Sie kennen wohl alle den Satz: „Homöopathie hat keine Wirkung über den Placeboeffekt hinaus.“ Getreu diesem Motto blockiert Deutschland, in Person des Bundesverkehrsministers Volker Wissing, das sogenannte Verbrennerverbot ab 2035. Warum kann man die eFuels als quasi Homöopathie bezeichnen?

Hier gehen wir in den Text der Pressemitteilung des EU-Parlaments vom 14. Februar 2023 unter der Überschrift: „Fit für 55: neue Pkw und leichte Nutzfahrzeuge ab 2035 emissionsfrei“.

Dort lesen wir viele Sätze. Diese beinhalten den Begriff „emissionsfrei“, also z. B. „Demnach sollen neue Pkw und leichte Nutzfahrzeuge bis 2035 emissionsfrei werden, das heißt, man will die CO₂-Emissionen im Vergleich zu 2021 um 100 % reduzieren.“

Der von Wissing verwendete Begriff für eFuels, dieses „klimaneutral“, taucht nicht auf. Das hat seinen Grund.

Klimaneutral, was ist das?

Banal gesagt bedeutet klimaneutral bei eFuels: Diese werden mit Strom aus erneuerbaren Energien, Wasser und der Luft entnommenem CO₂ (z. B. CDR-Prozess) erzeugt und bei ihrer Verbrennung, im optimalen Falle, genau so viel CO₂ an die Umwelt abgeben, wie für ihre Produktion entnommen wurde. Quasi ein Nullsummenspiel; es ist dem Klima einfach egal. Selbstverständlich nur das CO₂ betreffend. Es gibt noch andere Schadstoffemissionen.

Das stimmt natürlich nur unter einigen Voraussetzungen. Der Prozess muss optimal ablaufen und die eFuels dürfen nicht transportiert werden. Wenn nämlich, wie teilweise angenommen, eFuels in Afrika oder Südamerika produziert und mit ebenfalls eFuel-betriebenen Tankern nach Europa transportiert werden, dann ist die Bilanz des einzelnen Autos auf jeden Fall negativ für das Klima.

Ein anderes, gleichfalls wichtiges Thema ist der Wasserverbrauch. Für die Produktion von einem Liter eFuel sind zwei Liter Wasser erforderlich. Daraus schließen Protagonisten, dass die Anlagen in Küstennähe gekoppelt mit großen Meerwasser-Entsalzungsanlagen entstehen müssen. Wahrscheinlich in sonnigen Gebieten, was zu Transporten und somit negativer Bilanz führt. Für die Meerwasser-Entsalzungsanlagen wird natürlich, zusätzlich zum Produktionsprozess, so viel Solarstrom benötigt, dass die Energiebilanz der eFuels weiter ins Negative abrutscht.

Kommen wir zur Homöopathie

Die Lösung, dass Pkw und Kleintransporter mit Verbrennermotoren nach 2035 weiter produziert und verkauft werden dürfen, wenn sie nur mit eFuels betrieben werden können, ist für das Klima genau das, was Homöopathie für die Gesundheit ist.

Im besten Falle ist es beiden egal, im schlechtesten Falle ist es schädlich.

Das Wissingsche „klimaneutral“ ist eben kein „emissionsfrei“. Letzteres brauchen wir.

Der Beitrag entstand im Rahmen der Workshopreihe „Bürgerjournalismus als Sächsische Beteiligungsoption“ – gefördert durch die FRL Bürgerbeteiligung des Freistaates Sachsen.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Es gibt 9 Kommentare

Es ist einfach, sich über Homöopathie lustig zu machen. Nein, ich wende derlei nicht an, und ich erinnere mich noch gut an eine gewisse Unruhe an der Universität Leipzig, als dort mal vor ca. 20 Jahren ein Manuskript zirkulierte, in dem vermeintliche Wirksamkeitsbeweise dargelegt worden waren, was dann aber doch nicht zu halten gewesen war. Das bedeutet aber eben nicht, daß man Homöopathie ablehnen, verdammen, oder gar bekämpfen müßte.

Ihfjuhls als solche sind vermutlich nicht einfach so des Teufels, mir scheint, daß es einige Anwendungs-Nischen geben wird. Kompromißlose Verbote für den Einsatz im Kfz-Bereich wären unvernünftig, genauso wie die Vorstellung, daß Ihfjuhls nun Benzin gesamthaft ersetzen könnten.

Ich möchte noch einen Essay des international bekannten Ökonomen Heiner Flassbeck empfehlen: https://www.relevante-oekonomik.com/2023/03/17/wurstelei-ist-keine-klimapolitik – darin geht es zwar nicht direkt um Ihfjuhls, aber dafür um eine globale Perspektive auf Energie, Preise, Emissionen, Klima. Ich nehme an, daß Sie der Text interessieren wird.

@Sebastian
Die Effizienz der Herstellung / Bereitstellung von EFuels spielt schon eine Rolle.
Denn wie sie schon feststellten: Es herrscht eine akute Mangellage an erneuerbarer Energie.
Dieses Argument wird ja gern bemüht, wenn es um die aktuelle Energieerzeugung mittels Kohle, Gas oder Atom geht. Das wird bis 2030 / 2038 sicher nicht entspannter.

Im Vergleich zu einem E-Auto ist die Erzeugung von EFuels 7mal schlechter!
Wenn wir einmal zu viel an grünem oder Sonnenstrom haben, kann man gern über die flächendeckende Verwendung solcher Alternativen nachdenken. Aber wann soll das sein?

Man wird sicher nicht alle bisherigen Verbrenner-Einsatzzwecke (Baufahrzeuge, Kräne, Schiffe etc.) “elektrisieren” können, und da sind Alternativen bestimmt ratsam. Aber der Hintergrund des Verhinderungsministers zielt vor allem auf PKW-Betrieb ab.
Dieser Mann ist mit seiner Verkehrspolitik oberpeinlich für Deutschlands Politik und setzt die Totalausfälle der CSU-Minister fort.

Geradezu kabarettreif ist die Idee, das Funktionieren von Motoren mit Benzin und Diesel elektronisch verhindern zu wollen. Wie Auto-Elektronik vorsätzlich funktioniert und umgangen werden kann, haben wir beim Dieselskandal gesehen.
Die PKW-Industrie ist diesbezüglich nicht mehr glaubwürdig.

Hallo Herr Köhler,
Wenn etwas regenerativ erzeugt wird, spielt die Effizienz keine große Rolle. Vorausgesetzt natürlich, dass es keinen grundsätzlichen Mangel gibt.
Welches “wieder” meinen Sie denn? Ich meinte mit dem Rohstoffargument der Infrastruktur nicht das der Akkus in den Autos, die diese schwerer machen als Verbrenner. Mit “Infrastruktur” meinte ich das Kupfer und Kunststoff der Leitungen zu den kleinen Ladestationen, den Stahl und das Kupfer der Trafos in den Ortsnetzstationen, die Elektronik mit den seltenen Erden in den Ladestationen selbst (außer es sind langsame Geräte für Übernachtladung) und auch die Pufferspeichertechnik, die man dann Nachts oder bei generellen Mangellagen braucht. Kann man alles machen, muss aber mit berücksichtigt werden bei dem Argument “umweltfreundlich(er)”.

Die unterschwellige Kritik am “grünen” Wasserstoff war nicht auf den Einsatz in Autos gezielt, sondern auf die Intensität des Widerstandes in der Diskussion bei dem Thema.

@Sebastian, klar kann man die eFuels irgendwo herstellen – steht auch im Artikel. Die Effizienz der eFuels steigert das aber nicht. Die erzielte Einigung mit der EU beinhaltet ja auch nur Fahrzeuge, die ausschließlich Mit eFuels betrieben werden können. Die gibt es nicht und ob sie gebaut werden steht in den Sternen, allerdings unter keinem guten Stern für Herrn Wissing.
Die Infrastruktur für E-Mobilität muss ausgebaut werden, das stimmt. Mit den Rohstoffen ist wahrscheinlich wieder Lithium für die Batterien gemeint, auf dem Batteriesektor gibt es aber Entwicklungen die ohne dieses auskommen.
Den “grünen Wasserstoff” habe ich hier nicht thematisiert, ehrlich gesagt ist das Thema für den Straßenverkehr weitgehend vom Tisch.

Rein interessehalber: welche Äußerungen von mir sehen Sie als rechts, braun oder faschistisch?
Und ja, natürlich wird Reduktion früher oder später kommen. Geht kein Weg dran vorbei.

P.S.: Und eigentlich interessant, daß der Namensvetter das Unterstellen und Lügen einfach nicht sein lassen kann. Wie war das noch einmal mit Faschismus und Lüge?

Und mein Namensvetter macht weiterhin das, was rechtskonservative Geschichtenerzähler gerne machen: Verwässern und Märchen erzählen, alles nur, um Ausreden zu haben, daß man nichts tut und weiterhin nichts tun möchte. Wenn Bequemlichkeit auf Menschenfeindlichkeit und Faschismus trifft, naja…
Zum Glück muß gegen “eFuels” keine Stimmung gemacht werden, diese sind von vornherein einfach ineffizient und schlecht.
Es bleibt ergo bei dem Grundsatz: Elektrifizierung und Reduktion werden kommen, ist schlichtweg effizienter mit 25% der aktuellen PKW-Anzahl, ob die armseligen Verbrennerfetischisten nun wollen oder nicht.

Naja, diese Kraftstoffe kann man mit vorhandener Infrastruktur von irgendwo her, wo sie sich günstig herstellen lassen, zu uns bringen und hier in vorhandene Infrastruktur verteilen und benutzen.
Für die breite Verwendung der Elektroautos müsste man weiter sehr viel Infrastruktur aufbauen und die dafür nötigen Rohstoffe schürfen und verarbeiten.

Eigentlich interessant, wie gegen eFuels von engagierter Seite her von vornherein Stimmung gemacht wird, wohingegen das Schlagwort “grüner Wasserstoff” in diesen kreisen anscheinend nicht hinterfragt wird. Weder in Sinn noch von den erwartbaren Dimensionen her.

Genau so habe ich gegenüber meiner Schwester argumentiert (eFuels völlig ineffizient).
Sie sagte dazu: Wenn alle Elektroautos fahren müssen, ist das das Ende der individuellen Freheit.
Das lasse ich jetzt mal hier so stehen.

Schreiben Sie einen Kommentar