Am Ende stimmten die Leipziger Stadträte der gemeinsamen Initiative von Grünen, Linken und SPD zu, der Stadt Leipzig drei eigene Messstationen für vorerst gesamt 60.000 Euro zu spendieren, um den Lärm am Flughafen Leipzig/Halle selbst zu messen. Der Weg zur Mehrheit gegen null Gegenstimmen und 10 Enthaltungen war von Beispielen gepflastert, die längst für ausreichend Skepsis gesorgt haben. Mehr Transparenz wird nun in jedem Fall eintreten, hoffte nicht nur FDP-Stadtrat Sven Morlok.

Es ging am 1. November 2021 im Stadtrat um ein seit Jahren wachsendes Misstrauen nicht geringen Ausmaßes und um einstimmige Beschlüsse der Umliegergemeinden des Flughafens für eigene Messungen des Fluglärms.

Denn so richtig Vertrauen hat sich der Airport vor den Toren Leipzigs in den letzten Jahren in seinem Bestreben, das Frachtdrehkreuz Europas in der Nacht zu werden, nicht erworben. Die maßgeblich CDU-geführte Landesregierung Sachsens in ihrem Umgang mit den Menschen in der Nachbarschaft ebenso wenig.Dennoch, so Sven Morlok, sei die Bezahlung und der Einsatz eigener Messanlagen durch die Stadt Leipzig irgendwie auch eine Unterstellung, der Flughafenbetreiber selbst habe eventuell in den letzten Jahren absichtsvoll falsch gemessen, wenn es um Lärmspitzen und damit sogenannte „Aufwachsituationen“ in der Nacht geht.

Das mochte der FDP-Stadtrat so recht nicht unterstellen, dennoch kündigte er an, dass auch die kleinste, seine Freibeuter-Fraktion, diesen Kosten und dem Einsatz Leipzig-eigener Messstationen zustimmen würde.

Denn, so der ab hier geltende Tenor aller Redner: es gehe um Transparenz gegenüber den Anwohnern. Was die Erwartungshaltung bei diesen eigenen Messungen angeht, ist erst einmal egal: Hauptsache man kann den Messungen auch glauben.

Warum es an den Messungen des Flughafens Leipzig selbst Zweifel gibt, illustrierte vor allem eine Geschichte, die Andreas Geisler (SPD) quasi dem gleichfalls um den Flughafen engagierten Grünen Bert Sander regelrecht aus dem Mund nahm.

Stadtrat Andreas Geisler (SPD). Foto: Michael Freitag
Stadtrat Andreas Geisler (SPD). Foto: Michael Freitag

So hätte neben anderen Geschichten zum Beispiel in Lindenthal, wo offenbar eine Messdatenlücke einer Flughafenlärmmessung gerade da entstand, wo der Lärm nach eigenen Messungen der Anwohner am größten war, in Lützschena/Stahmeln vor drei Jahren eine Lärmmessung stattgefunden.

Die Zahlen dieser Messung seien an die Landesregierung gegangen und bis heute habe es keine wirkliche Reaktion zu den aufgezeichneten „Aufwachsituationen“ – also Nachtfluglärm über dem Maximum – gegeben.

Außer der, dass die Landesregierung dem einzelnen Grundstücksbesitzer mitten in der Ortslage ein Angebot machte, ihn und nur ihn allein mit Lärmschutzmaßnahmen zu unterstützen. Logisch demnach, dass auch die umliegenden Grundstücke, wenn nicht die gesamten Gemeinden Lützschena und Stahmeln betroffen waren (und sind) und man hier wohl eher jemanden ruhigstellen wollte.

Dass angesichts solchen Unsinns seitens der Landesregierung kein Gelächter aufkam, verwundert da schon fast.

Interessanterweise informierte anschließend Ordnungs- und Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal, dass es in der Verwaltung Leipzig niemand gebe, der solche Messdaten auswerten könne. Was Bert Sander (Grüne) nochmals zu dem Hinweis trieb, dass genau hier der seit 1. September 2021 ins Amt gesetzte Fluglärmschutzbeauftragte des Landes Sachsen, Jörg Puchmüller, unterstützend tätig werden müsste und wird.

Puchmüller soll laut Jobbeschreibung „als zentraler Ansprechpartner für die Flughafenanrainer und deren Bürgerinitiativen, die Fluglärmkommissionen, die Luftverkehrswirtschaft, die Behörden, die Deutsche Flugsicherung, die Flughafenbetreiber sowie den Regionalbeauftragten für den Flughafen Leipzig/Halle vermittelnd tätig sein.“

Als Stabsmitarbeiter des Wirtschaftsministeriums untersteht Jörg Puchmüller zwar der Fachaufsicht des Ministeriums, arbeitet aber fachlich weisungsunabhängig und neutral. Diese Stelle solle die Stadt Leipzig dann für die Auswertung der eigenen Fluglärmdaten nutzen, so Sander.

Nach dem Beschluss des heutigen Tages bekommt die Stadt Leipzig nun also erst einmal drei Stationen für 60.000 Euro, um zumindest teilweise den Fluglärm am Flughafen Leipzig/Halle unabhängig von diesem selbst messen zu können. Auf die Ergebnisse darf man heute schon gespannt sein, zumal in Zeiten der Ausbaupläne vor den Toren der Stadt.

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