Auch in diesem ausklingenden Jahr wurden Polizei, Staatsanwaltschaft und Justiz in Leipzig mit der Aufarbeitung zahlloser Straftaten beschäftigt. Vieles bleibt unter dem öffentlichen Radar, weil es in keiner Pressemitteilung landet, zu „unspektakulär“ erscheint und unterbesetzte Redaktionen nur einen Bruchteil von – meist öffentlichen – Gerichtsverhandlungen verfolgen können. Doch einige Kriminalfälle haben die Gemüter auch 2025 erhitzt. Hier eine Auswahl an Urteilen.
Sicherungsverwahrung für Mörder: Banalität kostete einen 43-Jährigen das Leben
Sein Opfer war übel zugerichtet und wehrlos, doch der Täter kannte null Erbarmen: Mit lebenslanger Haft unter anderem wegen Mordes endet im Januar der Prozess gegen einen 25 Jahre alten Mann am Landgericht. Für die Kammer bleibt kein Zweifel, dass der Ukrainer Oleksandre T. im April 2024 einen Mann schwer misshandelt und mit einem Kabel erdrosselt hatte. Tatort war ein ausrangierter Container am Hauptbahnhof, der von Obdachlosen zum Schlafen genutzt wurde.
Anlass des Verbrechens: Der ermordete Maxim S. (43) hatte einen anderen Mann Stunden zuvor gebeten, das provisorische Nachtlager wegen seiner Schnarcherei zu verlassen. Oleksandre T. habe sich abreagieren wollen, sein Opfer zum Objekt herabgewürdigt, so der Staatsanwalt. Das Gericht schließt sich dieser Wertung an: „Auch für mich ist es erschreckend, wie brutal und aus nichtigem Anlass Sie ein Menschenleben genommen haben“, zeigt sich der Vorsitzende Richter über die Tat des Angeklagten schockiert.
Der vorbestrafte und als gefährlich eingestufte Mann wird nach Absitzen der Haft in Sicherungsverwahrung bleiben. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig.
Messerbedrohung bringt Drogen, Waffen und Geld ans Licht
Ein Mann bedroht seinen Kontrahenten wegen angeblicher Drogenschulden mit einem Messer, er sucht die Hilfe der Polizei und bringt damit einen Stein ins Rollen: So geschehen im Februar 2024 im Osten Leipzigs. Nach einem Hinweis des Bedrohten stoßen Einsatzkräfte in einem Apartment auf Cannabis, Heroin, Kokain, Crystal und Amphetamine. Dazu kommen diverse Waffen und mehr als 200.000 Euro Bargeld.

Fast ein Jahr später werden zwei Männer am Landgericht zu Bewährungsstrafen verurteilt, ebenso eine 20-Jährige, bei der wegen mangelnder Reife das mildere Jugendstrafrecht angewandt wird. Sie war mit dem mutmaßlichen Drahtzieher des Drogenhandels liiert, dessen Messerdrohung ungewollt zum Auslöser der Razzia wurde.
Der Mann gilt als untergetaucht und wird gesucht. Nur einer der insgesamt vier Angeklagten in diesem Prozess muss tatsächlich ins Gefängnis.
Vater missbraucht Tochter und fliegt nach Tipp aus den USA auf
Selbst hartgesottene Ermittler müssen bei Fällen wie diesem schlucken: Das Landgericht schickt einen 39 Jahre alten Mann im Februar für fünf Jahre in den Strafvollzug. Die Kammer sieht es neben weiteren Vorwürfen als nachgewiesen, dass Mark B. sich wiederholt an seiner drei Jahre alten Tochter vergangen, sie sexuell missbraucht hat. Die Taten filmte der Mann und stellte sie ins Netz.

Hinweise aus den USA auf Mark B.s Internet-Aktivität hatten letztlich das LKA Sachsen auf den Plan gerufen und die Handschellen klicken lassen. Die Verurteilung des Mannes ist rechtskräftig.
Betrüger auf der Anklagebank: „Mama, Papa, ich brauche Geld“
Es war ein Erfolg für die Ermittlungsgruppe „Schock“ der Kripo Leipzig, spezialisiert auf Maschen wie Messenger-Betrug, Schockanrufe oder falsche Polizisten: Eine Bande mutmaßlicher Telefon- und SMS-Betrüger konnte Anfang 2024 in Bremen gefasst werden. Ein Jahr später verhängt das Leipziger Landgericht gegen eine Deutsche sowie drei Niederländer Haft- und Bewährungsstrafen.

Das Quartett hatte unzählige SMS an Bankkunden versandt, um sie zur Eingabe persönlicher Daten zu animieren, sie dann anzurufen und ihnen scheinbar bei der Erneuerung der App zu helfen. Die freundliche Unterstützung war freilich eine Falle, die eine Überweisung auf Fremdkonten auslösen sollte, zum Teil erfolgreich.
Außerdem hatte einer der Angeklagten Nachrichten verschickt, wo er sich als Kind der Adressaten in einer Notlage ausgab und Geld erbat. Zu den vielen Opfern zählte auch ein Rentner aus Leipzig, der so 1.935 Euro verlor.
Gewaltexzess neu verhandelt: 32-Jähriger muss lange in Haft
Er hätte mit einer Gewaltorgie fast ein Menschenleben ausgelöscht: Im März muss sich ein Tätowierer und Pornodarsteller am Landgericht verantworten, der unter anderem wegen versuchten Mordes bereits 13 Jahre Haft plus Sicherungsverwahrung erhalten hatte.

Christian F. hatte 2022 einen Bekannten in dessen Leutzscher Wohnung mit einem Exzess an Schlägen und Messerstichen beinahe getötet, weil der keine Zigaretten herausgab. Auch versuchte der Angeklagte neben weiteren Delikten, seine damalige Freundin zu vergewaltigen. Der 32-Jährige, dessen Vita seit seiner Jugend von Gewalt, Alkohol und Rauschmitteln durchzogen wird, weist eine dissoziale Persönlichkeitsstörung auf, gilt aber als voll schuldfähig.
Bereits 2023 war er verurteilt worden, hatte damals sogar die Richter physisch angegriffen und den Staatsanwalt bedroht. Neu verhandelt wurde der Fall wegen gesetzlich geänderter Voraussetzungen zum Alkoholentzug.
Erben kräftig abgezockt: Haftstrafe für 66-Jährigen
Laut Anklage nutzte er seine Position und das Vertrauen aus, um rechtmäßige Erben um mehr als eine Million Euro zu prellen: Im Frühjahr erhält der 66 Jahre alte Ralf H. vom Landgericht wegen mehrfacher Untreue rechtskräftig drei Jahre und neun Monate Haft.

Der Erbenermittler, eigentlich dafür zuständig, legitimen Erben Verstorbener zu ihrem Geld zu verhelfen, soll über mehrere Jahre kräftig abkassiert haben, indem er mit entsprechender Vollmacht Bargeldbeträge annahm und einfach einbehielt. Zwei Betroffene schildern im Gericht, wie sie sich erfolgreich wehrten und neben einer Strafanzeige auch das Fernsehen einschalteten.
Ralf H., der teils von Leipzig aus agiert hatte, gesteht die Vorwürfe auf der Anklagebank sofort und bittet um Entschuldigung. Eine persönliche Bereicherung bestreitet er.
Zweifache Mutter in Paunsdorf grausam getötet: Ex-Partner soll lebenslang hinter Gitter
Der gewaltsame Tod der 30 Jahre alten Verkäuferin Jessica S. aus Paunsdorf erschütterte weit über die Stadtgrenzen hinaus – auch eine ZDF-Doku zum Thema „Wenn Männer ihre Frauen töten“ greift den Leipziger Fall auf: Im Mai 2024 hatte Handwerker Marcus K. die lebenslustige Mutter laut Anklage während ihres Schlafs auf dem Sofa der gemeinsamen Wohnung erstochen, das Opfer verblutete.
Motiv sollen Wut und Nicht-Akzeptanz gewesen sein, dass die zuletzt frisch verliebte Jessica S. die dauerkriselnde Beziehung zu Marcus K. für beendet erklärt und ihren Auszug angekündigt hatte. Die Kammer am Landgericht sieht es am Ende genauso: Der Angeklagte habe heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen getötet.

Marcus K.s Erklärung, dass Jessica ihn mit einem Messer bedroht habe und der tödliche Stich in den Hals versehentlich beim Gerangel entstand, gilt als erfunden: Weder die Spurenlage am Tatort noch die Zeugenaussagen gäben einen solchen Ablauf her. Im Juni kassiert der Angeklagte lebenslangen Freiheitsentzug wegen Mordes, seine Verteidigung legt Revision ein.
„Sie haben ein Leben ausgelöscht und einer Familie unfassbares Leid zugefügt“, sagt die Vorsitzende Richterin. Auch für die zwei kleinen Kinder des Opfers sei der Verlust ihrer geliebten Mutter kaum zu ermessen.
Teil 2 des Gerichts-Rückblicks 2025 folgt.
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