Rund um den Flughafen Leipzig/Halle soll ein Zentrum für die Produktion und den Einsatz nachhaltiger Flugkraftstoffe entwickelt werden. Dazu verpflichteten sich Airbus, Condor, DHL, HH2E, Sasol und der Flughafen Leipzig/Halle in einer gemeinsamen Absichtserklärung auf der 3. Nationalen Luftfahrtkonferenz in Hamburg am Montag, dem 25. September. Denn auch das Fliegen muss klimaneutral werden. Und zwar möglichst bald.

Die Erklärung ist im Rahmen der 3. Nationalen Luftfahrtkonferenz in Hamburg am 25. September unterzeichnet und an Bundeskanzler Olaf Scholz übergeben worden. Die Absichtserklärung bildet den offiziellen Auftakt von NetZeroLEJ, einer neuen Initiative der Industriepartner hin zum klimaneutralen Flugverkehr.

Das Projekt NetZeroLEJ wurde in den vergangenen Monaten von den Unterzeichnenden gemeinsam mit weiteren Partnern sowie mit Unterstützung des Bundes und der Länder Sachsen und Sachsen-Anhalt vorbereitet, teilt die Mitteldeutsche Flughafen AG mit.

Ziel von NetZeroLEJ ist es, die Produktion und den Einsatz nachhaltiger Flugkraftstoffe (Sustainable Aviation Fuels, SAF) im industriellen Maßstab vorzubereiten und umzusetzen. Das Vorhaben soll die Transformation des Luftfahrtsektors zu mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz voranbringen. Dadurch soll es einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung des Industrie-, Technologie- und Innovationsstandorts Deutschland leisten.

Nur müssen diese als nachhaltig verstandenen Flugkraftstoffe erst einmal in der gewaltigen Dimension produziert werden, wie sie z.B. ein Flughafen wie Leipzig/Halle braucht.

2022 wurden am Flughafen Leipzig/Halle insgesamt 691.682 Tonnen Kerosin getankt, davon allein 632.714 Tonnen für den Frachtflugverkehr.

Was verstehen die Projektpartner überhaupt unter SAF?

„Sustainable Aviation Fuels ermöglichen den klimaneutralen Passagier- und Frachtflugverkehr auch auf langen Strecken. Großes Potenzial haben der Fachwelt zufolge vor allem die sogenannten E-Fuels und Power-to-Liquid-Kraftstoffe (PtL). Diese werden aus biologischen Rohstoffen und regenerativem Strom erzeugt und durch spezielle Verfahren in Kerosin umgewandelt“, heißt es auf der Homepage der MFAG.

Da sind die so oft gepriesenen E-Fuels wieder, deren Herstellung technisch hoch aufwendig und sehr energieintensiv ist. Und mit den Power-to-Liquid-Kraftstoffen ist es nicht viel anders. Bis die riesigen Mengen an Flugzeugtreibstoffen hergestelt werden können, die die deutsche Luftfahrtbranche braucht, werden Jahrzehnte vergehen – und enorme Mengen an alternativen Energieanlagen gebaut werden müssen.

Der Druck kommt von der EU

Welch ein langer Weg da noch vor der Luftfahrtbranche liegt, benennt die MFAG selbst: „Das technische Vorgehen ist entwickelt und erprobt. Bereits heute nutzen die Lufthansa Gruppe wie auch viele andere europäische Fluggesellschaften anteilig Kraftstoffe, die aus biologischen Reststoffen, wie beispielsweise gebrauchten Speiseölen, hergestellt werden. Doch noch ist der Anteil nachhaltiger Treibstoffe im Flugverkehr nur minimal. Und das aus einem einfachen Grund: Es gibt sie nicht in ausreichendem Maße. Das EU-Parlament setzt dabei auch hohe Ziele: Fluggesellschaften müssen ab 2025 einen Mindestanteil von zwei Prozent nachhaltigen Kraftstoff tanken, der bis 2050 auf 70 Prozent steigen soll. Zudem werden ab 2030 synthetisch hergestellte Kraftstoffe vorgeschrieben, um die Emissionen im Flugverkehr bis 2050 um 85 Prozent zu reduzieren.“

Bisher nur Kleinstmengen

„Die Luftfahrtindustrie weltweit ist sich ihrer Verantwortung für mehr Klimaschutz bewusst. Die Nutzung von CO2-neutral produziertem Kerosin in großem Maßstab ist die Voraussetzung dafür, die Klimawirkung der Luftfahrt in den nächsten Jahren signifikant zu verbessern“, meint Götz Ahmelmann, Geschäftsführer der Mitteldeutschen Flughafen AG. „Derzeit sind die klimaneutralen Treibstoffe für den Luftverkehr nur in Kleinstmengen verfügbar. Die Region rund um den Flughafen Leipzig/Halle verfügt über die Innovationskraft, Technologie und die Kapazitäten, um die erforderliche Produktion von mehreren Hunderttausend Tonnen CO2-neutraler Treibstoffe pro Jahr umzusetzen. Sie kann damit weltweit eine Vorreiterrolle im Bereich nachhaltiger Luftverkehr einnehmen.“

Aufgrund der Flächenverfügbarkeit und der Präsenz entsprechender Produzenten ist die mitteldeutsche Region als Standort für den Aufbau der großmaßstäblichen SAF-Produktion vorgesehen. Bis zur Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung ILA im Jahr 2024 soll das Projekt inklusive der Finanzierung detailliert geplant und der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Die Inbetriebnahme der Produktionsanlage ist für das Jahr 2029 geplant.

„Die Planung der Partner sieht eine voraussichtliche Produktion von anfänglich mindestens 200.000 Tonnen eSAF pro Jahr vor, mit der Möglichkeit, auf 500.000 Tonnen pro Jahr zu skalieren“, erläutert Projektpartner HH2E aus Hamburg. Aber das Ganze braucht jetzt erst einmal Milliardeninvestitionen, um bis 2029 diese Produktionskapazitäten überhaupt aufzubauen.

„Mit dem Ziel, bis 2030 eine eSAF-Produktion in Deutschland zu realisieren, werden die beteiligten Unternehmen umgehend die technische und finanzielle Planung, sowie die Finanzierung und Definition des regulatorischen Rahmens konkretisieren“, erklärt HH2E. „Ein Projekt dieser Größenordnung und Komplexität, das Investitionen in Milliardenhöhe repräsentiert, verspricht erhebliche Vorteile im Klimaschutz, wirtschaftliches Wachstum, schafft Arbeitsplätze und technologischen Fortschritt für Deutschland und Europa. Für die erfolgreiche Umsetzung ist es notwendig, dass die Europäische Union, Bund und Länder jetzt die Rahmenbedingungen so gestalten, dass die erforderlichen privaten Investitionen getätigt werden.“

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