Seit über einem halben Jahr besteht Baurecht für den Radweg an der Staatsstraße 11 zwischen Grimma und Großbardau. Im letzten August genehmigte die Landesdirektion die Planung und titelte: „Sicherer Schulweg zwischen Großbardau und Grimma in Sicht“. Von einem „guten Signal für alle Eltern“ sprach die damalige Präsidentin der Landesdirektion Sachsen, Regina Kraushaar. Der Radweg ist nicht nur ein wichtiger Schulweg, sondern auch der Lückenschluss im Radwegenetz zwischen Kleinbothen und Grimma.
Doch beim ADFC bestehen erhebliche Zweifel, ob die wichtige Verbindung zeitnah überhaupt gebaut wird. Grund dafür sind die drastischen Kürzungspläne der Staatsregierung beim Radwegebau in Sachsen. Inzwischen ist es die ehemalige Präsidentin der Landesdirektion, die im Freistaat das Infrastrukturministerium verantwortet. Statt einer Aufstockung der Finanzmittel, wie vom ADFC gefordert, plant ihr Haus mit einer Kürzung des Etats für den Radwegebau an Staatsstraßen von bisher 5 Millionen Euro auf nur noch 1,1 Millionen.
„Wir freuen uns über jeden Lückenschluss im Radwegenetz“, erklärt Janek Mücksch, Vorsitzender des ADFC Sachsen. „Doch die Genehmigung des Radwegs durch die Landesdirektion bedeutet noch lange nicht, dass in absehbarer Zeit gebaut werden wird. Ganz im Gegenteil: Momentan scheint der Baubeginn zwischen Grimma und Großbardau in weite Ferne gerückt zu sein.
Der Radweg an der S 11 zwischen Großbardau und Grimma ist eines von vielen Projekten, deren Umsetzung jetzt massiv gefährdet ist. Die Staatsregierung stellt sich mit diesem Haushalt selbst ein Bein, wenn es um sichere Mobilität für alle Altersgruppen geht. Kein Mensch versteht, warum Radwege jahrelang geplant und genehmigt, dann aber nicht gebaut werden. Wer Radwegprojekte plant, steht auch in der Verantwortung, die erforderlichen Mittel bereitzustellen – andernfalls bleibt es bei leeren Versprechen.“
Der ADFC fordert nun die Landtagsabgeordneten auf, den Fehler der Staatsregierung zu korrigieren und die Gelder für den Radweg zwischen Grimma und Großbardau bereitzustellen. Insbesondere die Abgeordneten aus dem Landtagswahlkreis Leipzig Land 3 sieht der ADFC in der Verantwortung. Der Wähler dürfe zu Recht erwarten, dass die Volksvertreter die Mittel für diesen wichtigen Lückenschluss im Landtag organisieren.
20 Jahre Planung – und jetzt?
Bisher liegt Sachsen bei der Ausstattung von Landstraßen mit Radwegen unter dem bundesweiten Durchschnitt. Nur 15 % der Staatsstraßen in Sachsen verfügen über einen Radweg. Sichere und komfortable Radwege können die Verkehrssicherheit für Menschen auf dem Rad deutlich erhöhen und viele Menschen motivieren, öfter mit dem Rad zu fahren. Viele Radwege an Staats- und Bundesstraßen dienen auch als Schulweg, so auch der geplante Radweg an der S 11 zwischen Grimma und Großbardau.
Die Planung der Verbindung ist bereits seit den 1990er Jahren im Gespräch und hatte sich über mehr als 20 Jahre hingezogen. Zuletzt machten vor allem die Großbardauer Druck und machten mit mehreren Demonstrationen Druck auf die Staatsregierung. Ein wichtiger Akteur dabei ist das Evangelische Schulzentrum vor Ort, denn viele Schülerinnen und Schüler kommen aus den umliegenden Dörfern sowie aus Grimma.
Während der Ausbau der Radwege in Sachsen nur schleppend vorangeht, wurden in den letzten Jahren zahlreiche Radweg-Planungen angestoßen. Insgesamt befinden sich im Freistaat über 150 Kilometer Radwege an Staats- und Bundesstraßen in Planung. Immer mehr von diesen Projekten kommen in diesem und den nächsten Jahren zur Baureife.
Mit dem aktuellen Haushaltsentwurf, den die Sächsische Staatsregierung Ende März beschlossen hat, wird der Radwegeausbau in Sachsen jedoch nahezu zum Erliegen kommen, wenn der Landtag im Haushaltsverfahren nicht noch umsteuert. Der Entwurf sieht erhebliche Kürzungen beim Radverkehr vor, die unweigerlich dazu führen werden, dass für viele Projekte, die jetzt in Planung sind, kein Geld mehr da sein wird. Diese schlechte Koordination stößt beim ADFC auf Kritik. Die Fahrradlobby fordert stattdessen eine verlässliche Finanzierung und mehr Geld für sichere und attraktive Radwege in den Orten sowie entlang von Kreis- und Staatsstraßen.
Drei Viertel der Sachsen sagen, sie fühlen sich auf ihren Alltagswegen mit dem Rad nicht sicher. Diese Unsicherheit hält viele Menschen davon ab, überhaupt auf das Fahrrad zu steigen. Der Ausbau des Radwegenetzes schont nicht nur die Staatskasse, sondern auch die privaten Haushalte: Der ADFC möchte verhindern, dass Menschen mangels Alternativen gezwungen sind, fast ihre komplette Mobilität um das Auto herum zu organisieren.
Verfügt Sachsen über ein dichtes Radwegenetz, können am Ende alle sparen: Nicht nur die öffentlichen Haushalte, sondern auch die Bürger, die von preiswerter und flexibler Mobilität profitieren.
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Es gibt 12 Kommentare
Hallo Christian,
So ganz haut das nicht hin, denn es gibt heute die Meth-Bikes, Lastenräder, die motorradähnlichen essen-auf-Rädern-Räder oder die von radograph erwähnten Räder mit Anhängern. Wo dann gern mal die Hunde oder das halbe Kinderzimmer drin sind, möchte ich ergänzen. Also die Ansprüche an Raum und Komfort steigen dort schon auch. Ich denke, auch da wird man nicht den Käuferwillen, sondern irgendeine Herstellerlobby verantwortlich machen können…
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Zur Brücke: Wenn es sich dort bewehrt hat mit der Spurwegnahme, weil man anders als in Leipzig vorm neuen Rathaus auf die Durchlässigkeit des Knotens geachtet hat, ist doch alles gut. Man sollte trotzdem auch an Reserven denken, denn auf der Marienbrücke gibt’s nun auch eine Spur weniger, und dort staut es auch ordentlich. Grund ist dort die Straßenbahn, nicht das Rad.
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Ansonsten stimme ich fra zu wenn er sagt, dass Radwege auf dem Land eine andere Priorität bekommen sollten als Straßen, die man universeller nutzen kann.
Sebastian – gern!
Man darf bei dieser Diskussion auch nicht außer acht lassen, das sich der Platzbedarf von Kraftfahrzeugen erheblich vergrößert hat, und damit der nutzbare Straßenraum geringer wurde.
Der VW Käfer hatte eine Breite von 1,50m. Die heutigen Autos sind ein Drittel breiter!
Eine zweiseitige Gesamtfahrbahn nahm in den 50er Jahren ca. 5,5m bis 6m in Anspruch. Heutzutage fordern die Regeln ca. 7m ein!
Der Straßenraum ist aber nun mal begrenzt, vor allem in einer bebauten Stadt.
Das gilt natürlich auch für Brücken.
Ältere Brücken an heutige Anforderungen anzupassen ist eben nur bedingt realistisch. Hier müssen pragmatische Lösungen gefunden werden.
Während man in den 50er Jahren halbwegs sicher neben den damals fahrenden Pkw auch mit dem Rad verkehren konnte, wird heute fast vorausgesetzt und eingefordert, dass – bei ausreichend Platz – der Pkw selbstverständlich 2 Spuren erhält.
Das Nachsehen haben die Radfahrer.
Es ist heutzutage wesentlich gefährlicher auf so einer Straße (Mehrspurbetrieb, höhere Fahrgeschwindigkeiten) und obendrein dürfen sie sich oft anhören, dass kein Platz wäre für eine Radspur.
Kein Platz, weil – siehe oben.
Ein Fahrrad war damals genauso breit.
Hallo fra,
aber natürlich!
Dann bauen wir doch einfach die Straßen nur so aus, das ein paar Rettungswagen und einige wirtschaftsunterstützende Pkw pro Stunde durch die Straße passen.
So fürs echte Dasein.
Und den Mehraufwand für den MIV vergleichen wir dann mit Kosten für Radwege.
Da bin ich aber gespannt wie ein ausgeleierter Zahnriemen.
Sebastian, die alte Führung war tatsächlich äußerst eng mit 90-Grad-Verschwenkung zur zweifachen Gleisquerung, fehlendem Sicherheitsraum zum zu niedrigen Geländer usw., mit gegenseitiger Behinderung und Gefährdung zwischen Rad- und Zweirichtungs-Fußverkehr. Zur Zeit des Einsturzes lief deshalb, weit “geräuschloser” als am Blauen Wunder, seit 2.9.2024 ein Verkehrsversuch, bei dem eine Autospur auf dem mittleren Brückenzug als Radfahrstreifen ummarkiert war. Für die KFZ-Leistungsfähigkeit sind die Knoten auf beiden Seiten maßgeblich, und da blieb genug Platz zum Einfädeln und Auffächern, was den KFZ-Durchsatz weitgehend erhielt. Eine daran orientierte Aufteilung wäre eine gute Variante für die Erneuerung in den Bestandsmaßen. Ganz objektiv brauchen dichterer Radverkehr und z.B. Fahrräder mit Kinderanhänger einfach mehr Platz als ‘mal das gelegentlich weitgehend einzeln vorkommendes Solo-Fahrrad in der 60er Jahre Planungsgrundlage für die Bestandsbrücken.
@Christian:
“Während in den letzten zehn Jahren jeweils hohe 3stellige Millionenbeträge für Straßen in Sachsen verwendet wurden, kam der Radwegebau meist nur auf einstellige Beträge, in der Spitze zuletzt 2023 auf 28,6Mio Euro.”
Da sind sie wieder, die Äpfeln und Birnen. Während Straßen zur Daseinsvorsorge dienen, also von Rettungsdiensten, Wirtschaftsverkehr, Radfahrende und natürlich auch MIV befahren werden können, sind Radwege nur Rädern vorbehalten.
“Jener Brücke wurden durchaus Mittel zugedacht, und auch eingesetzt. Das Problem war die technische Unwissenheit, wie es dieser Brücke tatsächlich geht. Ein Teil war ja bereits “saniert”. Aber trotzdem “schrottreif”.”
Danke Christian, ich hätte es gern genau so prägnant formuliert. Diese Brücke ist eins bestimmt nicht: ein Symbol ausgebliebener Gelder, weil Taurus oder Frühwarnung auf kriegsgeil gestellt, oder ähnliches. Mangelndes Wissen, m.E. deutlich schlimmer als die Finanzierungsthematik, spielte hier eine Rolle.
Aber, passt dann doch wieder zum Thema im Artikel: wegen nun zeitgemäßer Radwegbreite müsste ein gleich aussehender Ersatzneubau natürlich noch breiter werden als die alte Brücke. 😀
Weil da konnte man ja nicht Radfahren.
Die Kürzungen sind übrigens bei der Förderung des kommunalen Radwegebaus ebenso einschneidend. D.h. der beschlossene Änderungsantrag der CDU zum Radverkehrsentwicklungsplan in Leipzig
“1. Verdichtung der Basisrouten in den ländlichen Ortsteilen mit dem Ziel der Verbesserung der Schulwegsicherheit und der Angebote für Naherholung. Entsprechende Vorschläge werden unter Einbeziehung der Stadtbezirksbeiräte und Ortschaftsräte eingeholt und bis Mitte 2025 geprüft und in der Fortschreibung des RVEP aufgenommen. Dabei sollen separate Lagen bevorzugt werden.
2. Es sollen stets bauliche Maßnahmen statt aufgemalter Markierungen zur Verkehrssicherheit bevorzugt werden. ”
wird von der eigenen CDU-geführten Regierung unmöglich gemacht, denn ohne Landesförderung, die selbst in der Co-Finanzierung von Bundesmitteln entfallen soll, lässt sich mit dem engen Budget des städtischen Haushaltes praktisch keine Radwegebau umsetzen. Was als Handlungsoption außerhalb der Komplexmaßnahmen übrig bleibt, sind Anordnungen und Markierungen, ggf. mit sehr kleinen baulichen Anpassungen.
Lieber User “Urs”,
Jener Brücke wurden durchaus Mittel zugedacht, und auch eingesetzt. Das Problem war die technische Unwissenheit, wie es dieser Brücke tatsächlich geht. Ein Teil war ja bereits “saniert”. Aber trotzdem “schrottreif”.
Parteien wie FDP oder in Teilen CDU/CSU gelten sehr wohl als besonders wirtschaftsnah – sowohl inhaltlich als auch durch die Herkunft ihrer Mitglieder oder Abgeordneten. Das zeigt sich z. B. in Lobbyverbindungen, Parteispenden, der Anzahl von Vorstandsmitgliedern mit wirtschaftlichem Hintergrund oder in ihrer programmatischen Ausrichtung.
In jenen Parteien haben wirtschaftsnahe Gruppen (Verbände, Unternehmen, Einzelpersonen) überdurchschnittlich viel Zugang zu Entscheidungsträgern.
“Wirtschaftsgesteuert” ist vielleicht etwas aufgeladen, aber Sie wissen sicher, was ich meine.
Ein Beispiel noch dazu: die Autolobby & Diesel-Grenzwerte. Die enge Abstimmung zwischen dem Verkehrsministerium (unter CSU-Führung) und der Autoindustrie wurde vielfach kritisiert. Hier konnten diese Vorwürfe bestätigt werden.
An Radfahrern verdient einfach niemand, es gibt daher keine Lobby.
Das wäre wirklich fatal, sollte die Brücke namens Klinger tatsächlich gesperrt werden.
Aber die Konsequenz wäre dann folgende: da es hier um keinen Schul- und Radweg geht, der seit 20 Jahren geplant wurde, sondern um einen Weg für MIV und “Wirtschaftsverkehr, würde man ruckzuck planen und ersetzen. Mit geborgtem Geld. Oder vielleicht mit Geld aus Geldbörsen anderer (umweltfreundlicher) Verkehrsträger…
Ja, lieber User “Christian”, aber der https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_183-K0704-0001-013,_Dresden,_Rudolf-Friedrichs-Br%C3%BCcke.jpg hätte ebenso etwas zugedacht werden können und sollen, oder? Und ob der Terminus “wirtschaftsgesteuerte Parteien” treffend ist, bezweifle ich. Ich persönlich wäre übrigens nicht schockiert, würde in Kürze die hiesige Klingerbrücke gesperrt. Das wird ein feiner Spaß.
Genau – mit Äpfeln und Birnen hantieren.
Wertvolle Diskussionsbeiträge…
Es ist ein skandalöses Armutszeugnis, und der Nachweis, dass Radfahren bei wirtschaftsgesteuerten Parteien einfach nicht vor kommt.
Ein Unding angesichts des Potentials und Willens in der Bevölkerung.
Während in den letzten zehn Jahren jeweils hohe 3stellige Millionenbeträge für Straßen in Sachsen verwendet wurden, kam der Radwegebau meist nur auf einstellige Beträge, in der Spitze zuletzt 2023 auf 28,6Mio Euro.
Es ist erbärmlich, dass gerade bei diesem – sogar preiswerterem – Verkehrsmittel derart gekürzt wird!
Derweil werden munter externe Gutachten und Beratungsverträge beauftragt; trotz Personalaufwuchs und Fachleuten im eigenen Haus. Von Budgetüberschreitungen bei landeseigenen Bauprojekten bspw. im Bäderbereich in zweistelliger Millionenhöhe ganz zu schweigen…
Geld ist da. Nur an den falschen Stellen.
Wenn das russische Frühwarnsystem den Taurus erkennt und es in Automatik steht brauchen wir keinen Radweg mehr.
Die letzte grün dominierte Landesregierung wollte den Radwegebau massiv forcieren, hat aber nicht zum Wahlerfolg gereicht. Jetzt kehr man den letzten Rest an Steuereinnahmen zusammen und nimmt noch Kredite auf und bezahlt eben Taurus für die Ukraine. Einfach andere Prioritäten aufgrund anderer politischer Machtverhältnisse. Der mit Steuergeldern in Russland demnächst finanzierte Einschlag eines Taurusmarschflugkörpers hätte den Radweg finanziert. So ist das in der Demokratie.