Wie schrieb doch Leser Uwe so treffend: „Ganz allgemein bin ich der Auffassung, dass wir ein sehr gutes ‚Radwegenetz‘ hätten: die Straßen! Sie müssen nur nicht als prioritär den Autos vorbehalten gedacht werden, indem man immer und überall versucht, den Radverkehr zu separieren, sondern so gestaltet werden, dass Radfahrer sie sicher benutzen können.“ Denn das war eigentlich der Grundgedanke, der auch dem Radverkehrsentwicklungsplan 2010–2020 zugrunde lag. Wären da nicht ein paar einflussreiche Autofahrer gewesen.

Es fing einst alles vielversprechend an

Denn eigentlich war 2012 alles beschlossen und das Leipziger Baudezernat legte auch mit richtig optimistischen Pressemitteilungen los, als man anfing, endlich auf den Hauptverkehrsstraßen wie der Georg-Schumann-Straße Radfahrstreifen aufzutragen und damit erstmals sichtbaren Platz für Radfahrer/-innen zu schaffen. Denn eins der großen Ziele lautete ja: Die Unfallzahlen senken und die Sicherheit des Radverkehrs deutlich erhöhen. Und das geht nun einmal nur mit sichtbaren Radfahrer/-innen auf einem klar aufgeteilten Verkehrsraum.

Aber Autofahrer sitzen nicht nur in autofahrerfreundlichen Zeitungsredaktionen und Fraktionen, sie sitzen auch in einflussreichen Institutionen, die derart viel Wind machen können, dass auch ein Oberbürgermeister den Kopf einzieht und ein komplettes Radverkehrsentwicklungsprogramm quasi stoppt und für Jahre einfriert.

Bau neuer Radwege weg von der Agenda

Weshalb der Bau neuer Radwege nicht mehr auf der Agenda stand. In der Verkehrspraxis erwiesen sie sich immer wieder als Gefahrenquelle, weil sie Radfahrer/-innen eine falsche Sicherheit suggerierten, die spätestens an der nächsten Kreuzung zum gravierenden Problem werden konnte.

Und wer sich den Radverkehrsentwicklungsplan anschaut, sieht, dass auch der Schleußiger Weg als Problemstelle erkannt und Handlungsbedarf gesehen wurde: „Sanierung bestehender Radverkehrsanlagen“, stand da im Plan. Nur: Die Finanzierung war nicht gesichert. Und so ist bis heute nichts passiert.

Im Westen nichts Neues…

Nicht nur auf dem Schleußiger Weg, denn die Probleme fangen westwärts schon an – direkt an der Altranstädter Straße, wo Radfahrer/-innen vom Radstreifen (der in der Antonienstraße bis dahin existiert) auf den Fußweg geleitet werden, nördlich und südlich der Antonienstraße wird hier der Radweg auf den großen Betonplatten des Fußwegs geführt, größtenteils unmarkiert und nicht separiert.

Was dann spätestens am Beginn zur Rödelstraße zu Konflikten führt. Denn hier endet der angestückelte Radstreifen unverhofft mitten in der Bushaltestelle und wird auch nicht wieder aufgenommen, sodass mehrere Leser/-innen berechtigterweise anmerken, dass Radfahrer hier regelrecht in StVO-widrige Verhaltensweisen gezwungen werden.

Stadtverwaltung verspricht Abhilfe

Was ja Anlass für eine wirksame Petition war, die mittlerweile dazu geführt hat, dass die Stadtverwaltung zugesagt hat, hier Änderung zu schaffen. Denn schon aus dem Gefühl fehlender Sicherheit heraus weichen hier auch viele Schüler/-innen auf den Fußweg aus, obwohl man verkehrsrechtlich auf der Straße bleiben sollte. Aber an der Kreuzung mit der Dammstraße wird endgültig klar, dass die Verkehrsplaner hier nicht mal die sicheren Schulwege mitbedacht haben. Man steht am besten auf dem Fußweg, wenn man hier hinüber will zur Schule am Auwald. Eine Überführung auf der Ostseite der Kreuzung gibt es erst gar nicht.

Lauter Gefahren lauern

Und geradeaus? Da wird es noch irrer, denn der aufgemalte Radstreifen suggeriert sogar, dass man eigentlich vom Fußweg kommen muss, um jetzt auf den Rad-/Gehweg zu fahren, der als solcher aber nur schwerlich zu erkennen ist. Man fährt eigentlich auf einem seit 30 Jahren nicht sanierten Gehweg. Und das mit lauter Hindernissen, wie dem Haltestellenhäuschen an der Rochlitzstraße.

Es ist genau jener Teil des Schleußiger Weges, der seit 2010 hätte in Ordnung gebracht werden sollen. Die Gehwegplatten stehen – wie in der Antonienstraße – immer wieder hoch und sorgen für Gefahrenstellen.

Blick über die Rödelstraße Richtung Schnorrstraße. Foto: Marko Hofmann
Blick über die Rödelstraße Richtung Schnorrstraße. Foto: Marko Hofmann

Umbau liegt noch in ferner Zukunft

Die Sache wird noch prekärer, wenn man bedenkt, dass Leipzigs Verwaltung erst um das Jahr 2030 daran denkt, diese Straße umzubauen. Denn das verkoppelt man mit den Plänen der LVB, hier endlich die notwendige Südsehne der Straßenbahn zu bauen, die zwangsläufig auch eine Umorganisation des Verkehrsraums mit sich bringt. Vorher will die Stadt den Schleußiger Weg gar nicht anpacken und bescheidet auch alle Einwohneranfragen in diese Richtung.

Die Situation der Radfahrer bessert sich wirklich erst kurz vor der nächsten Bushaltestelle und dem Überweg zum Nonnenweg. Hier ist der Radweg wenigstens asphaltiert und separiert. Aber dafür hat er ein paar andere Tücken: Der Asphalt treibt gewaltige Blasen, die hier nun auf ihre Weise zur Gefahrenstelle werden.

Enge und falsche Fahrtrichtung

Spiegelbildlich ist es auf der Nordseite ganz ähnlich, wobei es ein eher verstörender Zustand ist, dass Radfahrende, die von der Schleuse Connewitz kommen, zwar an einer Ampel direkt den Schleußiger Weg überqueren können, dann aber – wenn sie zur Rennbahn wollen – entgegen der Fahrtrichtung fahren müssen, was schon aufgrund des beengten Platzes für mehr als Verwirrung sorgt.

Kurz vor der Bedarfsampel am Schleußiger Weg - auf der Brücke über die Pleiße wird es eng und gibt es gleich noch Gegenverkehr. Foto: Ralf Julke
Kurz vor der Bedarfsampel am Schleußiger Weg – auf der Brücke über die Pleiße wird es eng und gibt es gleich noch Gegenverkehr. Foto: Ralf Julke

Gerade die vielen Konfliktstellen mit Fußgängern machen diese direkte Verbindung von Kleinzschocher zur Südvorstadt zu einem Hindernisparcours, weit entfernt von einer Rad(haupt)route, die ihren Namen verdient und wenigstens einigermaßen stringente Fahrverhältnisse vom Adler bis zur Kurz-Eisner-Straße aufweist, obwohl genau die hier angeraten wären. Wieder ein Abschnitt im HauptnetzRad, dessen Zustand diese Zuordnung schlicht nicht bestätigt.

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Es gibt 7 Kommentare

Kann man irgendwas gegen diese dämliche Werbetafel kurz nach der Dammstraße machen? Irgendwo eine Beschwerde einreichen ( wo man weiß das es auch gelesen wird ).
Gerade im Berufsverkehr, in dem ich mit ca 35-40kmh mitschwimme, ist die Tafel eine Art “und hier ist ihr Herzblatt” Spiel. Hinzukommt das die Radfahrer die sicherheitshalber auf dem Gehweg fahren, nicht damit rechnen das wirklich jemand so lebensmüde ist von der Fahrbahn zu kommen…

Naja, wenn die Stadtbahn dort lang fährt (ich hoffe, es wird eine, und keine straßenmitbenutzende Straßenbahn), dann wird es sowieso pro Richtung eine Spur weniger für die Autos dort geben. Wobei die Fußwege für diese eigentlich eher Jogging- als Fußwegstrecke auch recht breit sind.

Eine Sanierung des Belags wäre übrigens nicht nur für Radfahrer schön, sondern vor allem auch für Fußgänger. Auch Rollstuhlfahrer profitieren von ebenen Gehwegplatten…

Und mal wieder muss ich meine falsche Lebenswahrnehmung justieren:
> “[…]eher verstörender Zustand ist, dass Radfahrende, die von der Schleuse Connewitz kommen, zwar an einer Ampel direkt den Schleußiger Weg überqueren können, dann aber – wenn sie zur Rennbahn wollen – entgegen der Fahrtrichtung fahren müssen, was schon aufgrund des beengten Platzes für mehr als Verwirrung sorgt.”
Ein kompletter Absatz mit Dingen, die mal wieder komplett an mir vorbeigegangen sind. Wie es André schon sagt, einfach angepasste Fahrweise, Fußgänger nicht stressen, und man kommt als Radler die 50 (?) m zwischen Ampel und Zuweg zur Rennbahn prima voran. Das dauert circa 10 Sekunden, in denen ich nie “verstört” oder “mehr als verwirrt”. Findet sich jemand, der so fühlte, im innern seines Radlerherzens?

Gut gemacht, André! Tatsächlich grenzt der Ortsteil 41 an den Schleußiger Weg an.

Guck dir die Karte bei Google Maps nochmal genau an @Stefan. Mindestens der Teil südliche Teil des Schleußiger Wegs in Höhe Wundtstrasse (also auch der Radweg) gehört zu Connewitz. Man muss also streng genommen durch Connewitz fahren, um in die Südvorstadt zu gelangen.

Die Anarchie auf den Geh-Rad-Wegen ist offensichtlich, und für Fußgänger nicht ungefährlich – wenn man zB aus der Rochlitzstrasse auf den Schleußiger Weg kommt, kann man leicht von beiden Seiten über den Haufen gefahren werden.

Im Zweifel ist dies aber weniger schlimm, als von den Autos angefahren zu werden, wenn man nicht den Umweg über die drei Ampeln an der Dammstrasse/Schnorrstrasse nehmen will…

Ja, ein für alle unsäglicher Zustand, seit Jahrzehnten. Der Blitzer an der Bushaltestelle und der Ampelblitzer an der Schnorrstraße haben geringfügig Erleichterung gebracht, da die Autos nun nicht mehr extra Gas geben.

Wenn es eine einfache praktische Lösung gäbe, ohne zehntausende Autofahrer täglich in den Dauerstau zu schicken, hätte man sicher längst die Rödelstraße hier auf 2-spurig reduziert und den Schleußiger Weg ebenfalls rückgebaut; das ist die einzige verkehrssichere Lösung.
Aber so? Das wird sich keiner trauen, und es wird weiter viele Jahrzehnte in den Gremien hängen.

Bis auf den Streckenabschnitt in der Rödelstraße beidseits, sehe ich den Abschnitt aus meiner persönlichen Sicht vergleichsweise weniger kritisch.
Wobei der Abschnitt Rödelstraße echt negativ herausragt. Richtung Connewitz das abrupte Ende, die Ampelschaltung führt dann dazu, dass man sich in den schon fließenden Verkehr von hinten irgendwie reinmogeln muss, wenn man regelgerecht fahren will. Hier würde eine deutlich frühere Grünphase für Fußgänger/Radfahrer an der Ampel in meinen Augen schon Abhilfe leisten.
Richtung Adler ist es noch abenteuerlicher. Wenn dort ein paar Räder an der Ampel warten, kommen die nicht mehr vorbei, welche nur nach rechts Richtung Schleußig wollen. Und wenn man dann über die Ampel fährt kommt diese unsägliche “Verkehrsführung”. Hier sollte man die Busspur gleich im ersten Abschnitt auch für Radfahrer freigeben, statt dieses angedachte Kreuz-und-Quer-Gefahre.

Ja, die Wege sind, nett ausgedrückt, huckelig, entsprechen damit aber faktisch lediglich dem Zustand aller anderen Verkehrswege abseits der Innenstadt und Bundesstraßen.
Angepasste Fahrweise ist hier, ebenso wie an der beschriebenen Haltestelle, das Stichwort. Im Zweifelsfall hat der Fußgänger dort Vorrang.
Was mich in dem Bereich eher stört, sind die vergleichsweise vielen Falschradler, die auf kompletter Strecke (und nicht nur zur Rennbahn) entgegen der Fahrtrichtung unterwegs sind. Bei den beengten Verhältnissen sehr unpassend.

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