Leipzigs Bäumen geht es gar nicht gut. Die vergangenen Dürrejahre haben ihnen mächtig zugesetzt. Aber es ist nicht nur der Klimawandel, der den Bäumen zu schaffen macht. Es sind auch Grundstückseigentümer, die immer wieder den „Typen mit der Kettensäge“ bestellen, um Bäume, die ihnen im Wege stehen, entfernen zu lassen. Oft ohne Genehmigung und Kenntnis der Leipziger Behörden. Die Grünen stellten deswegen den Antrag, mehr Transparenz zu schaffen.

Ein Antrag mit Schwierigkeiten. Denn Grundlage soll das Baumkataster der Stadt Leipzig sein, auf dem heute schon alle Bäume auf städtischem Grund eingetragen sind und auch alle geplanten Baumfällungen – mitsamt der Begründung. Aber das sind eben nur die städtischen Bäume. Was aber ist mit den Bäumen auf den Flächen kommunaler Eigenbetriebe?

Und was mit denen auf privaten Grundstücken, wo es erst recht in den letzten Jahren immer wieder zu illegalen Baumfällungen kam, weil sich die Grundstücksbesitzer freie Bahn für künftige Baumaßnahmen schaffen wollten?

Da wird es schwierig. Das erfuhren auch die Grünen, als ihr Antrag in die Ausschüsse des Stadtrates ging. Da steht dann auf einmal der Datenschutz im Weg. Die Stadt kann nicht einfach ein Kataster mit Bäumen auf Privatgrundstücken erstellen.

Auch wenn Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal das Anliegen der Grünen nur zu gut versteht, wie er am Mittwoch, dem 18. Oktober, betonte, als Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek den überarbeiteten Antrag der Grünen vorstellte. Und auch die Übernahme der Bäume auf den Flächen der Kommunalbetriebe sei nicht ganz so einfach, wie Kasek sich das vorstellte, merkte Rosenthal an. Man könne nicht davon ausgehen, dass sie ihre Baumbestände – wie die Stadt – schon digitalisiert haben.

Der Antrag musste dann eben doch noch einmal ein wenig korrigiert und zu einem Prüfauftrag für die Verwaltung werden. Mit Kaseks Bitte, bis zum zweiten Quartal 2024 zu berichten, wie es um die Bäume auf Flächen der Kommunalbetriebe steht.

Mehr Transparenz

Trotzdem sehen die Grünen in dem am Ende positiven Beschluss zum digitalen Baumschutz in der vergangenen Ratssitzung einen wichtigen Meilenstein für mehr Baumschutz in Leipzig. Auf Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Ratsversammlung am Mittwoch auch beschlossen, dass mit einer digitalen Meldemaske für Bürger/-innen auch die Möglichkeit erleichtert werden soll, Baumfällungen im Stadtgebiet prüfen zu lassen.

Prüfen heißt in diesem Fall: Direkt an das zuständige Umweltschutzamt zu melden, wenn ihnen Baumfällungen ungewöhnlich vorkommen. Die Meldemaske soll auch möglich machen, gleichlautende Meldungen abzugleichen und damit den Sachbearbeiter/-innen Mehrarbeit zu ersparen.

„Jahr für Jahr gehen hunderte Hinweise auf Baumfällarbeiten und Anfragen zu deren Notwendigkeit und Rechtmäßigkeit bei den Umweltverbänden, den Fraktionen und der Stadtverwaltung ein, mit der Bitte dem nachzugehen. Dies zeigt, dass die Bürger/-innen Anteil an den Veränderungen in ihrer Umgebung nehmen und sich um die Bäume sorgen“, kommentiert Jürgen Kasek, umweltpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, den Vorstoß.

„Mit dem Beschluss soll eine einfachere Möglichkeit geschaffen werden, Rückfragen oder Hinweise an die Verwaltung zu richten und so Baumschnittarbeiten zu überprüfen. Damit gibt es ein transparentes Verfahren und Anfragen können sinnvoll bearbeitet werden. Das ist ein Meilenstein für effektiven Umweltschutz in der Stadt.“

Was naturgemäß einige Anwesende anders sahen. Matthias Kopp, Ortsvorsteher aus Hartmannsdorf, eilte extra ans Mikrofon, um das Vorhaben als Anregung zur Denunziation zu bezeichnen. Aber da hatte er wohl nicht aufgepasst, denn diese Anrufe bei der Verwaltung gibt es alle schon. Und oft genug haben die anrufenden Bürgerinnen und Bürger recht und die Stadt muss eingreifen, um illegale Baumfällungen zu stoppen.

Doch bislang müssen sie sich erst einmal durch die halbe Verwaltung telefonieren, um die zuständigen Sachbearbeiter zu erreichen. Genau diese Bindung von Zeit und Personal soll gemindert werden, indem es eine einheitliche Meldemaske gleich neben dem Baumkataster gibt.

Es wird geprüft

In der überarbeiteten Neufassung der Grünen-Antrag lautet das so: „Die Stadt Leipzig prüft die Einführung eines Beschwerdemanagements im Bereich Baum- und Gehölzschutz mit einer digitalen Meldemaske, um Anfragen der Leipziger/-innen zu bestehenden Arbeiten zeitnah überprüfen zu können und Anfragen zu beantworten. Es soll sichtbar sein, zu welchen Vorgängen bereits Meldungen eingegangen sind und durch die zuständige Stelle bearbeitet werden. Die Integration in bereits bestehende Angebote wird geprüft.“

Das Anliegen, die Kommunalbetriebe in das Baumkataster mit einzubinden, erhielt am 18. Oktober eine klare Mehrheit von 35:18 Stimmen bei drei Enthaltungen. Auch das als Prüfauftrag, weil auch Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal nicht weiß, ob die Kommunalbetriebe überhaupt schon eine handhabbare Übersicht über ihre Baumbestände haben oder für eine Digitalisierung erst noch Geld aufgewendet werden muss.

Aber auch der Wunsch nach einer einheitlichen Meldemaske für die Bürger, die ja meist aus allen Wolken fallen, wenn vor ihrem Fenster die Sägen kreischen, bekam eine Mehrheit von 31:21 Stimmen bei vier Enthaltungen.

Die Sorge jedenfalls wurde deutlich, dass sich Leipzig den Verlust gesunder Baumbestände in den Zeiten zunehmender Hitze und Dürre einfach nicht mehr leisten kann.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar