Hunderttausende Menschen gingen am Wochenende im ganzen Bundesgebiet auf die Straßen, am Sonntag setzte sich das Protestgeschehen gegen rechte und rechtsextreme Kräfte fort. So unter anderem auch in Leipzig, wo mehrere Zehntausend Menschen im Zentrum unterwegs waren. Die LZ fasst zusammen, was am Wochenende, dem 20./21. Januar 2024, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Demos reißen nicht ab

Die jüngst durch Correctiv-Recherchen enthüllten Pläne von Mitgliedern der rechten Szene, Millionen migrantischer bzw. als „abweichend“ gelesener Menschen aus Deutschland zu vertreiben, gelten als Anlass der aktuellen Protestwelle gegen Rechts in der Bundesrepublik.

So waren bereits am Freitag und Samstag in zahlreichen Großstädten des Landes Zehntausende Menschen unterwegs. Aber auch in kleineren Orten positionierten sich zahllose Demo-Teilnehmer gegen Rechtsextremismus und für die Werte der Demokratie, wie es SPIEGEL ONLINE hier in einem Liveblog zusammengestellt hat.

Bundesweite Versammlungen am Wochenende

Doch auch am Sonntag gingen die Aufzüge unvermindert weiter. Ein großer Aufzug in München wurde wegen massiver Überfüllung abgesagt, da die Polizei nach eigener Aussage die Sicherheit nicht mehr gewährleisten könne.

Die Ordnungskräfte sprachen von 100.000 Teilnehmern – allein das wären viermal so viele wie sie kalkuliert hatten – während die Veranstalter sogar von bis zu 250.000 Personen ausgingen. Die Münchner Veranstaltung wurde Sonntagnachmittag abgebrochen und der geplante Marsch fand somit nicht statt.

Unzählige Menschen kamen auch in Berlin, Köln, Bremen und Cottbus zusammen, in der Bundeshauptstadt sollen es etwa 100.000 gewesen sein. In Sachsen gingen Menschen unter anderem in Dresden, Chemnitz, Leipzig und Görlitz auf die Straße, an letzterem Ort hielt Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) eine Rede.

Protest auch in Leipzig

Auf dem Leipziger Markt versammelten sich ab dem Nachmittag Menschenmassen zentral auf dem Marktplatz zur Auftaktkundgebung. Es sprachen Akteure der Zivilgesellschaft ebenso wie OBM Burkhard Jung (SPD), der ehemalige Thomaskirchenpfarrer Christian Wolff und die Bürgerrechtlerin Gesine Oltmanns. Die Veranstaltung wurde durch das Netzwerk „Leipzig nimmt Platz“ organisiert, auch mehrere Parteien, Kirchen, Verbände und Gewerkschaften hatten zum Protest aufgerufen.

Der geplante Abschluss der Demo wurde wegen des massiven Andrangs – die Teilnehmerzahl wurde mehrfach auf zuletzt durch die Polizei geschätzte 60.000 bis 70.000 nach oben korrigiert – vom Augustusplatz zum nahen Johannisplatz am Grassi-Museum verlegt.

Nach jetzigem Kenntnisstand kam es punktuell zum Einsatz von Böllern, auch wurde eine mutmaßlich als antisemitisch gelesene Gruppierung offenbar gezielt mit Schneebällen beworfen. Nach 18 Uhr löste sich die Kundgebung allmählich auf.

Die Geschehnisse des Tages in unserem Liveticker.

Enthüllungen im Wahljahr 2024: Wie werden sie sich auswirken?

Die benannten Correctiv-Recherchen hatten offengelegt, dass sich Mitglieder des politisch rechtsstehenden Milieus im November 2023 in einem Hotel bei Potsdam getroffen hatten. Thema soll die „Remigration“ gewesen sein, womit im Szenejargon meist gemeint ist, dass eine große Zahl von Menschen auch gewaltsam des Landes verwiesen werden soll.

Zu den Teilnehmern des Treffens zählten Mitglieder der sogenannten Werteunion und der AfD ebenso wie Unternehmer und der rechtsradikale Aktivist und frühere Sprecher der Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner.

In Deutschland, so auch in Sachsen, kommt neben dem Entsetzen über derlei Gedankenspiele der Umstand hinzu, dass dieses Jahr mit den Kommunal- und Europawahlen (9. Juni) und Landtagswahlen (1. September in Sachsen und Thüringen, 22. September in Brandenburg) gleich mehrere Parlamente neu bestimmt werden. Hier wird ein starkes Abschneiden der AfD befürchtet.

Worüber die LZ am Wochenende berichtet hat:

Wie lange werden Geflüchtete in den Notunterkünften leben müssen? Leiterin des Sozialamts antwortet

Vorgeschmack auf 2026/2027: LVB bauen ab Montag in der Georg-Schumann-Straße

Moderne Medizin: Das 17. Leipzig Research Festival for Life Sciences + Video

Der Judenhass: Die 2.000 Jahre alte Geschichte eines mörderischen Vorurteils

„Der Nazi soll hier nicht rein“: Proteste gegen einen Schornsteinfeger

Nach sechs Jahren endlich spruchreif: Das Zweckentfremdungsverbot soll kommen

Ärger in Gohlis: Bürgerverein Gohlis wehrt sich gegen Umbenennungspläne für Gohliser Anger

SPD-Fraktion freut sich über umgesetzten Beschluss: Umweltdetektive erfolgreich im Einsatz

Was sonst noch wichtig war:

Ein seltenes Himmelsschauspiel gab es in der Nacht zum Sonntag, als nahe Berlin ein Meteorit verglühte.

In der Ampel-Koalition wird mal wieder gezofft. Diesmal geht es um Kindergeld und Freibetrag.

Mit Sahra Wagenknecht und Hans-Georg Maaßen schicken sich gleich zwei Akteure an, neue Parteien in Deutschland aufzubauen.

Die Kluft zwischen der Regierung Netanjahu und einem Teil der Bevölkerung in Israel wächst weiter.

Was morgen wichtig wird:

Der Deutsche Bundestag will einen Gedenkakt zur Erinnerung an Wolfgang Schäuble abhalten. Der CDU-Spitzenpolitiker, mehrfache Bundesminister und ehemalige Partei- sowie Fraktionschef war am zweiten Weihnachtstag mit 81 Jahren im Kreis seiner Familie verstorben, er war dienstältester Abgeordneter des Bundestags (seit 1972).

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Es gibt 4 Kommentare

@Hearst: Das Tolle ist doch, dass die Entscheidung allein bei Ihnen liegt, das ist Ihre Freiheit 😉 Haben Sie einen schönen Tag.

@Lucas Böhme: nicht ganz falsch ist noch lange nicht wichtig. Aber OK, dann heute den ganzen Tag Parlaments TV + Phoenix 😉

@Hearst: Weil es vielleicht nicht ganz falsch ist, mal auf das zu schauen, was (durch uns gewählte) Politiker so machen? Wie man inhaltlich dazu steht, ist eine andere Frage (die jeder für sich beantworten muss).

Warum sollte ein vom Bundestag abgehaltener Gedenkakt zur Erinnerung an Wolfgang Schäuble morgen wichtig werden? Da könnte man auch gleich Eulen nach Athen tragen…

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