Jahrelang hatte Sachsen für den Radwegebau so gut wie kein Geld übrig. Erst in den letzten Jahren kam der Radwegebau so langsam in Gang, sah es so aus, als würde die Regierung den Ausbau eines überregionalen Radwegenetzes wirklich ernst nehmen. Doch im aktuellen Entwurf zum Doppelhaushalt 202 /2026 hat die jetzige Minderheitsregierung aus CDU und SPD die Mittel für den Radwegebau wieder drastisch gekürzt. Nicht die einzige Kürzung im Haushalt in einem Bereich, in dem es letztlich um die Zukunftsfähigkeit des Landes geht. Und um sichere Radwege.
Eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Katja Meier von Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag zu Planungen und Bau von Radwegen in den vergangenen fünf Jahren ergab nun, dass es eine Steigerung beim Radverkehrsausbau von 8 km im Jahr 2023 auf knapp 20 km im Jahr 2024 gab. Zudem befinden sich knapp 64 km im Bau und 153 km in fortgeschrittener Planung. Allerdings weist der Haushaltsentwurf der Staatsregierung im Bereich Radverkehr gerade in diesem Bereich nun deutliche Kürzungen aus.
„Der Entwurf zum aktuellen Haushalt bedeutet eine Abkehr von der Verkehrswende“, kritisiert Katja Meier, verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Sächsischen Landtag, die politische Prioritätensetzung von CDU und SPD.
„Statt mehr sicheren und gut ausgebauten Radwegen wurden für diesen Bereich die Mittel radikal gekürzt. Es droht die Einstellung fast sämtlicher neuer Radwegeaktivitäten. Die selbst gesteckten Ziele von über 100 km neuen Radwegen pro Jahr hat die neue Staatsregierung damit gänzlich über Bord geworfen. Die politische Priorisierung berücksichtigt nicht ausreichend die steigende Zahl von Menschen, die in Stadt und Land immer öfter auf das Fahrrad steigen und vor allem Kinder, die sicher und selbstständig unterwegs sein sollen.“
Lauter Planungen für die Katz?
Und das hat sofort Folgen, befürchtet Meier. Denn ein großer Teil bereits begonnener Planungen wird nun voraussichtlich nicht weitergeführt, sondern auf unbestimmte Zeit verschoben.
„Sollte der Bau zu einem späteren Zeitpunkt doch erfolgen, drohen nicht nur erneute Planungskosten, sondern auch deutlich gestiegene Baupreise. Damit besteht nicht nur die Gefahr von Steuergeldverschwendung, sondern es auch das reale Risiko, dass dringend benötigte Radwege nie realisiert werden. Zusätzlich droht der Verlust von Bundesmitteln, die für den Bau von Radwegen an Bundesstraßen vorgesehen waren.“
In der letzten Legislatur haben sich die Grünen, so Meier, für den deutlichen Ausbau des Radwegenetzes eingesetzt. Mit Erfolg. 2024 ging es erstmals mit fast 20 Kilometer neuer Radwege merklich aufwärts.
„Doch bevor Radwege überhaupt gebaut werden können, müssen sie geplant werden. Dafür ist bislang zusätzliches Personal verfügbar“, sagt Katja Meier. „Nun stehen aber auch diese Stellen und damit auch die bereits in Planung befindlichen neuen Radwegeprojekte infrage. Die Minderheitskoalition legt die von uns gelösten Bremsen beim Radverkehr sofort wieder ein.“
Kaninchen vor der Schlange
Oder – auch so kann man es formulieren – sie vollzieht ein Rollback in der Politik. Vielleicht, weil man glaubt, damit ein konservatives Publikum anzusprechen, das so einen Rückschritt dann bei der nächsten Wahl mit Stimmen goutiert. Doch für gewöhnlich funktioniert so etwas nicht.
Im Gegenteil: Wenn keine Politik gemacht wird, die eine mögliche Zukunft gestaltet, wählen die Frustrierten im Land das rechtsextreme Original. Manchmal wirkt die aktuelle Minderheitsregierung wie das Kaninchen vor der Schlange. Gerade die CDU sieht ihr Feindbild vor allem bei den Grünen, obwohl die letzte Wahl deutlich gemacht wird, dass ihre Politik vor allem den Gegner am rechten Rand stärkt.
Die Radfahrer in Sachsen – gerade die in ländlichen Regionen, die auf sichere Radwege zwischen den Ortschaften warten, werden so wieder einmal enttäuscht und erfahren zugleich, dass in Sachen Verkehrspolitik einfach keine zukunftsfähige Linie in der Regierungspolitik zu sehen ist.
Aktuell befinden sich 64 km Radwege im Bau. Entsprechend dem Haushaltsentwurf kann nur noch abfinanziert werden, der Bau neuer Radwegeprojekte kann nicht begonnen werden. Von den rund 490 km Radwegen, die aktuell geplant werden, haben 153 km einen fortgeschrittenen Planungsstand. Sie könnten also gebaut werden. Nur das Geld dafür wird im Doppelhaushalt – wenn nicht die Opposition im Landtag noch eine Kehrtwende durchsetzt – fehlen.
Das darf man getrost närrisch nennen. Verlässlich geht anders.
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Es gibt 3 Kommentare
Was ist mit dem Sondervermögen für das man noch schnell das Grundgesetz geändert hat? Sachsen müsste doch sowohl aus dem Infrastrukturfonds als auch aus dem Klimaschutzfonds Geld für Radwegebau erhalten. Und dann gibts doch noch die Bundesmittel für den Kohleausstieg. Auch hier müsste es Geld für Radwegebau geben.
Generell hat Sachsen in den letzten 10 Jahren kaum Fortschritte beim Radwegeausbau gemacht. Vom 100-km-Programm Duligs ist bis heute nahezu nichts umgesetzt.
https://www.medienservice.sachsen.de/medien/news/218111
Das macht auch finanzpolitisch keinen Sinn. Radwege sind allemal billiger als Autofahrbahnen, sowohl bei der Planung, beim Bau als auch bei der Unterhaltung. Wer also sparen wollte, müsste Radwege bauen statt Autostraßen…
Hier braucht man nicht einmal die Verkehrswende zu bemühen. Beim Radwegebau geht es im ländlichen Raum um ganz elementare Mobilität und damit gesellschaftliche Teilhabe, ohne auf ein Auto angewiesen zu sein bzw. um sein Leben fürchten zu müssen.