Vor etwas mehr als einer Woche hatte ich in einem ersten Gastbeitrag einen kritischen Kommentar zum Interview mit dem kaufmännischen Geschäftsführer der Leipziger Stadtwerke abgegeben. Der Beitrag behandelte verschiedene Aussagen Karsten Rogalls zu den Themen Ausbau der Erneuerbaren, Strommarktversagen, negative Preise am Strommarkt, Wirtschaftlichkeit sowie Daseinsfürsorge.

Mit dem zweiten Teil (Teil I des Kommentars findet man hier) möchte ich mich nun weiteren Aussagen zu den Themen Flächenbedarf von Photovoltaik, Rendite für Netzbetreiber, dem Verhältnis von Netzausbau und Ausbau der Erneuerbaren Energien sowie der Abregelung von Erneuerbaren Energien widmen.

Der Beitrag umfasst den Versuch komplexe Themeninhalte, soweit möglich, zu vereinfachen, um auf dieser Basis die Aussagen des kaufmännischen Geschäftsführers der Stadtwerke Leipzig einzuordnen. Die Kernaussagen meines Beitrags auf die genannten Themen sind:

Photovoltaik auf Freiflächen haben keinen relevanten Einfluss auf den Flächenverbrauch landwirtschaftlicher Nutzflächen.

Die Forderung der Stadtwerke nach höheren Renditen im Netzbetrieb würde zu einer kaum nachvollziehbaren Erhöhung der Stromkosten für die Bürger und Bürgerinnen führen.

Der Ausbau von Erneuerbaren Energieanlagen orientiert sich bereits an den Netzkapazitäten. Eine ausschließliche Orientierung an Netzausbauplanungen der Netzbetreiber ist weder sinnvoll noch bei über 850 Verteilnetzbetreibern bedarfsgerecht umsetzbar.

Die Abregelung von Erneuerbaren Anlagen ist mit dem voranschreitenden Netzausbau und der Flexibilisierung des Verbrauchs ein voraussichtlich abnehmendes Problem. Die Kosten für den Endkunden sind bereits heute äußerst gering.

Flächenbedarf landwirtschaftlicher Nutzflächen und Flächeneffizienz

In dem Interview mit der Leipziger Zeitung bezeichnet Karsten Rogall den Ausbau der Photovoltaik als „unkontrolliert“ und kritisiert diesen vor allem auf landwirtschaftlichen genutzten Flächen. Damit suggeriert er, dass der Photovoltaikausbau im großen Maßstab zur Umnutzung benötigter landwirtschaftlicher Flächen beitragen würde. Eine Aussage, die beim Blick in die tatsächlichen Zahlen und Statistiken nicht haltbar ist.

Das Statistische Bundesamt erhebt und veröffentlicht in regelmäßigen Abständen Statistiken zur Flächennutzung in Deutschland. Zum Stand 2023 hat das Umweltbundesamt diese Daten nochmals übersichtlich zusammengefasst (UBA, 2025). Demnach wird rund die Hälfte der Fläche in Deutschland landwirtschaftlich genutzt. Dabei reduzierte sich die landwirtschaftliche Nutzfläche von 2016 auf 2023 um 0,8 Prozent. Hauptgrund für die Reduzierung ist dabei die Zunahme der Fläche für Siedlung und Verkehr.

Der Großteil der verfügbaren landwirtschaftlichen Fläche wird dabei für die Futtermittelproduktion (59 %) verwendet. 27 % umfasst die Produktion pflanzlicher Güter für die menschliche Ernährung. Weitere 12 % der Flächen werden für den Anbau von Energiepflanzen verwendet (UBA, Umweltatlas). Dahingegen liegt der Flächenbedarf für PV Freiflächenanlagen aktuell bei rund 0,07 % (UBA, 2023) und ist damit um ein Vielfaches geringer als der Bedarf für den Anbau für Energiepflanzen.

Die obigen Zahlen zeigen, dass der Rückgang der landwirtschaftlichen Nutzfläche nur zu einem verschwindend geringem Anteil mit dem Ausbau von PV Freiflächenanlagen zu tun hat. Gleichzeitig nutzen wir verfügbare Flächen an vielen Stellen nicht effizient, wie der Vergleich von Biomasse zu Photovoltaik zeigt.

Nach Umweltbundesamt ist die Flächeneffizienz von Bioenergie um den Faktor 40 geringer als bei Photovoltaik (UBA). Dabei vergrößert sich mit zunehmender Effizienz der Solarmodule der Faktor stetig, da pro installierte Leistung weniger Fläche benötigt wird.

Karsten Rogall.
Karsten Rogall. Foto: L-Gruppe

Im Gegensatz zur Umwidmung landwirtschaftlicher Nutzflächen für den Verkehr oder Siedlungsbau stellt der Einsatz von PV Freiflächenanlage keinen dauerhaften Verlust der Flächen dar, da diese üblicherweise vollständig in die landwirtschaftliche Nutzung zurück überführt werden können (KNE, 2024). Darüber hinaus bietet Agri-PV einen technologischen Ansatz für eine Doppelnutzung der landwirtschaftlichen Flächen. Hierauf wies bereits dieser Leserkommentar hin.

Netzentgelte und Renditen von Netzbetreibern

In Leipzig werden weite Teile des Verteilnetzes für Strom und Gas sowie das Fernwärmenetz durch die Netz Leipzig GmbH, ein Tochterunternehmen der Leipziger Stadtwerke, betrieben. Nach Aussage von Karsten Rogall ist es nicht mehr möglich, im Netzbetrieb eine „Rendite“ zu erzielen, und er fordert daher eine Verbesserung der Rahmenbedingungen, welche er leider nicht weiter benennt.

Die Diskussion um die Netzentgeltregulierung und erzielbarer Renditen ist äußerst komplex. Der Hintergrund ist, dass Strom- und Gasnetze natürliche Monopole bilden und daher stark reguliert sind. Die Regulierung verfolgt dabei den Zweck, die risikoarmen Renditen auf eine angemessene Höhe zu beschränken und Anreize für einen effizienten Betrieb und bedarfsgerechten Netzausbau zu schaffen. Die Regulierung hierzu findet in Deutschland über der Anreizregulierungsverordnung (ARegV) statt und liegt primär in der Hoheit der Bundesnetzagentur.

Der Begriff „angemessen“ verweist schon auf eine der großen Herausforderungen der Anreizregulierung. Der Ausbau der Netze benötigt Investitionen und für Geldgeber entsprechend Ausblicke auf Renditen. Auf der anderen Seite führt eine Erhöhung der Renditen zu höheren Netzentgelten, die der Endkunde ohne Möglichkeit auf Alternativen über den Strompreis tragen muss. Dabei ist es für die Öffentlichkeit gar nicht so einfach, Informationen zu den Renditen einzelner Netzbetreiber aufzufinden und diese komplexe Diskussion nachzuvollziehen.

Hier zeigte eine Analyse des Bundesverbands Neue Energiewirtschaft das große Verteilnetzbetreiber durchaus sehr hohe Eigenkapitalrenditen von über 20 % aufweisen (bne, 2025). Dabei soll die Anreizregulierung die Rendite aus dem Netzbetrieb eigentlich begrenzen. Im Gegensatz dazu weisen die Stadtwerke Leipzig im Jahresabschlussbericht von 2024 ein negatives Ergebnis auf. Jedoch erlaubt die knappe Darstellung im Geschäftsbericht keine weiteren Schlüsse.

Ist nun die Forderung nach einer höheren Rendite berechtigt? Im Jahr 2024 machten die Netzentgelte 29 % der Stromkosten für Haushaltskunden aus (Bundesdurchschnitt, BDEW). Eine Erhöhung der durchschnittlich erzielten Rendite erhöht die Netzentgelte in relevanten Maßstab und ist daher gegenüber den Bürgern kaum vertretbar.

Das Argument, dass ein kommunales Unternehmen andere Geschäftsbereiche querfinanzieren muss, ist schwach, da die Regulatorik für alle Netzbetreiber gilt. In diesem Sinne bleibt zu hoffen, dass die Bundesnetzagentur in der aktuellen Überarbeitung der Anreizregulierung (NEST-Prozess) einen angemessenen Rahmen findet.

Ausbau von Erneuerbaren Energien und Netzausbau

Für die Investition in Erneuerbare Energien gibt es mittlerweile verschiedene Geschäftsmodelle. Ein zentraler Bestandteil dieser ist zumeist das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG). Nichtsdestotrotz werden von den Projektentwicklern und Investoren vollumfänglich alle relevanten energiewirtschaftlichen Randbedingungen berücksichtigt. Dies umfasst vor allem auch standortspezifische Faktoren, die neben dem Erzeugungspotential auch die Netzanschlussmöglichkeiten berücksichtigen.

Über den Strompreis wird auch der Netzausbau finanziert. Foto: Michael Freitag
Über den Strompreis wird auch der Netzausbau finanziert. Foto: Michael Freitag

Der Netzanschluss für Erzeugungsanlagen ist dabei grundsätzlich im §17 EnWG geregelt. Jedoch besteht mit dem §8 EEG eine spezifische Regelung für Erneuerbare Energieanlagen, die eine Priorität für diese einräumt. Die Kosten des Netzanschlusses bis zum Netzverknüpfungspunkt trägt dabei der Anlagenbetreiber, während der Netzbetreiber für die Kosten am Verknüpfungspunkt sowie weitere potenzieller Netzverstärkungs- und ausbaumaßnahmen zu tragen hat.

Neben den eigenen Netzanschlusskosten ist natürlich der zeitliche Rahmen für einen Netzanschluss relevant. Üblicherweise sind die Planungs- und Umsetzungszeiten für Netzausbau- und verstärkungsmaßnahmen der Netzbetreiber deutlich länger als die Zeiten für die Umsetzung einer EE-Anlage. Entsprechend werden Engpässe im Netz automatisch im Markt bis zu einem gewissen Grad berücksichtigt.

Nun fordert Karsten Rogall, dass sich der Ausbau der Erneuerbaren am Ausbau der Netze orientiert. Losgelöst von dem Umstand, dass dies im beschriebenen Prozess durchaus der Fall ist, stellt sich die Frage, wie konkret dies aussehen sollte. Die Aufgabe der Netzbetreiber ist es, einen kosteneffizienten Netzbetrieb zu ermöglichen.

Der Ausbau des Netzes erfolgt auf Bedarfsebene über Netzanschlussanfragen für Erzeuger und Verbraucher sowie entsprechenden regelmäßigen Prognosen zu deren Entwicklung, welche in die Netzentwicklungspläne einfließen.

Eine vollumfängliche Marktperspektive bei den Netzbetreibern hingegen besteht nicht. Entsprechend können Netzbetreiber nur eine nachgelagerte Rolle spielen. Weiterhin wäre bei allein über 850 Verteilnetzbetreibern in Deutschland ein absolutes planerisches Fiasko zu erwarten, wenn Netzanschlüsse nicht mehr der Nachfrage folgen würden. Oder etwas provokant gefragt: Warum haben Netzbetreiber ihre Netze noch nicht auf die erwartbaren Bedarfe ausgebaut und hinken diesen hinterher?

Abregelungen von Erneuerbaren Energien

Bei Bürgerveranstaltungen zur Energiewende ist das Thema Zwangsabschaltungen von Erneuerbaren ein Dauerbrenner. In diese Kerbe schlägt Karsten Rogall, wenn er auf die begrenzten Kapazitäten von Umspannwerken verweist. Während im vorausgehenden Absatz das Thema Netzausbau behandelt wurde, möchte ich hier abschließend auf das Thema der Abregelung von Erneuerbaren Energien eingehen.

Grundsätzlich ist die Abregelung von Erzeugungsanlagen aufgrund von Netzengpässen ein Eingriff von Netzbetreibern zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems. Die Ergreifung entsprechender Maßnahmen werden als Redispatch bezeichnet und dienen dazu Leitungsabschnitte vor einer Überlastung zu schützen.

Dabei werden Stromerzeugungsanlagen auf der einen Seite des Engpasses gedrosselt oder abgeschaltet, während Anlagen auf der anderen Seite des Engpasses hochgefahren werden. Die Anweisung erfolgt durch die Übertragungsnetzbetreiber, während die Verteilnetzbetreiber durch Meldung lokaler Engpässe sowie die Umsetzung der Abschaltungen unterstützen.

Die Bundesnetzagentur veröffentlicht regelmäßig Daten und Analysen zum Thema Netzengpassmanagement (BNetzA, Netzengpassmanagement). Von 2019 bis 2023 sind demnach die Redispatch-Mengen gestiegen. Im Jahr 2024 lagen die Mengen hingegen deutlich unter denen aus dem Jahr 2022. Die Kosten für Redispatch-Maßnahmen sind abhängig von der Höhe des Börsenstrompreises und sind nach einer Spitze im Jahr 2022 (Gaspreiskrise) wieder deutlich gesunken.

Die Abregelung Erneuerbarer Energien lag in 2023 und 2024 bei 3 bis 4 % der gesamten erneuerbaren Stromerzeugung und ist von 2023 auf 2024 sogar gesunken. Für den Haushaltskunden liegen die Kosten aufgrund von Redispatch-Maßnahmen deutlich unter 1 cent/kWh. Die Gründe für die Engpässe liegen meisten (74 % bis 80 %) im Übertragungsnetz, auch wenn die von der Abregelung betroffenen Anlagen am Verteilnetz angeschlossen sind.

Ende 2024 hatte die Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena) einen Bericht zur Weiterentwicklung des Netzengpassmanagement veröffentlicht (dena, 2024). Demnach werden sich mit dem voranschreitenden Netzausbau und insbesondere durch die Inbetriebnahme der ersten großen Gleichstromverbindungen von Nord nach Süd (A-Nord, Ultranet, SuedLink und SuedOstLink) zwischen 2026 und 2028 die Bedarfe für das Engpassmanagement in Zukunft begrenzen lassen.

Gleichzeitig wird der Netzausbau nicht alle Engpässe beheben. Als weitere Maßnahme wird daher vornehmlich die Flexibilität der Verbraucher erwähnt. Entsprechende Anreize werden dazu unter anderem über die Regelung „Nutzen statt Abregeln“ (§13k EnWG) implementiert und nach einer eigenen Pressemitteilung von den Stadtwerken für günstigen Stromeinkauf genutzt (LSW, 2025).

Schlussendlich ist die Abregelung von Erneuerbaren Anlagen mit dem voranschreitenden Netzausbau und der Flexibilisierung der Verbraucher voraussichtlich ein abnehmendes Problem. Dabei sind die Kosten für den Endkunden bereits heute äußerst gering.

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