In der Kabinettssitzung am 17. Januar hat Sachsens Finanzminister Hartmut Vorjohann den vorläufigen Haushaltsabschluss des Jahres 2022 vorgestellt. Ein Jahresabschluss, der alle seine Lamentos aus den Monaten davor widerlegt. Keine Steuerschätzung ließ er aus, um Sachsens Haushalt für prekär und gefährdet zu erklären. Aber das Gegenteil ist der Fall: Sachsen schließt das Jahr 2022 mit einem Überschuss ab, den es so seit 30 Jahren nicht gegeben hat. 

Zum Stichtag 31. Dezember 2022 standen den Einnahmen des Freistaats von 23.613 Millionen Euro Ausgaben von 22.113 Millionen Euro gegenüber. Der sich daraus ergebende kassenmäßige Ãœberschuss von 1.499 Millionen Euro – also rund 1,5 Milliarden Euro – resultiert aus nicht verbrauchten Ausgabemitteln der Ressorts und Steuermehreinnahmen in Höhe von 2.661 Millionen Euro gegenüber dem Haushaltsplan, darunter allein 541 Millionen Euro mehr als zur Oktober-Steuerschätzung des Jahres 2022 erwartet.

Von Steuereinnahmen wieder überrascht

„Diesen vorläufigen Abschluss muss man allerdings richtig einsortieren“, mahnt freilich sofort wieder Finanzminister Hartmut Vorjohann.

„Einerseits wurde der Doppelhaushalt der Jahre 2021 und 2022 inmitten der Coronakrise in der Annahme niedrigerer Steuereinnahmen aufgestellt, welche insbesondere im Jahresverlauf 2022 glücklicherweise nicht eingetreten sind. Und anderseits hatten wir gerade in der ersten Jahreshälfte 2022 noch mit Coronaeinschränkungen zu kämpfen, was sich bei den Investitionsausgaben der Ressorts bemerkbar gemacht hat. Das zeigt auch der geringe Mittelabfluss der neu beginnenden EU-Förderperiode der Jahre 2021-2027.“

Und dann gibt es wieder ein hübsches Rechenexempel im Stil der Schwäbischen Hausfrau. Denn genau so ticken Sachsens Finanzminister.

„Die hohen Steuermehreinnahmen erlauben auf eine Kreditaufnahme zur Steuerkompensation aus dem Coronabewältigungsfonds in Höhe von rund 1 Milliarde Euro zu verzichten. Weiterhin wurden zur Deckung des Doppelhaushaltes der Jahre 2023 und 2024 Mittel in Höhe von rund 1,1 Milliarden Euro verwendet. Von den verbleibenden Steuereinnahmen muss der Freistaat Sachsen im ersten Quartal 2023 einen dreistelligen Millionenbetrag im Rahmen der Abrechnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs zurückzahlen, sodass sich gegenüber den Planungsgrundlagen für das Jahr 2023 bereits jetzt eine Belastung des Haushaltsvollzugs mit rund 286 Millionen Euro ergibt“, malt das Finanzministerium neue Schreckgespenst an die Wand.

Obwohl schon vorher klar war, dass weitere Mittel aus dem Corona-Bewätigungsfonds gar nicht in Anspruch genommen werden müssen.

Und die scheinbar „verwendeten“ 1,1 Milliarden Euro aus der Rücklage sind auch nur hypothetisch. Denn ob die in Anspruch genommen werden müssen, entscheiden erst die Steuereinnahmen der Jahre 2023/2024, die auch der Finanzminister noch nicht kennt.

844 Millionen Euro konnten nicht ausgegeben werden

Viel alarmierender ist die Tatsache, dass die bereitstehenden Gelder in immer größerer Dimension nicht abgerufen werden können.

„In den Einzelplänen wurden im Jahr 2022 im laufenden und im investiven Bereich insgesamt 844 Millionen Euro weniger ausgegeben als geplant“, stellt das Finanzministerium fest. „Eine Ursache neben den pandemiebedingten Einschränkungen ist der relativ geringe Abfluss von EU-Mitteln aufgrund der erst im Jahr 2022 beginnenden Umsetzung der neuen EU-Förderperiode der Jahre 2021-2027.“

Das Geld liegt also da und muss jetzt in den Doppelhaushalt 202 /2024 übertragen werden.

„Es schließt sich nun das Ausgaberesteverfahren an, in dessen Rahmen gebundene, nicht verbrauchte Ausgabemittel in das Haushaltsjahr 2023 übertragen werden können. Erst im Ergebnis des Ausgaberesteverfahrens ergibt sich der endgültige Haushaltsabschluss des Jahres 2022“, so das Finanzministerium.

Was freilich nichts daran ändern wird, dass Förderanträge in Dresden auch künftig mit dem Verweis auf „leere Fördertöpfe“ abgelehnt werden. Etwas, was besonders die Stadt Leipzig immer öfter erlebt, die mit der Region Westsachsen längst aus der EU-Förderung gefallen ist und jetzt bei Schulbauten, Sporthallen, Radwegen usw. immer öfter in die Röhre guckt und aus Dresden Ablehnungen für ihre Förderanträge kassiert.

Aber Hartmut Vorjohann wäre nicht Finanzminister in Sachsen, wenn er nicht um seine Geldvorräte bangen würde. Also warnt er wieder vor Unwägbarkeiten, die da kommen könnten: „Das Haushaltsjahr 2022 wird der Freistaat positiv abschließen können. Trotz insgesamt sehr schwieriger Rahmenbedingungen konnte auf die geplante kreditfinanzierte Steuerkompensation aus dem Corona-Bewältigungsfonds erneut vollständig verzichtet werden.

Außerdem wurden aus dem Haushaltsvollzug 2022 bereits wesentliche Finanzierungsbeiträge für den Doppelhaushalt der Jahre 2023 und 2024 geleistet. Ich werde den verbleibenden Überschuss des Jahres 2022 zur dringend gebotenen Wiederauffüllung der Haushaltsausgleichsrücklage verwenden. Damit bauen wir die notwendigen finanziellen Reserven wieder auf, um unsere haushalterische Handlungsfähigkeit zu erhalten. Somit sorgen wir nicht nur für weitere Unwägbarkeiten vor, sondern agieren verantwortungsbewusst gegenüber künftigen Generationen.“

Was daran erinnert, dass er sowieso schon 10 Milliarden Euro für künftige Generationen auf die hohe Kante gelegt hat und 2023 und 2024 damit weitermachen wird.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar