Ein U-Häftling setzte seine Partnerin unter Druck, Drogen zu ihm ins Gefängnis zu schmuggeln, sie übergab daraufhin bei einem vermeintlichen Begrüßungskuss im Besucherraum Methamphetamin. Mohamed R. schluckte die brisante Fracht, die sich in seinem Magen auflöste, der 23-Jährige verstarb. Die geständige Schmugglerin musste sich am Donnerstag vor dem Landgericht verantworten.
Immer wieder spielte sie nervös mit den Fingern, schien bewegt, zeitweise kurz vor einem Tränenausbruch: Der Vorwurf des leichtfertigen Verursachens des Todes eines anderen durch die Abgabe von Betäubungsmitteln hatte Laura R. (24) auf die Anklagebank des Landgerichts gebracht.
Drogen geschluckt: U-Häftling stirbt am Folgetag
Es war am 2. Januar 2025, als die aus einer kinderreichen Leipziger Großfamilie stammende Frau ihren in U-Haft sitzenden Partner Mohamed R. in der JVA Leinestraße besuchte. Dem Vater ihrer drei kleinen Kinder übergab sie bei dem Treffen mit einem innigen Kuss drei Kugeln Methamphetamin, die sie in ihrem Mund versteckt hatte.

Der wegen Verdachts des Drogenhandels inhaftierte Tunesier schluckte das Rauschmittel, das sich im Magen auflöste und zu seinem Tod führte: Nachdem er über massives Unwohlsein geklagt hatte und sein Kreislauf kollabiert war, verstarb der 23-Jährige am Nachmittag des 3. Januar 2025 gegen 14:55 Uhr im Leipziger Herzzentrum. Ärztliche Reanimationsversuche zuvor hatten keinen anhaltenden Erfolg mehr.
Angeklagte spricht von Angst
Es ist ein Fall von unfassbarer Tragik, der selbst für routinierte Ermittler und Juristen nicht alltäglich ist. Der Prozess gegen Laura R. am Landgericht ging am Donnerstag innerhalb weniger Stunden über die Bühne – auch deshalb, weil die Angeklagte bereits bei der Polizei ein umfassendes Geständnis abgelegt hatte, das sie auf der Anklagebank im Wesentlichen wiederholte.
Der Verstorbene habe sie unter Druck gesetzt, ihm das Rauschmittel hinter Gittern zu übergeben, gegen ihren Willen: „Ich habe versucht, ihn davon abzuhalten, habe ihm mehrfach gesagt, dass ich das nicht mache“, beteuerte Laura R. mit tränenerstickter Stimme. Aus Angst vor ihm habe sie aber nachgegeben.
Gab es ein Mitverschulden der JVA?
Ob der junge Mann den „Stoff“ für den Eigengebrauch oder zum knastinternen Handel vorgesehen hatte, bleibt wohl für immer ungeklärt. Sicher allerdings ist generell, dass Drogen hinter Gittern trotz aller Eindämmungsversuche eine Rolle spielen: „Wenn man im Gefängnis ist, nimmt man Drogen, um die Zeit zu vergessen“, sagte ein 23 Jahre alter Ex-Häftling der JVA Leipzig am Donnerstag im Zeugenstand.
Er hatte sich zum Zeitpunkt des Geschehens mit Mohamed R. eine Zelle geteilt, erlebte, wie es dem Mitgefangenen durch Magenschmerzen, Zittern und Schweißausbrüche immer schlechter ging. Rückblickend habe er ein schlechtes Gewissen, doch Mohamed R. habe ihm verboten, dem JVA-Personal die Wahrheit zu sagen.
Zwar wurde der Insasse in der Nacht ärztlich untersucht und bekam ein Medikament. Er verschwieg jedoch zunächst die Ursache seiner Symptomatik, die erst einmal nicht an das Schlucken einer großen Drogenmenge denken ließ. Laut Mediziner wurden später 3.933 Nanogramm Methamphetamin pro Milliliter im Blut des Mannes gemessen. Weitaus mehr als bei einem Durchschnittskonsumenten.
Der Gutachter ließ die Frage offen, ob das junge Leben von Mohamed R. bei der Dosis hätte gerettet werden können – zumal es ein Gegengift zu Methamphetamin nicht gäbe. Für Irritation sorgte allerdings, dass der Arzt den Insassen nicht erneut begutachtete, obwohl dieser schließlich angab, eine Tablette Crystal geschluckt zu haben. In der Urteilsbegründung hieß es später vorsichtig, dass seitens der JVA nicht alles optimal gelaufen sei.
„Sie werden den Kindern erklären müssen, warum Papa nicht mehr da ist“
Die Strafkammer verurteilte die wegen Betrugsdelikten vorbestrafte Laura R. am Ende des Prozesstages zu einem Jahr Haft auf Bewährung. Dies entsprach dem Antrag von Staatsanwalt Ralph Hornig, dem sich in seltener Eintracht auch Verteidigerin Vanina Seidel anschloss.
Aus Sicht der Kammer sprachen etliche Umstände für die Angeklagte und ein mildes Strafmaß: Es gab ein früheres Geständnis, Laura R. zeigte Reue und Schuldeinsicht, stand unter erheblichem Druck und wird ein Leben lang mit den Folgen ihres Handelns hadern. „Sie werden den Kindern irgendwann erklären müssen, warum Papa nicht mehr da ist“, sagte der Vorsitzende Richter Johann Jagenlauf. Die 24-Jährige, die der Aufsicht eines Bewährungshelfers unterstellt wird, brauche für ihre Zukunft vor allem Halt und Struktur.
Das Urteil ist rechtskräftig.
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