut vernünftig, zumindest in Bezug auf die Verwaltungstätigkeit. Auch wenn der SPD-Finanzsenator Andreas Dressel sagt: „Als Stadt haben wir natürlich ein Interesse daran, dass wir solche Prozesse weiter modernisieren, dass wir wegkommen von Bargeldauszahlungen“, ist das nicht unbedingt kritisch zu sehen.
Die Frage ist allerdings: Um wie viele Menschen handelt es sich wirklich? Schließlich geht es ja angeblich, im ersten Schritt, um Menschen, an die Bargeld ausgezahlt werden muss, weil sie kein Konto haben, oder Banken sich weigern, ihnen ein solches zu eröffnen.
In Hamburg gibt es aber eine Sparkasse, die Hamburger Sparkasse – Haspa, die mit dem Slogan wirbt: „Meine Bank heißt ALLE willkommen.“ Worin besteht das Problem, jedem Menschen ein Konto, auf Wunsch auch ein P-Konto, zu eröffnen? Wenn die Sparkasse sagt „für ALLE“, sollte das mithilfe des Sozialamtes doch möglich sein.
Muss es wirklich eine Bezahlkarte sein, die von vornherein dazu gedacht ist, Restriktionen für die Geldverwendung durchzusetzen? Will die Stadt Hamburg also nicht nur die Bargeldauszahlung einstellen, sondern, analog zur Bezahlkarte für geflüchtete Menschen, die Geldverwendung einschränken?
Im Kontext der ausufernden Diskussion um „Organisierten Betrug beim Bürgergeld“, beziehungsweise „bandenmäßigen Leistungsmissbrauch beim Bürgergeld“, und um die Totalverweigerer ist das vorstellbar und erwartbar, auch wenn es noch bestritten wird.
Allerdings stellt sich auch hier die Frage nach der Verhältnismäßigkeit. Besteht denn wirklich ein Zusammenhang zwischen „Menschen ohne Konto“ und den oben genannten „Problemfällen“? Bei den erstgenannten Punkten wäre klassische Ermittlungsarbeit erforderlich, die aber aufgrund Personalmangels nicht durchgeführt werden kann.
Der Umstand, dass durch eine Bezahlkarte die Geldverwendung überprüft werden kann, ist kritisch genug. Im Gegensatz zu einem „normalen“ Konto hat bei der Bezahlkarte das Sozialamt Zugriff auf die Daten, kann diese analysieren und später Karten, einzeln oder generell, für ungewollte Verwendungen sperren. Zu sehen ist das an den 2024 vorgestellten Plänen für die Bezahlkarte für Asylbewerberleistungen.
Damals forderte der CSU-Gesundheitspolitiker Pilsinger beispielsweise: „Ich bin der Überzeugung, dass die geplante Bezahlkarte bundesweit einheitlich für Alkohol, Zigaretten und Glücksspiel gesperrt werden sollte.“ Diese Restriktionen sind auch für die Bezahlkarte für Bürgergeldempfänger denkbar.
Die eigentliche Frage ist aber, ob man wirklich nur den Bargeldverkehr in den Ämtern und den damit verbundenen Arbeitsaufwand reduzieren will. Wenn ja, dann ist es nicht besonders schlau, dies mit einem neuen „wirkungslosen Bürokratiemonster“ zu versuchen, welches personelle und finanzielle Mittel bindet.
Gibt es eigentlich eine Vergleichsrechnung zwischen P-Konten für diesen Personenkreis bei der örtlichen Sparkasse und den Bezahlkarten? Kann die Stadt Hamburg eine Bezahlkarte mit weniger Kosten als 4,95 Euro monatlich, wie beispielsweise dem Haspa Basiskonto, wirtschaftlich darstellen?
Die Frage stellt sich nicht nur für Hamburg, sie stellt sich für alle Kommunen, die darüber nachdenken.
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