In welche säbelrasselnden Zeitalter die Leipziger AfD-Fraktion zurückmöchte, das wurde am 13. April mal wieder in der Leipziger Ratsversammlung deutlich. Da standen die beiden Anträge der Fraktion zur Abstimmung, zwei uralte Denkmäler wieder aufzustellen – eins davon das alte Leipziger Siegesdenkmal, das ziemlich genau erzählt, wohin die AfD wieder zurückwill.

Entsprechend von Pathos triefende Reden mit einer ziemlich unverhüllten Verachtung für die demokratischen Fraktionen im Stadtrat hielt dann auch AfD-Stadtrat Roland Ulbrich, der sich bei dieser Ratsversammlung schon mehrere solcher Reden geleistet hatte, in denen er das Weltbild einer Partei ausbreitete, die augenscheinlich tatsächlich wieder in ein Land zurückwill, in dem mit Säbeln gerasselt wird und der Nationalismus seine grimmigen Urständ feiert.

Dass darin dann auch noch eine gehörige Portion Kriegsverherrlichung steckt, machte in Widerrede zu Ulbrichs erster Rede zum Siegesdenkmal, das die AfD-Fraktion unbedingt wieder auf den Markt stellen wollte, Marco Götze aus der Linksfraktion deutlich.

Das Denkmal wäre ein regelrechtes Zurückdrehen der Geschichte. Das hatte das Kulturamt in der Stellungnahme der Verwaltung zum AfD-Antrag schon deutlich formuliert:

„Der Abriss des Siegesdenkmals auf dem Leipziger Marktplatz 1946 war ein im öffentlichen Raum weithin sichtbares Zeichen des Neubeginns nach Krieg und NS-Herrschaft. Wiewohl der Abriss zu diesem Zeitpunkt formal gesehen noch nicht aufgrund der von den Besatzungsmächten geschaffenen Gesetzeslage zwingend war, entsprach er zweifellos und vollumfänglich jenem Zeitgeist, wie er sich nach den Zerstörungen des von Nazi-Deutschland ausgegangenen Krieges sowie den Verbrechen des NS-Regimes unvermeidlich äußerte.

Nicht zufällig wurden bereits am 1. August 1945 im Zuge der weitergehenden Entnazifizierung auch Straßennamen wie Augustusplatz sowie Kaiser-Wilhelm-Allee und Bismarckstraße umbenannt.

Hatten sich doch insbesondere auch die Hohenzollern-Dynastie sowie die Vertreter der altpreußischen Generalität mit Reichspräsident von Hindenburg an der Spitze durch Kampagnen wie die ‚Dolchstoßlegende‘ und Ereignisse wie den Tag von Potsdam 1933 als ‚Totengräber der Demokratie‘ von Weimar kompromittiert und teilweise tief mit dem NS-Regime eingelassen; zudem spielte der Bezug auf eine Wiederholung des Sieges von 1870/71 bei der publizistischen Begleitung des Angriffs auf Frankreich 1940 sowie generell bei der geistigen Mobilmachung der deutschen Bevölkerung stets eine Rolle.“

Zurück zur Pickelhaube?

Das 1888 aufgestellte Siegesdenkmal gehörte eindeutig in die Vielzahl wilhelminischer Denkmale, die den Krieg gegen Frankreich von 1870/1871 verherrlichten. Und es war im Geist eines erzkonservativen Bürgertums entstanden, das damals auch die Stadtpolitik bestimmte und das von Kaiser und Generälen dominierte Denkmal nicht mal aus eigener Tasche bezahlte, sondern dazu 46.000 Goldmark aus dem Nachlass von Franz Dominic Grassi verbriet.

Und dass die AfD-Fraktion auch beim Friedrich-August-Denkmal auf dem damaligen Königsplatz (dem heutigen Wilhelm-Leuschner-Platz) die Tatsachen verdrehte, machte dann in der Widerrede Stadtrat Thomas Kumbernuß (Die Partei) deutlich. Er sprach sogar von bewusst erzähltem „dummen Zeug“, auch wenn er als Möglichkeit noch in den Raum stellte, die AfD-Fraktion hätte nicht gewusst, was sie da in ihren Antrag schrieb.

Aber das ist wohl eher ein frommer Wunsch. Diese Fraktion weiß schon, was sie tut und wie sie die Leipziger Geschichte uminterpretieren und zurückdrehen möchte. Und beim Wilhelm-Leuschner-Platz kommt noch etwas hinzu. Dort störte das Friedrich-August-Denkmal nicht nur vor 100 Jahren, weil der Platz für eine große Messehalle gebraucht wurde.

Mit ihrem Antrag für das alte Denkmal (das seitdem übrigens im Garten des Gohliser Schlösschens aufgestellt ist) würde die AfD-Fraktion ein ganz anderes Denkmal verhindern, nämlich das Freiheits- und Einheitsdenkmal, das eben auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz verwirklicht werden soll.

Die Stadt hatte zwar angeboten, auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz an das Königsdenkmal zu erinnern. Aber welchen Sinn sollte das haben, wenn niemand außer der kaisertreuen blauen Fraktion hier einen Anblick aus Kaisers Zeiten vermisst? Einer Fraktion, die ja – nun mit den Worten von Marco Götze – den alten Kaiser im Herzen trägt und augenscheinlich wieder in Zustände zurückwill, die die Mehrheit der Leipziger/-innen froh ist, dass sie vergangen sind.

Ganz zu schweigen davon, dass die Geisteswelt des Siegesdenkmals schon 1918 obsolet war, als Wilhelm II. als einer der Hauptschuldigen am Ersten Weltkrieg abdanken musste. Was leider nicht half, den Zweiten Weltkrieg zu verhindern. Denn der Geist der Militaristen, der im Siegesdenkmal so unübersehbar war, war leider nicht mit abgedankt, sondern wurde von einem erzkonservativen Bürgertum weiter gepflegt.

Logisch, dass hier beide Male die wirklich demokratischen Fraktionen dem Ansinnen der AfD-Fraktion eine Absage erteilten. Aber Roland Ulbrichs Ankündigung, dass die AfD-Fraktion weiterhin mit solche Anträgen aufschlagen wolle, haben auch alle gehört.

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