In der Leipziger Südvorstadt führte ein Abschiebeversuch durch die Polizei seit dem Mittag spontan zu heftigem Gegenprotest. Der Deutsche Städtetag befürchtet in der kommenden Wintersaison einen Engpass bei der Unterbringung Geflohener und fordert vom Bund einen „Flüchtlingsgipfel.“ Und: Rund ein Jahr nach der kaltblütigen Erschießung eines jungen Tankstellen-Kassierers wegen eines Streits um die Maske wurde der Täter wegen Mordes verurteilt. Die LZ fasst zusammen, was am Dienstag, dem 13. September 2022, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Südvorstadt: Abschiebung wird zum Großeinsatz

Ein Abschiebeversuch in der Leipziger Südvorstadt entwickelte sich seit dem Mittag zu einem Großeinsatz. Ausgangspunkt war nach gegenwärtiger Informationslage offenbar eine Verfügung der Landesdirektion Sachsen, einen Mann aus der Alfred-Kästner-Straße zur Abschiebung mitzunehmen. Entgegen erster Annahmen handelt es sich um keinen Palästinenser, sondern einen Jordanier, so Polizeisprecher Chris Graupner.

Schnell kam es jedoch an beiden Seiten der Alfred-Kästner-Straße zu Gegenprotest, lautstarken Sprechchören und einer Sitzblockade. Unterdessen verschanzte sich der betroffene Mann in einer Wohnung und brachte sich Verletzungen bei. Rettungskräfte und auch das SEK wurden zwischenzeitlich hinzugezogen – allerdings soll auf eine friedliche Lösung hingearbeitet werden.

Der für die Abschiebung vorgesehene Mann wurde dann gegen 17 Uhr zunächst in ein Krankenhaus gebracht und nicht in den Abschiebeflieger. Zumindest nicht am heutigen Tage. Der sächsische Flüchtlingsrat sucht nun eine/n Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt, welche/r den sicher nicht ganz einfachen Fall übernimmt.

Für heute Abend, 20 Uhr, ist eine Demonstration auf dem Kleinen Willy-Brandt-Platz gegenüber dem Hauptbahnhof Leipzig angekündigt.

Weitere Information im ganzen Bericht vor Ort.

Zu wenig Plätze: Städtetag schlägt Alarm bei Flüchtlings-Unterbringung

Alarmruf des Deutschen Städtetags: Die „Stimme der Städte“, wie sich sich selbst nennt, fordert die Bundesregierung zeitnah zu einem neuen „Flüchtlingsgipfel“ gemeinsam mit den Ländern und Kommunen auf.

Hintergrund des Appells ist neben den vor dem Ukraine-Krieg Geflüchteten auch die steigende Zahl von Zuflucht suchenden Menschen aus weiteren Staaten, die in der Bundesrepublik ankommen. Prognostiziert wird, dass mit Beginn des kommenden Winters noch mehr Menschen nach Deutschland einreisen könnten, auch bei den bislang oft privat einquartierten Flüchtlingen aus der Ukraine könnte in absehbarer Zeit der Staat mit Unterkünften einspringen müssen.

Aus Sicht des Städtetags ist es besorgniserregend, dass sich aber derzeit mehr und mehr Bundesländer wegen knapper Kapazitäten einer weiteren Aufnahme verweigern. Dadurch wiederum gerät die Verteilung der Ankömmlinge auf Bundesgebiet ins Wanken. Städtetags-Präsident Markus Lewe (57, CDU) ruft den Bund daher zur Erhöhung der Aufnahmeplätze, einer fairen Verteilung und Kostenerstattung auf.

Im Fall steigender Ankunftszahlen reichten Schulen und Kitas in deutschen Städten nicht mehr für eine Unterbringung aus, im Winter müssten daher auch Sporthallen, Hotels und weitere Einrichtungen genutzt werden, so der Oberbürgermeister von Münster. Daher wolle er Bund und Länder daran erinnern, dass sie im April eine Anpassung von Kostenerstattungen bei steigendem Bedarf zugesichert hatten.

System-Hass als Nährboden: Todesschütze von Idar-Oberstein soll lebenslang in Haft

Es war ein kaltblütiges Verbrechen, das die ganze Republik schockierte: Ein junger Mann von gerade einmal 20 Jahren, der als Tankstellen-Mitarbeiter jobbte, musste sterben, weil er einen Kunden auf die geltende Maskenpflicht hingewiesen hatte. So geschehen am Abend des 18. September 2021 im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein.

Fast genau ein Jahr danach hat das Landgericht Bad Kreuznach den geständigen Täter nun wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt, allerdings ohne besondere Schwere der Schuld. Somit bekommt Mario N. die Chance auf ein neues Leben in Freiheit nach 15 Jahren. Auch wenn das nicht zwingend der Fall sein muss.

Der 50-Jährige hatte eingeräumt, den 20 Jahre jungen Kassierer Alex W. am Tatabend in der Tankstelle mit einem Pistolenschuss ins Gesicht ermordet zu haben. Knapp anderthalb Stunden vorher waren beide aneinandergeraten, weil der Angestellte den späteren Täter beim Bierkauf zu Recht an die Maskenpflicht im Verkaufsraum erinnert hatte.

Mario N., der sich nach Feststellung des Gerichts über die Jahre politisch massiv radikalisiert und einen Hass auf das System und den Staat entwickelt habe, verließ den Ort zunächst wutentbrannt – um kurz darauf mit einer Waffe zurückzukehren und abzudrücken. Das Opfer habe er laut Schwurgericht nur als Repräsentanten eines verhassten Systems gesehen: „Der Mensch Alexander W. zählte nicht.“

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Protest in der Südvorstadt, Theater-Spektakel und einiges mehr

Worüber die LZ heute berichtet hat: Neben der Live-Berichterstattung vom Abschiebeversuch in der Südvorstadt und den Protesten geht es um die ATV-Hockeyfrauen, ein baldiges Theater-Spektakel in Leipzig, umstrittene Baupläne am Störmthaler See, warum Leipzig trotz Friedlicher Revolution damit kaum eine Chance auf den Weltkulturerbe-Titel hat und die Zukunft der Leipziger Handschwengelpumpen.

100 Milliarden Sondervermögen für den Klimaschutz?

Was sonst noch wichtig war: Warum Milliarden in die Bundeswehr stecken, wenn der Klimaschutz auf der Strecke bleibt? Die Aktivisten und Aktivistinnen von Fridays for Future verlangen jedenfalls die Bereitstellung von 100 Milliarden Euro für den Klimaschutz durch die Bundesregierung. Inspiriert wurde die Forderung durch die Ankündigung von Bundeskanzler Olaf Scholz (64, SPD) nach der russischen Invasion in der Ukraine, die Bundeswehr mit 100 Milliarden Euro sogenanntem Sondervermögen aufzurüsten.

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