Die Sache mit einem Böllerverbot in Teilen des Leipziger Stadtgebietes ist nicht vom Tisch. Auch weil sie mit einer Frage zu tun hat, die Jürgen Kasek in einer Einwohneranfrage thematisiert hat. Er hat zwar im Sommer 2024 nicht wieder den Sprung in den Stadtrat geschafft. Aber die Themen, mit denen er sich auch als Grünen-Stadtrat beschäftigt hat, treiben ihn weiter um. Denn wirklich rücksichtsvoll gehen auch die Leipziger nicht mit ihrer Umwelt um.
Im Gegenteil: Augenscheinlich animiert das heutige auf allen Kanälen promotete „Rebellentum“ dazu, auch die simpelsten Regeln einfach zu ignorieren. Auch mit Knallern und Feuerwerk.
„Nach einer aktuellen Umfrage des Institutes Insa im Auftrag von Peta, die zwischen dem 10. und 13.01.2025 stattfand, sprechen sich 58 % der Befragten für ein Feuerwerksverbot aus“, stellte Jürgen Kasek in seiner Einwohneranfrage fest, die das Ordnungsamt der Stadt nun beantwortet hat. Mehr oder weniger.
Jürgen Kasek: „Mehr als 2 Millionen Menschen haben zudem die Petition der Gewerkschaft der Polizei nach Silvester unterstützt, die ebenfalls auf ein Verbot von privatem Feuerwerk abstellt. Weiterhin wird auch in anderen europäischen Ländern (siehe Niederlande) über ein Verbot von Feuerwerk diskutiert und weitere Städte planen bestehendes Feuerwerk im Rahmen der bisherigen Gesetze einzuschränken.
In der Informationsvorlage der Stadt zu den bisherigen Bemühungen (VII-A-08120-Ifo-02) äußert sich die Stadt dahingehend, dass sie für weitere Beschränkungen keine rechtliche Grundlage sehe und zudem Zweifel daran habe, dass man etwa das Verbot von Böllern in Wohngebieten, dass durch die Sprengstoffverordnung möglich wäre, durchsetzen könne. Es wird darauf hingewiesen, dass Erwägungen zu Nichtdurchsetzbarkeit von Gesetzen und Verordnungen in einem Rechtsstaat keine Begründung sein darf.
Leider wurde die Informationsvorlage durch keine der Stadtratsfraktionen als Grundlage zur Diskussion genommen, um sich die daraus ergebenden Fragen öffentlich zu diskutieren. Ferner sollte im Rahmen verstärkter Öffentlichkeitsarbeit für den Schutz der Umwelt und Tiere auf das Thema hingewiesen werden.“
Keine sichtbaren Erfolge
Und so ist eigentlich Kaseks Frage nur folgerichtig: „Welche Erfolge sieht die Stadt in der Informationsarbeit zum Thema vor dem Hintergrund der Entwicklung in der Silvesternacht und auch der anhaltenden Nutzung von Feuerwerk im Landschaftsschutzgebiet (siehe Fockeberg)? Welche ordnungsrechtlichen Mittel hat die Stadt weiterhin genutzt, um den Schutz des Landschaftsschutzgebietes sicherzustellen?“
Aber schon hier weicht das Ordnungsamt in seiner Antwort aus und holt erst einmal ganz weit aus: „Aus den Messergebnissen zur Feinstaubbelastung in der Silvesternacht sind keine Effekte zu erkennen, die auf die Informationsarbeit der ‚Stadt‘ Leipzig zurückzuführen sind. Dies liegt daran, dass die unterschiedlichen Konzentrationen der Feinstaubbelastung an den Jahreswechseln der zurückliegenden Zeit durch andere Faktoren wie beispielsweise das jeweilige Wetter oder auch die Maßnahmen der Covid-Pandemie maßgeblich bestimmt wurden.“
Aber dann wird man beim Thema Naturschutzgebiet Auwald doch recht deutlich: „Bezüglich der Wirkungen auf die Tierwelt bestätigte das Forstrevier Connewitz, dass im Bereich der Halde Fockeberg Feuerwerksaktivitäten in nicht nur geringem Ausmaß erfolgten. Erfolge der Informationsarbeit der Stadt können also auch bezüglich dieses Bereiches nicht festgestellt werden.
Vor dem Hintergrund wird als erste Maßnahme die jährliche Medieninformation Silvester: Vernünftiger Umgang mit Feuerwerk schützt Umwelt und Natur weiter ausgebaut. So ist etwa eine vertiefte Information zum Thema ‚Feuerwerke in Schutzgebieten‘ angedacht, um in der Bevölkerung das Bewusstsein für diese Thematik weiter zu schärfen. Bekanntermaßen ist der Fockeberg Teil des Landschaftsschutzgebietes ‚Leipziger Auwald‘.
Gem. § 4 Abs. 1 der Verordnung des Regierungspräsidiums Leipzig zur Festsetzung des Landschaftsschutzgebietes ‚Leipziger Auwald‘ (nachfolgend: LSG-VO) sind in dem Landschaftsschutzgebiet u. a. alle Handlungen verboten, die den Naturgenuss beeinträchtigen oder dem besonderen Schutzzweck aus § 3 Abs. 2 Nr. 6 LSG-VO (Erhalt von Lebensgemeinschaften wildlebender Tierarten) zuwiderlaufen.
Feuerwerke können den Naturgenuss oder wildlebende Tierarten erheblich beeinträchtigen und sind im Landschaftsschutzgebiet „Leipziger Auwald“ daher grundsätzlich erlaubnispflichtig. Werden Feuerwerke ohne Genehmigung durchgeführt, kann dies im Einzelfall als Ordnungswidrigkeit i.S.v. § 9 LSG-VO i. V. m. § 49 Abs. 1 Nr. 1 SächsNatSchG verfolgt werden.“
Ordnungsamt sieht keine Handhabe
So weit die Gesetzeslage. Nur scheint dies eine ganze Reihe von Zeitgenossen zu Silvester nicht die Bohne zu interessieren, wie das Ordnungsamt feststellt: „Für die Ahndung von naturschutzrechtlichen Verstößen ist eine Beweislage erforderlich, anhand derer Verstöße einzelnen Personen konkret zugerechnet werden können. Die Herbeiführung einer solchen Beweislage ist gerade in der Silvesternacht außerordentlich herausfordernd.
Durch das Ordnungsamt wurden keine weiteren ordnungsrechtlichen Mittel getroffen. Eine Allgemeinverfügung zum Verbot des Abbrennens pyrotechnischer Gegenstände im Landschaftsschutzgebiet Leipziger Auwald ist rechtlich nicht möglich, da das Abbrennen dem Erlaubnisvorbehalt nach § 5 Abs. 1 der Verordnung des Regierungspräsidiums Leipzig zur Festsetzung des Landschaftsschutzgebietes ‘Leipziger Auwald’ unterliegt und somit bereits grundsätzlich verboten ist.
Auch ist eine Kontrolle des gesamten Landschaftsschutzgebietes auf Grund der Flächengröße im Stadtgebiet von ca. 3.800 ha nicht möglich. Somit können im Rahmen der personellen Ressourcen maximal vereinzelte Kontrollmaßnahmen durchgeführt werden.“
Böllerfreie Gebiete in der Stadt?
Die Grünen-Fraktion hat ja inzwischen beantragt, mindestens in der Leipziger Innenstadt ein Böllerverbot auszusprechen. Die Aufgabe hat der Stadtrat der Verwaltung schon im letzten Jahr gestellt, überhaupt zu prüfen, ob und wie in einigen Bereichen der Stadt tatsächlich ein Feuerwerksverbot ausgesprochen werden könnte. Und das Ordnungsamt bestätigt auf die Anfrage von Jürgen Kasek hin, dass man schon „Kontakt zu den Städten Berlin und Bremen aufgenommen“ habe, „die Antworten stehen noch aus.“
Dass bei der oft chaotischen Böllerei auch in Leipzig jedes Silvester viele Menschen verletzt werden, thematisierte Jürgen Kasek in seiner letzten Frage nach den Rettungseinsätzen in Zusammenhang mit Feuerwerk in der Silvesternacht.
„Insgesamt gab es im Zeitraum von 19:00 – 06:00 Uhr 250 Einsätze. Diese teilten sich auf in 106 Einsätze der Feuerwehr und 144 Einsätze im Bereich Rettungsdienst. Eine konkrete Zuordnung zu Einsätzen mit Feuerwerk liegt nicht vor und wird auch nicht erhoben. Die Hintergründe von z.B. Bränden bzw. Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz werden durch die Polizei ermittelt“, weist das Ordnungsamt auf die etwas dünne Datenlage hin. „Daten zu selbst eingewiesenen Patienten bzw. Behandlungen in den Krankenhäusern werden durch die Branddirektion nicht erfasst.“
Zumindest summarische Zahlen zu den Aufnahmen in der Notaufnahme hatte zum Jahresbeginn das Uniklinikum Leipzig gemeldet.
Dass bei der Knallerei auf den Straßen auch jede Menge Müll anfällt, steckt dann in den vom Ordnungsamt angegebenen Zahlen für die Stadtreinigung: „Der Eigenbetrieb Stadtreinigung Leipzig verzeichnete für die Silvesternacht (31.12.2024/01.01.2025) Kosten von rund 52.300 EUR und für die komplette Silvester-Nachreinigung im Stadtgebiet Leipzig von rund 70.400 EUR.“
Was die wilde Bilanz zur Silvesternacht nur abrundet, aber noch keinen Weg zeigt, wie zum Beispiel die massiven Verstöße gegen das Feuerwerksverbot in Natur- und Landschaftsschutzgebieten künftig verhindert werden sollen.
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Keine Kommentare bisher
Nun muss man aber auch nicht so tun, als würden sich nur Silvesterfeuerwerker auf dem Fockeberg danebenbenehmen. Angefangen bei den Mountainbikern, die immer wieder neue Pfade anlegen und mal eben aus dem Gestrüpp geschossen kommen, während die KiTa gerade mit den Kindern auf dem Hauptweg unterwegs ist – bis zu der “lecker Bierchen-Fraktion”, die sich´s oben in exponierter Lage im Waldgebiet im LSG (@Ralf Julke wiederholter Fehler Ihrerseits: der Fockeberg liegt im Landschaftsschutzgebiet, nicht im Naturschutzgebiet) ein Lagerfeuerchen aus Totholz macht und seinen Müll nicht mitnimmt, wie die Eimer voll sind.
Schilder könnte man stellen, die werden aber wahrscheinlich genauso schnell mit Aufklebern unkenntlich gemacht, wie unten das eigentlich nicht ganz unwichtige Schild für die Feuerwehreinfahrt.