Da waren sich alle demokratischen Fraktionen im Leipziger Stadtrat einig – Linke, Grüne, CDU, SPD und Freibeuter: Die kleine Erinnerungsstätte im Capa-Haus, die an den legendären amerikanischen Fotografen Robert Capa und seine beeindruckenden Bilder vom Kriegsende in Leipzig erinnert, muss erhalten werden. Sie schrieben ihren Antrag dazu gemeinsam. Und am Mittwoch, 15. September bekam er folgerichtig auch volle Zustimmung im Stadtrat.

„Der Oberbürgermeister wird beauftragt, dass der Erinnerungsort im Capa-Haus (Jahnallee 61) erhalten, institutionell an das Stadtgeschichtliche Museum angebunden und damit dauerhaft als öffentlich zugängliche Gedenkstätte auch finanziell gesichert und weiterentwickelt wird“, lautet der einstimmige Beschluss.Und damit wird auch ein Stück Erinnerung dauerhaft gesichert, die so vorher gar nicht zur Erinnerungskultur der Stadt gehörte. Denn die war ja durchaus drauf und dran, für das Haus an der Ecke der Jahnallee und der heutigen Bowmanstraße die Abrissgenehmigung zu erteilen. Ein privater Investor rettete nicht nur das Haus und sanierte es in seiner ganzen historischen Schönheit. Gegen den Abriss engagierte sich damals die Bürgerinitiative Capa-Haus. Und sie regte auch die Schaffung der kleinen Erinnerungsstätte an.

In der Vorlage heißt es dazu: „Die Rettung, Sanierung und Neuprofilierung des 2011 bereits zum Abriss vorgesehenen Capa-Hauses war eine bürgerschaftliche Großtat und ‚gilt in der Öffentlichkeit als ein Musterbeispiel für eine lebendige kommunale Erinnerungskultur‘.“

„Die in Zusammenarbeit von Stadtgeschichtlichem Museum, privatem Eigentümer, Hausverwaltung und bürgerschaftlichen Akteurinnen und Akteuren gelungene Einrichtung eines Gedenkraums zu den Ereignissen vom 18. April 1945 und zur weltberühmten Fotoserie von Robert Capa hat sich als wichtiger Baustein der städtischen Erinnerungskultur etabliert und zu zahlreichen bewegenden deutsch-amerikanischen Begegnungen geführt, die in der jährlichen Kranzniederlegung unter Teilnahme des Oberbürgermeisters und des US-Generalkonsuls gipfeln“, betont die Vorlage.

„Die bestehenden Räumlichkeiten (Cafébereich) haben das Potenzial, in eine solche Nutzung im Rahmen von Vorträgen und bürgerschaftlichen Diskussionsforen einbezogen zu werden, was bisher allenfalls sporadisch erfolgen konnte. Das Erdgeschoss im Capa-Haus befindet sich in Privateigentum. Die 2016 implementierte Betreiberkonstruktion, die einen privaten Café-Betrieb mit freier Zugänglichkeit des vom Stadtgeschichtlichen Museum und dem Initiativkreis Capa-Haus betreuten Gedenkraums verknüpfte, erwies sich zwar als grundsätzlich attraktive und kostenmäßig für das Erinnerungsanliegen zunächst günstige Lösung. Doch kam es bereits in der Vergangenheit wiederholt zu Interessenkollisionen zwischen Cafébetrieb und Gedenkanliegen, die unter den verschärften Bedingungen von Lockdown und Krise zu einer faktischen Schließung der momentan nicht eigenständig zugänglichen Erinnerungsstätte geführt haben.“

Da liegt es nahe, das Leipziger Stadtgeschichtliche Museum mit ins Boot zu holen, auch um den „mit der Raumfinanzierung bisher völlig alleingelassenen Cafébetreiber“ zu entlasten.

„Daher braucht es zügig eine koordinierte Initiative zur Sicherung des Erinnerungsortes, die nur in einer nunmehr auch formalisierten Anbindung des Gedenkraums an das Stadtgeschichtliche Museum sowie einer städtischen Kraftanstrengung zur Sicherung der öffentlichen Zugänglichkeit auch unter veränderten Rahmenbedingungen bestehen kann“, betonte der Antrag.

„Im Kern geht es darum, die historische Relevanz des Ortes dauerhaft im Bewusstsein der Leipziger Stadtbevölkerung und der Besucherinnen und Besucher unserer Stadt zu verankern und die weit über Leipzig hinausreichende Ausstrahlung des authentischen Geschichtsortes zu bewahren. Dabei sollte ein Schwerpunkt auf dem im Leipziger Westen ohnehin entstehenden erinnerungskulturellen Cluster rund um NS-Diktatur, Widerstand, Befreiung 1945 (Memorial Ecke Karl-Heine/ Zschochersche Straße) und soziale Bewegungen (Erich-Zeigner-Haus, Felsenkeller) gelegt werden.“

Jetzt muss also ein mit dem privaten Eigentümer abgestimmtes Konzept erarbeitet werden und „möglichst bis Ende 4. Quartal eine institutionelle Anbindung des Gedenkraums an das fachlich bereits mitbetreuende Stadtgeschichtliche Museum erfolgen“.

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